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Beim ersten Sonnenstrahl (Teil 1) (German Edition)

Beim ersten Sonnenstrahl (Teil 1) (German Edition)

Titel: Beim ersten Sonnenstrahl (Teil 1) (German Edition)
Autoren: Inka Loreen Minden
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drückte ihn gegen seine nackte Brust. War das vielleicht der Tod, der ihn holen kam? Lebte David womöglich nicht mehr?
    Er schaute hinunter zu seiner toten Mutter. Daneben lag der Vermummte, den Kopf seltsam verrenkt, und starrte ihn an. Es lag derselbe leere Ausdruck in seinen Augen wie bei Mutter. Das Tuch vor seinem Gesicht war nach unten gerutscht, aber David kannte den Mann nicht.
    Auch zu seinem Vater blickte er ein letztes Mal.
    Tot. Aus. Vorbei.
    Schreie waren zu hören, Pfiffe gellten durch die Nacht. Jemand hatte die Peelers alar miert.
    »Halte dich fest«, sagte das Wesen, worauf David automatisch die Arme um seinen Nacken legte. Er war warm und David spürte das Spiel der Muskeln unter der Haut.
    Mit einer Hand hielt die Kreatur ihn an ihren Leib gedrückt, die Krallen der anderen Hand schlug sie in die Hausmauer.
    David presste die Lider aufeinander. Das Ungeheuer kletterte mit ihm die Wand hoch! In Windeseile erreichten sie das Dach. Die Kreatur breitete den Mantel aus und setzte mit ihm über zahlreiche Hausdächer. Schließlich sprang sie auf der anderen Seite eines Gebäudes in die Tiefe.
    Davids Schrei erstickte in seiner Kehle. Niemand konnte so einen Absturz überleben! Doch sie fielen nicht – sie schwebten zu Boden, in einen dunklen Park, der voller Bäume war. Das war kein Mantel, sondern Schwingen. Ein geflügeltes Wesen mit Klauen und Reißzähnen … Ein Dämon hatte ihn geholt. Er würde in der Hölle landen!
    David hatte das Bewusstsein verloren.
    Als er wieder zu sich gekommen war, hatte er im Krankenhaus gelegen und Großmutter saß weinend neben seinem Bett. Eine Schwester hatte ihn vor dem Eingang entdeckt …

David wollte nicht mehr richtig in den Schlaf finden. Immer noch fühlte er die Hand auf seinem Haar und blinzelte. Es brannte kein Licht. Granny würde nie im Dunkeln zu ihm kommen. Ihre Augen wa ren bereits gen auso schlecht wie ihr Gehör. Doch jemand war hier, bei ihm. David spürte die Anwesenheit fast körperlich, und damit meinte er nicht nur die zarten Berührungen.
    Es war hier! Das Ungeheuer!

    David schreckte hoch. Schwer atmend saß er im Bett und starrte ins Schwarz, wobei er nach dem Glücksbringer griff, den er um den Hals trug. Es war eine Silberkette mit einem lilafarbenen Kristall.
    Granny hatte schon wieder die Vorhänge zugezogen, obwohl sie wusste, dass er das nicht mochte. David hasste die Finsternis. Sie umgab sein Herz, seine Seele, sein ganzes Leben.
    Granny schob es auf den Mord an seinen Eltern, dass er ein seltsamer und stiller junger Mann geworden war. Ebenso, warum er Horrorgeschichten schrieb. Seine Großmutter glaubte, er würde dami t seine Vergangenheit verarbeiten. Vielleicht hatte sie recht, aber David war Schriftsteller aus Leidenschaft. Schreiben bedeutete ihm alles. Es war seine Nahrung, seine Luft, sein Lebenselixier.
    Nach dem Tod seiner Eltern hatte es ihn zu sehr geschmerzt, Vaters Arbeiten weiterzuführen, und David hatte sich von den Naturwissenschaften weitgehend abgewandt. Zudem war niemand mehr bei ihm, mit dem er seine Ideen teilen konnte. Andere Gedanken hatten sich seiner bemächtigt – düstere, blutige – und seinen Kopf gefüllt, waren gewaltsam nach draußen gedrängt.
    Mittlerweile war er ein viel gelesener Londoner Autor, der mit seiner Passion den Lebensunterhalt bestreiten konnte. Allerdings zog er es vor, anonym zu bleiben, um dem Rummel um seine Person zu entgehen, und schrieb unter einem Pseudonym: David Blackwood.
    David s Vater hatte dank seiner Erfindungen ein kleines Stadthaus und wenige Ersparnisse gehabt, doch die waren bald aufgebraucht gewesen und David hatte begonnen, seine Ge schichten für ein paar Pennys an die Zeitung zu verkaufen. Ein Verleger hatte ihn dadurch entdeckt und seitdem verfasste er richtige Bücher.
    Viele Nächte verbrachte er damit, sich Gruselgeschichten oder Kriminalromane auszudenken, u nd schlief lieber tagsüber. Wenn er sich sicher fühlte. A ußerdem hatte er oft die Vermutung, beobachtet zu werden. Wie gerade. Er bildete sich manchmal ein, ein Atmen zu hören und das Knarzen des Holzbodens, als ob jemand in s einem Schlafzimmer umherging.
    »Ich weiß, dass du hier bist«, fl üsterte er und seine Stimme klang erschreckend laut in der Dunkelheit.
    Natürlich bekam er keine Antw ort. Wie immer.
    Langsam beruhigte er sich. Oder er versuchte es zumi ndest. Unaufhörlich klopfte der Puls in seinen Ohren.
    David fuhr hastig mit dem Laken über seine nackte Brust, um den Schweiß
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