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Beginenfeuer

Beginenfeuer

Titel: Beginenfeuer
Autoren: Marie Christen
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Andrieu, der Thomas von Courtenay die Ehe versprochen hatte.
    Niemand wusste Genaues darüber, was sich in Dole ereignet und weshalb der Ritter eine Fremde zur Frau genommen hatte. Eines wurde jedoch schnell klar, er hasste Margarete, und er verabscheute die Tochter, die sie ihm sieben Monate nach der Eheschließung geboren hatte. Sein Verlangen nach einem Sohn und Erben hatte seine Frau dennoch regelmäßig ins Kindbett gebracht. Nur die achtjährige Violante hatte die Kraft besessen, über das erste gefährliche Säuglingsjahr hinaus am Leben zu bleiben.
    Die Herrin liebte ihr einziges Kind ebenso sehr, wie sie ihren jähzornigen Gemahl fürchtete. Thomas von Courtenay würde außer sich sein und ihnen allen die Schuld am Tode seines Sohnes geben, das wusste auch Berthe. Beim Gedanken an diesen Zorn erschauerte sie, nicht einmal ihre eigene Tochter Ysée würde mit seiner Nachsicht rechnen können. Was kümmerte es den Herrn von Courtenay, dass er der Vater auch dieses Mädchens war. Die Tochter einer Magd bedeutete ihm noch weniger als Violante. Frauen, egal welchen Alters, bereiteten ihm nur Verdruss.
    Courtenay war eine Burg der Männer. Ritter, Bewaffnete, Wehrknechte, Jäger, Handwerker und Burggesinde summierten sich zu einer stattlichen Gefolgschaft. Bis auf die Herrin und die wenigen Mägde in Küche und Badehaus gab es jedoch keine Frauen in ihren Mauern. So verwunderte es auch niemanden, dass sich die beiden Kinder des Herrn über alle Standesgrenzen hinweg einander angeschlossen hatten. Die kleine Magd und das Edelfräulein waren zwei einsame Mädchen, die ihrem Vater nach besten Kräften aus dem Wege gingen, weil sie seine Wutanfälle fürchteten.
    Margarete von Courtenay fühlte ihre zunehmende Schwäche. Sosehr sie sich danach sehnte, die Augen zu schließen, eine Aufgabe wartete noch. Violante. Sie durfte nicht zulassen, dass die Tochter für die Torheit der Mutter büßte. »Berthe, du musst mir helfen.«
    »Uns kann niemand mehr helfen. Heiliger Vater im Himmel, beschütze uns. Ich will nicht sterben.«
    »Du wirst nicht sterben.« Margarete von Courtenay, fast so aschfahl wie ihr tot geborener Sohn, legte ihre ganze Überzeugungskraft in diese Worte.
    »Wie wollt Ihr das verhindern? Wenn die jungen Herren von Andrieu siegen, werden sie uns töten, und wenn der Seigneur uns erfolgreich verteidigt, zieht er mich für den Tod seines Sohnes zur Rechenschaft.«
    »Keiner wird dir ein Haar krümmen. Du musst dich mit Violante und Ysée in Sicherheit bringen.«
    Die Magd starrte ihre Herrin mit offenem Mund an. Sprach sie im Fieber?
    »Ich will, dass du mit den Kindern nach Brügge gehst.« Margarete von Courtenay winkte die Magd näher, denn ihre Stimme wurde zunehmend schwächer. »Mein Vater lebt in Flandern. Piet Cornelis, merk dir den Namen. Er handelt mit Wolle und Tuch, jedermann kennt ihn in Brügge. Es wird dein Schaden nicht sein, wenn du ihm seine Enkelin zuführst.«
    »Aber…«
    »Nein, lass mich sprechen. Ich hab nicht mehr viel Zeit.« Die Herrin spürte, dass ihr Ende nahte. Wäre da nicht Violante gewesen, sie hätte es freudig begrüßt. Violante, das unschuldige Andenken an einen schlimmen Fehler. Noch heute wusste sie nicht, weshalb sie den hochfahrenden Ritter damals in Dole angelächelt hatte. Vielleicht, weil er sich in seinem glänzenden Harnisch so gewaltig von den jungen Händlern und Färbern unterschied, die ihr in Brügge den Hof machten? Wie hatte sie denn ahnen können, dass er dieses Lächeln für eine Aufforderung hielt? Dass er Stadtfrieden und Gastfreundschaft missachten und sie aus der Herberge ihres Vaters einfach entführen würde? Damals hatte der Albtraum begonnen. Thomas von Courtenay war sich der Reichweite seines Fehltrittes ebenfalls nicht bewusst gewesen. Meister Cornelis und seine schöne Tochter standen unter dem Schutz des Pfalzgrafen von Burgund. Gewinn bringende Geschäfte verbanden den burgundischen Hof und das Handelshaus in Brügge. Nachdem Pfalzgraf Ottenin von der Entehrung der Jungfer Cornells erfahren hatte, befahl er Courtenay, sein Opfer zu heiraten. Nur die Ehe mit dem Edelmann konnte in den Augen des entrüsteten Vaters die Schande tilgen, die seiner Tochter angetan worden war. Dass der Bräutigam Mabelle von Andrieu sein Wort gegeben hatte, berücksichtigte der Pfalzgraf dabei ebenso wenig wie den empfindlichen Stolz des Grafen von Andrieu. Damals war der Grundstock für die Fehde gelegt worden, die mit dem heutigen Überfall ihren Höhepunkt
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