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Bei Interview Mord

Bei Interview Mord

Titel: Bei Interview Mord
Autoren: Oliver Buslau
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Autoschlüssel vors Gesicht.
    Ich erkannte das VW-Zeichen, blickte dann wieder in die andere Richtung und dann wurde mir klar, dass ich vor einem knallroten Golf stand. Das neueste Modell, das viel runder, glatter, glänzender und moderner aussah als meine alte Kiste.
    »Er gehört dir«, sagte Jutta. »Oder willst du ihn nicht?«
    Ich versuchte, die Tür zu öffnen, aber Jutta nahm mir den Schlüssel aus der Hand. »So geht das bei modernen Autos, mein Lieber. Man drückt auf den Schlüssel.«
    Die Zentralverriegelung klackte. Ich setzte mich hinein. Neuwagengeruch. Ich steckte den Schlüssel ins Schloss. Das Radio ging an. Die hundert Prozent beste Musik. »Radio Berg«, sagte das Display. Darunter gab es einen CD-Player.
    »Dein Honorar liegt im Handschuhfach«, sagte Jutta.
    Ich öffnete die Klappe und fand einen Briefumschlag mit einem dicken Packen Fünfhunderter-Scheine darin.
    »Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll…«
    »Dann sag eben nichts. Das heißt - in unserem Exklusivinterview solltest du schon den Mund aufmachen.«
    Ich warf noch einen Blick auf das prächtige, neue, glänzende Gebilde, das mein Auto war. Ich konnte mich gar nicht davon lösen. Auch Theresa kam und sah durch das Seitenfenster zu mir herein.
    Jutta klappte die Beifahrertür auf und setzte sich neben mich. »Ich sehe schon. Wir müssen das Interview im Wagen machen. Ist ja kein Problem.«
    Ich nickte und zog den Aschenbecher auf. Ich hatte plötzlich das Bedürfnis nach einer Zigarette und griff in die Innentasche meines Sakkos. Zusammen mit der Schachtel kam ein Zettel heraus - das Gedicht von Asja Andrea Tesch.
    Jutta war weiter damit beschäftigt, ihr Aufnahmegerät vorzubereiten, und während ich mir die Camel ansteckte, fiel mein Blick auf die Zeilen: »… mein blutendes Herz, Finger am Abzug, peitschende Erlösung…«
    Ich starrte auf die rätselhaften Worte und dachte wieder an den trockenen Knall. Den Schuss, mit dem sich Kurz selbst erlöst hatte.
    »Fertig?«, sagte Jutta neben mir und drückte auf einen Knopf.
    Ich nickte.
    Und dann hielt sie mir das schwarze Mikro mit dem leuchtend gelben Logo entgegen.

Dichtung und Wahrheit
    »Alles frei erfunden!«, beteuern die meisten Romanautoren in einer kleinen Fußnotiz, die sie gewöhnlich ihren Büchern voranstellen. Der Krimi »Bei Interview Mord« ist, was die eigentlichen Mordgeschichten betrifft, ebenfalls im Wesentlichen reine Phantasie. Meines Wissens hat zum Beispiel in der Schreibersheide noch nie ein Zauberkünstler gewohnt, und ich habe auch noch nie davon gehört, dass in dieser Straße ein Mord geschah. Doch wie beim Genre des Regionalkrimis üblich, existieren die meisten geschilderten Orte in Wirklichkeit. In dieser Hinsicht ist die Darstellung der Welt, in der sich Rott bewegt, eine Momentaufnahme aus dem Mai 2005: Das Café an der Ecke am Konrad-Adenauer-Platz, von dem aus viele Zeugen heute einen Mord vor dem Bergisch Gladbacher Rathaus beobachten könnten, befand sich, wie nachzulesen ist, noch als Baustelle hinter einem Bretterzaun. Verändert hat sich mittlerweile auch der Overather Bahnhof. Dort begann kurz nach Rotts Besuch eine größere Umbauphase, die immer noch andauert.
    Nicht nur Örtlichkeiten, sondern auch einigen Personen der Handlung kann man im täglichen Leben begegnen. Gerade in diesem Krimi haben sogar ganz besonders viele echte Charaktere Eingang gefunden, und das hat einen ganz bestimmten Grund. Im Frühjahr 2005, als das zehnjährige Bestehen von Radio Berg in immer greifbarere Nähe rückte, entwickelten die Chefredakteurin Claudia Schall, der Verleger Hejo Emons und ich eine etwas experimentell anmutende Idee: Wir wollten einen neuen Krimi um meinen bergischen Helden Remigius Rott mit dem Thema Radio Berg, aber auch mit den Radio-Berg-Hörern verbinden.
    Im März lief über den Sender ein Aufruf: Wer Lust hat, im nächsten Rott-Krimi mitzuwirken, so hieß es da, solle sich bitte bewerben und in zehn Sätzen erläutern, warum er das Zeug zu einer Romanfigur habe.
    Die Resonanz war groß: Während sich der Ordner füllte, staunte ich, was die Leute alles schrieben. Es meldeten sich Arbeiter und Akademiker, Pensionäre und Hausfrauen, Angestellte und Schüler.
    Manche erzählten von eigenen kriminellen Erlebnissen im Bergischen, schrieben von Leichenfunden, Einbrüchen und so weiter, andere fabulierten wild eigene Krimis drauflos und bewiesen eigentlich eher das Zeug zum Autor als zur Romanfigur. Sechs Kandidaten losten wir Anfang April
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