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Bekehrung: Ein Eifel-Krimi (Eifelkrimis) (German Edition)

Bekehrung: Ein Eifel-Krimi (Eifelkrimis) (German Edition)

Titel: Bekehrung: Ein Eifel-Krimi (Eifelkrimis) (German Edition)
Autoren: Martina Kempff
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ganz milde Schärfe diesmal Marcel Tränen in die Augen treibt.
    Mir graut vor dem Einzug der staatlichen Allmacht, so wie wir sie auf der Kehr leider nur allzu oft erlebt haben; Polizei, Staatsanwaltschaft, Spurensicherung, Gerichtsmedizin, manchmal auch Untersuchungsrichter, Wichtigtuer und hinter dem Absperrband eine Horde von Journalisten. Eine Werbeveranstaltung ist das nicht. Die Leute fallen bei uns ein und hinterlassen ein großes Durcheinander, kämen aber in friedlichen Zeiten nie auf die Idee, bei uns Möhrensuppe zu verspeisen. Der Marcel jetzt ein großes Glas Wasser hinterherschickt.
    »Ich bleibe hier am Tatort, bis mich die zuständigen Kollegen ablösen«, erklärt er und schlägt Gudrun vor, in meinem Bruchsteinhaus zu übernachten.
    Sie schüttelt vehement den Kopf und besteht darauf, in der Einkehr zu verharren, bis der Trupp anrauscht. Ich verschlucke mich fast an meinem Brownie, hätte mein Restaurant darauf verwettet, dass sie keine Nacht mit der Leiche unter einem Dach verbringen würde. Bei ihrem nächsten Satz bleibt mir die Schokolade wirklich im Hals stecken:
    »Geh du rüber zu Katja, Marcel. Ist viel besser. Für gründlich ausgeschlafen zu sein, morgen, wenn du wieder richtig arbeiten musst.«
    Ausgeschlossen , will ich sagen, doch das Wort geht in meinem Hustenanfall unter.
    Ich kann Gudruns Gedanken lesen. Marcel soll die Nacht bei mir verbringen, damit wir übereinander herfallen und endlich wieder ein Paar werden. Wenn dieses Wunder geschieht, wäre das nächste auch nicht fern. Dann könnte David in ihre Arme zurückkehren und alles wieder so werden wie früher. Um die Rückkehr eines lebenden Mannes zu evozieren, nimmt Gudrun das Opfer auf sich, in unmittelbarer Nähe eines Toten zu nächtigen.
    Immer noch keuchend, warne ich sie: »Du wirst kein Auge zukriegen.«
    »Natürlich nicht«, erwidert sie gelassen. »Ich werde Totenwache halten. So wie wir das früher immer gemacht haben. Wir können den Priester doch nicht alleinlassen. Schlimm genug, dass er so würdelos auf dem kalten Holzboden liegen muss, eine Schande ist das!«
    »Gudrun«, mahnt Marcel mit ungewohnter Schärfe in der Stimme. »Du lässt ihn da liegen, ja? Du rührst ihn nicht an, verstanden? Legst auch keine Blumen auf die Tischdecke oder so was!«
    »Aber eine Kerze darf ich doch anzünden?«
    »Ja, aber nicht in der Nähe der Tischdecke.«
    »Vielleicht solltest du den Tatort ordnungsgemäß sichern?«, schlage ich vor. »Macht auch einen besseren Eindruck vor deinen Kollegen morgen. Du willst dir doch keine belgische Schlamperei nachsagen lassen.«
    Er geht tatsächlich zum Wagen und holt das blauweiße Absperrband. Als er zurückkehrt, sieht er sehr entschlossen aus.
    »Ich bleibe auch hier, Gudrun«, sagt er. »Wir können uns bei der Totenwache abwechseln.«
    Alles, nur um nicht mit mir allein zu sein. Ist mir durchaus recht; eine Nacht zu zweit könnte ziemlich unbehaglich werden. Seit meiner Rückkehr vor einem halben Jahr ist er nicht mehr in meinem Haus gewesen. Wir haben uns nur sehr selten gesehen und kaum ein persönliches Wort miteinander gewechselt.
    »Du kannst dich gern an unserem Single Malt bedienen«, biete ich mit einer großzügigen Handbewegung zum Buffet an. Dort steht immer noch das Tablett mit den edlen Spirituosen, die ich der Mörderin hatte servieren wollen. »Ich werde mir zu Hause auch einen schütten.«
    »Du magst doch nicht allein trinken.« Natürlich fällt mir Gudrun in den Rücken. »Außerdem ist mir viel lieber, wenn du zu Katja gehst, Marcel. Wenn ich allein bin, kann ich besser für die Seele des armen Priesters beten. Du hast ja nicht mal einen Rosenkranz bei dir.«
    Ein Argument, das nicht zu entkräften ist. Marcel sieht mich an. Da ich es nicht fertigbringe, eine Einladung auszusprechen, sage ich nur achselzuckend: »Linus würde sich freuen. Der liebt deine Schuhe.«
    Gudrun versichert, Marcel sofort anzurufen, wenn die ersten Beamten auftauchen, und dann entlässt sie uns hinaus in die weiße Hölle.
    Ich stapfe schnell Richtung Bundesstraße, damit Marcel gar nicht erst auf die Idee kommt, meinen Arm zu nehmen. Das hat er auch nicht vor. Mit raschem Schritt überholt er mich. Ich habe das Nachsehen, und das meine ich wörtlich: Unter einer wadenlangen Jogginghose geben sehr unterschiedlich lange fehlfarbene Strümpfe alles andere als ein erotisches Bild ab. Ich präge es mir ein. Um diesen Anblick vor mein geistiges Auge zu holen, sollten sich bei mir in den
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