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Beim ersten Sonnenstrahl (Teil 1) (German Edition)

Beim ersten Sonnenstrahl (Teil 1) (German Edition)

Titel: Beim ersten Sonnenstrahl (Teil 1) (German Edition)
Autoren: Inka Loreen Minden
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geglaubt, Magie wäre Wissenschaft, Wissenschaft war Fortschritt und Fortschritt konnte nichts Schlimmes sein.
    David war nie auf di e geheimen Tr effen gegangen. Er war ohnehin nicht wirklich einer von ihnen. Granny hingegen schon. Sie hatte ihn auf dem Laufenden gehalten. Aber seit ein paar Monaten besuchte sie die Versammlungen nicht mehr. David befürchtete, sie würde nicht mehr lange leben.
    Und was war dann? Er wäre allein.
    Er wartet dort drin auf dich, um dich zu töten , spukte es durch sein Gehirn. David sah die aufgerissenen, toten Augen seiner Eltern. Er erblickte sie oft, wenn er die Lider schloss. Wie damals fürchtete er auch jetzt nicht den Tod als solches, sondern einen schmerzhaften Tod. Hoffentlich ging es schnell.
    Er war ein Jammerlappen … Es wäre nichts verloren, wenn sein Leben heute ein Ende nahm. Außer Granny würde ihn niemand vermissen.
    David gab sich einen Ruck und folgte dem Wesen in das düstere Gebäude. Innen war es dunkel und totenstill. Seine Augen brauchten eine Weile, um sich an die Finsternis zu gewöhnen. Die Morgendämmerung drang durch die kaputten Scheiben und offenbarte umgekippte Holzbänke und Unmengen an Staub. Hier gab es nichts, wo sich jemand verstecken konnte. Offensichtlich war alles von Wert entwendet worden.
    Deutlich erkannte er eine Spur im Staub. Sie führte zwischen den umgestürzten Bänken hindurch zu einer abgenutzten Holztreppe.
    Er ist dort oben. Im Glockenturm …
    David biss die Zähne zusammen. Das Klappern machte ihn noch nervöser, als er ohnehin war. Ein Schweißtropfen lief ihm ins Auge, die Kleidung klebte ihm am Körper. Noch konnte er fliehen.
    Nein, verdammt, er würde das durchziehen! Nur stellte er sich dämlicher an als die Figuren in seinen Büchern. Die liefen nicht geradewegs in einen Hinterhalt. Nicht absichtlich zumindest. Er schon.
    Welcher normale Mensch schlich sich nachts durch das Haus eines ehrbaren Bürgers, verschwand durchs Fenster und irrte dann durch halb London, um in eine halb verfallene Kirche zu gehen? Zum Beten war der Kerl sicher nicht hier.
    Ob David warten sollte, bis es heller wurde? Seine Beine waren ohnehin festgewurzelt. Draußen begann ein neuer Tag, immer mehr Licht fiel durch die Fenster. Von oben drang weiterhin kein Laut zu ihm herunter.
    Worauf wartete er?
    Diese Stille zerrte an seinen Nerven. Mühsam setzte er sich in Bewegung und steuerte auf den baufällig wirkenden Treppenaufgang zu. Es kostete ihn große Anstrengung, nach oben zu gehen. Seine Knie waren so weich wie Mus und drohten einzuknicken. Der Aufstieg kam ihm ewig vor. Wie hoch war der Turm? Die Kirche hatte keinen so großen Eindruck gemacht.
    Nach endlosen Minuten erreichte er eine hölzerne Plattform mit einem Loch in der Mitte. Darüber erstreckte sich ein marodes Dach. Zu drei Seiten war der Turm von Mauern umgeben, nach vorne hin jedoch offen und mit wenigen Brettern verschlagen. Der Morgenhimmel strahlte in blauen und orangen Streifen durch die großen Öffnungen zwischen den Balken. Welch schöner Anblick von hier oben. David konnte über die Dächer Londons sehen.
    Die Glocke fehlte. Wahrscheinlich von jemandem gestohlen, um sie zu Geld zu machen. David schaute durch die Mitte der Plattform hinunter in die Kirche. Ein Schubser würde genügen und er würde in die Tiefe stürzen. Hier gab es kein Geländer.
    Langsam sah er sich um, wobei ihm sein Herz aus der Brust zu springen drohte. In den düsteren Ecken hingen Spinnweben, und er machte Umrisse von Gegenständen aus, die er nicht definieren konnte. Noch drang zu wenig Licht durch die Balken.
    Er spürte, dass etwas in der dunklen Ecke lauerte. »Ich weiß, dass hier jemand ist! Zeigen Sie sich!« Seine Stimme, die in seinen Ohren schrill und fremd klang, scheuchte eine Fledermaus auf, die wild um seinen Kopf flatterte. Panisch warf er den Kerzenständer nach ihr, traf allerdings nicht. Die Fledermaus flog durch ein Loch im Dach in den Himmel, und seine einzige Waffe fiel durch die Öffnung der Plattform nah unten. Beim klirrenden Aufprall auf den Kirchenboden zuckte er zusammen, obwohl der Schall gedämpft an seine Ohren traf. Er spürte eine fremde Macht in seinem Rücken. Der Unbekannte hätte jetzt die beste Chance ihn anzugreifen, aber nichts geschah.
    Weil er sich nicht zeigen wird …
    Als die ersten Lichtstrahlen durch die Bretter fielen, drehte sich David langsam um. Die Sonne durchdrang den Raum und brachte die Staubpartikel zum Glitzern. Sein Blick fiel auf einen Mann,
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