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Being

Titel: Being
Autoren: dtv
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einer einzigen geschmeidigen Bewegung.
    Ich sagte ihm: »Holen Sie Casings Kittel und Maske und bringen Sie sie hier rüber.«
    Während Casing seinen weißen Kittel und die Maske auszog und Kamal reichte, sah ich auf Cooper und Ryan hinab und fragte mich, wer sie waren, was sie wohl sein mochten. Polizei? Regierungsbeamte? Irgendeine Art von …
    Nein.
    Es blieb keine Zeit.
    Ich hörte auf nachzudenken.
    Kamal trat auf mich zu und brachte mir Casings weißen Kittel und die Operationsmaske. Er blieb vor mir stehen und ich streckte die Hand aus, um sie entgegenzunehmen.
    Und dann klopfte jemand an die Tür.

Vier
    K lopf klopf klopf.
    »Hallo?«
    Klopf klopf.
    »Sir?« Eine Frauenstimme. »Sir? Ich bin’s – Hayes. Lassen Sie mich rein.«
    Für einen Moment starrte ich bloß auf die Tür und hoffte unsinnigerweise, |44| wenn ich nichts täte – wenn ich mich nicht rührte und kein Geräusch machte –, würde alles gut gehen. Das Klopfen würde aufhören. Hayes würde verschwinden. Alles würde verschwinden.
    Doch dann rüttelte Hayes an der Klinke und drückte und stieß gegen die abgeschlossene Tür. »Sir?«, rief sie. »Mr Ryan – sind Sie da drin? Was ist los?«
    Und ich wusste, nichts würde verschwinden.
    Ich richtete die Pistole auf Casing. »Antworten Sie«, flüsterte ich. »Schicken Sie sie weg.«
    »Wie denn?«, fragte er.
    »Mir egal – machen Sie’s einfach.«
    Für eine Sekunde starrte er mich an, dann bewegte er sich auf die Tür zu. Ich folgte ihm durch den Raum und stellte mich mit dem Rücken zur Wand. Wieder sah er mich an. Ich richtete die Pistole auf seinen Kopf.
    »Machen Sie keine Dummheiten«, warnte ich ihn. »Wenn Sie hier reinkommt, sind Sie tot.«
    Er blinzelte einmal, holte tief Luft, dann schloss er die Tür auf und öffnete sie einen Spalt. »Ja?«, fragte er in sicherem Ton, während er durch den Spalt schaute.
    »Was ist los?«, hörte ich Hayes fragen. »Wo ist Ryan? Ich muss mit ihm sprechen.«
    »Jetzt nicht«, erklärte ihr Casing, die Stimme mit Arroganz gespickt. »Wir haben zu tun.«
    »Ich muss mit ihm reden wegen –«
    »Wir haben zu tun«, schnauzte Casing. »Kommen Sie später.«
    Hayes sagte für einen Moment nichts. In dem Schweigen stellte ich mir vor, wie ihr Gehirn ratterte – wie sie überdachte, was Casing |45| gerade gesagt hatte, und sich fragte, ob sie seine Autorität anerkennen solle oder nicht. Während ich den Blick weiter auf Casing fixiert hielt und hoffte, sein Selbstvertrauen würde anhalten, spürte ich etwas in mir – mein Herz? – heftig pumpen.
    Dann hörte ich Hayes sagen: »Richten Sie Ryan aus, dass Morris bei Peter Young ist. Sagen Sie, alles sei unter Kontrolle. Und geben Sie ihm die hier.«
    Ich hielt den Atem an, als Casing nickte und die Hand ausstreckte, um etwas von Hayes entgegenzunehmen. Und ich horchte genau in dem Willen, sie möge sich umdrehen und gehen. Ich hörte das Schlurfen eines Schuhs … einen einzelnen Tritt … eine kurze Pause … dann das Aufschlagen geschäftiger Schritte, die über einen leeren Flur verschwanden.
    Ich atmete aus.
    Pete ist hier, überlegte ich einen Moment vor mich hin. Pete ist hier, Pete ist hier, Pete ist hier …
    Aber ich wusste, das bedeutete gar nichts.
    Pete war nirgends. Tausende Kilometer weit weg.
    Casing schloss die Tür und reichte mir einen abgegriffenen braunen Schnellhefter. Seine Arroganz war jetzt wieder verschwunden. Die Augen voller Selbstmitleid. »Ihre Akte«, sagte er schwach.
    Ich nahm ihm den Hefter ab und steckte ihn zu den übrigen Sachen in die Aktentasche.
    »Auf den Boden legen«, befahl ich ihm.
    Er sah mich an.
    Ich starrte zurück.
    Er ließ sich zu Boden sinken.
    Ich drehte mich zu Kamal um. »Betäuben Sie ihn.«
    |46| Während sich Kamal niederhockte und eine Nadel in Casings Handrücken stach, zog ich den weißen Chirurgenkittel an und hing mir die Operationsmaske um den Hals. Für einen Moment fuhr mir wieder ein Schmerz durch den Bauch, so wie ein Stich von einem kurzen, stumpfen Messer. Es tat nicht sehr weh, fühlte sich aber richtig merkwürdig an – als ob er nicht ganz zu mir gehörte. Es war, als ob es der Schmerz eines andern sei … aber in
mir
.
    Ich wollte nicht darüber nachdenken.
    Ich schloss die Augen. Atmete ein, atmete aus.

    Ich war jetzt müde. Ausgelaugt und erschöpft. Ich wollte das nicht mehr – hart sein, Leute herumkommandieren, versuchen, die Kontrolle zu behalten … es war zu schwer. Ich wollte überhaupt nichts mehr. Das
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