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Begierde

Begierde

Titel: Begierde
Autoren: Lilly Gruenberg
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den Abschluss durch Faulheit vermasselte und damit seinen Traum. Dieses halbe Praktikumsjahr in Italien hatte viel verändert. Zusammen mit Antonio, seinem italienischen Studienkollegen, hatte er das zum Innenarchitektur-Studium gehörende Praktikumssemester in der Firma von Antonios Vater absolviert. Einer renommierten Fabrik, die Möbel im klassisch-antiken Stil herstellte. Teuer und begehrt. Allerdings nicht das, was Antonio und Marc sich vorstellten. Immerhin hatte sich der alte Del Carmine von ihren Inspirationen für neues Design überzeugen lassen und ihnen nach bestandenem Diplom seine Unterstützung zur Gründung einer eigenen Firma zugesagt. Seither gab es Träume, die Marc kaum zu träumen wagte.
    Außerdem – er musste schließlich auch ein gutes Vorbild für Vicky sein, die jetzt mitten im Abitur stand und nur ausnahmsweise an diesem Abend ausgehen durfte, weil ihre beste Freundin Michaela, genannt Micky, ihren achtzehnten Geburtstag feierte. Da durfte Vicky natürlich nicht fehlen.
    Vicky
. Das schüchterne, ein wenig pummelige Stiefschwesterchen hatte damals bei ihrem Einzug ziemlich Angst vor dem neuen großen Stiefbruder gehabt. Während er die Pubertät gerade hinter sich gebracht hatte, stand Vicky diese Entwicklung noch bevor. Mit zusammengekniffenen Lippen war sie vor ihm gestanden, um ihre Zahnspange zu verbergen. Doch diese Zeit war längst vorbei. Inzwischen war aus ihr ein hübsches Mädchen geworden, das mit seinen nixengleichen, wässrig grünen Augen wohl manchem ihrer Klassenkameraden schlaflose Nächte bereitete.
    Unwillkürlich verglich Marc jede Freundin, die er bisher gehabt hatte, mit seiner Schwester. Ja
Schwester
, nicht Stiefschwester. Vicky war die Schwester, die er sich schon früher gewünscht hätte – obwohl es eine Zeit gab, zu der er Mädchen blöd fand. Er grinste. Wie dumm man doch als kleiner Junge war, wenn man noch keine Ahnung von Frauen hatte! Wäre Vicky nicht zufällig seine Schwester, hätte er sie am liebsten zur Freundin gehabt. Nein, verbesserte er sich, zur
Geliebten
. Denn eine Freundin war sie ihm auf jeden Fall. Vielleicht war dies der Grund, warum er es nicht lange mit seinen
Freundinnen
aushielt. Niemals empfand er diese Vertrautheit und Nähe, die ihn mit Vicky verband. Sie waren Seelenverwandte, brauchten sich nur anzuschauen und wussten, was der andere dachte und wie es ihm gerade ging. Sie hatten doch nur sich, und sie redeten viel miteinander, über alles. Warum sie im Gegensatz zu ihren Klassenkameradinnen noch keinen Freund hatte, verstand er allerdings nicht. Es gab bestimmt genügend Bewerber, aber mehr als Kino oder Party feiern kam für Vicky nicht in Frage. Wenn er sie fragte warum, erwiderte sie, die Jungs seien alle so oberflächlich und albern, einfach zu jung für sie. Mit keinem könne sie so vorbehaltlos über alles reden wie mit ihm, was Marc natürlich schmeichelte und weitere Rückfragen zu diesem Thema meistens im Keim erstickte.
    Das Handy vibrierte.
Bin da. Warte draußen
. Vicky atmete erleichtert auf. »Ich muss jetzt gehen.« Sie beugte sich vor, damit Chris sie verstand und schrie gegen die laute Musik an. Seine Antwort wartete sie nicht ab, sondern drehte sich um und bahnte sich einen Weg durch die eng tanzende, von der Hitze im Raum und vom Alkohol entfesselte Meute.
    Endlich würde sie Chris entfliehen, der ihr schon den ganzen Abend auf die Nerven fiel. Micky zuliebe wäre sie gerne länger geblieben, aber ständig lag Chris ihr in den Ohren, dass er mit ihr gehen wolle, und dabei versuchte er sie abzuknutschen und zu begrapschen.
    Aber Vicky konnte den Kerl nicht ausstehen. Er war blond und durchtrainiert, gut einen Kopf größer als Vicky und durchaus sehenswert. Eine Menge Mädchen liefen ihm hinterher und machten ihm eindeutige Angebote. Vicky empfand ihn jedoch nur aufdringlich und wie einen schwankenden Tanzbären, da er inzwischen ziemlich betrunken war. Selbst beim Tanzen hatte er die Flasche mit dem Alkopop nicht weggestellt, später durch ein Dosenbier ersetzt und ihr ungeniert seinen stinkenden Atem ins Gesicht geblasen. Sie wollte nur noch weg, egal ob es Micky passte, die irgendwo schrill im Hintergrund lachte.
    Chris packte Vicky von hinten, legte seinen Arm um sie, direkt über ihre Brüste und hielt sie fest, in der Rechten schon wieder eine frisch geöffnete Dose. »Nun komm schon, Vicky, die Party fängt doch gerade erst an, richtig Spaß zu machen. Sei doch kein Spielverderber.«
    Vicky versuchte sich
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