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Beast

Beast

Titel: Beast
Autoren: Ally Kennen
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Kampfmontur steigen aus.
    Ein Abschnitt des Gebäudes ist mit rotem Band abgesperrt und die Polizisten scheuchen die Leute zurück, trotzdem sind alle furchtbar neugierig. Es sieht aus wie eine Belagerung oder so. Ich erkenne Naomi in der Menschenmenge. Sie sieht gar nicht mehr verpennt aus. Ein paar Metzger stecken die Köpfe zusammen. Im Freien wirken sie längst nicht mehr so bullig, vielleicht, weil sie keine Fleischbeile in den Händen halten. Ich muss immer wieder zu der Tür hinschauen. Sie ist geschlossen und wird von drei bewaffneten Polizisten bewacht. Die drei können sich nicht entscheiden, ob sie lieber die Tür oder die Leute im Blick behalten. Ich an ihrer Stelle würde der Tür nicht den Rücken zudrehen, das steht fest.
    Jemand hilft einer Frau aus einem Krankenwagen. Sie stützt sich schwer auf den Arm des Sanitäters. Bestimmt die Putzfrau. Armes Muttchen. Die Menge jubelt. Die Putzfrau bekommt einen Klappstuhl hingestellt und einen dampfenden Becher in die Hand gedrückt.
    Dann sind alle still und lauschen.
    |260| Er brüllt. Das Gebrüll hallt über den ganzen Parkplatz und alles weicht zurück. Manche flüchten sogar in ihre Autos. Er lebt also noch. Aus unerfindlichen Gründen bin ich froh. Ehrlich gesagt tut mir das arme Tier leid. Hoffentlich bringen sie ihn nicht um. Er kann nun wirklich nichts dafür. Hoffentlich hat er sich drinnen noch mal richtig ausgetobt. Ich male mir aus, wie er Rinderhälften vom Haken reißt, bergeweise Hühnchen verputzt und Kebabs mampft. Seine Henkersmahlzeit. Er kommt sich bestimmt vor wie im Paradies, bloß dass er gleich erschossen wird. Mir fällt auch keine andere Lösung ein. Vielleicht hätte ich ihn nicht hier abstellen sollen. Aber es war doch nicht meine Schuld, dass er seinen Käfig zerlegt hat, oder?
    Ein weißer Transporter fährt vor, zwei Typen und eine Frau steigen aus. Alle drei tragen grüne Overalls und haben große, lange Säcke dabei. Wahrscheinlich sind sie vom Zoo oder so ähnlich, denn die Polizisten lassen sie durch. Sie verschwinden in der Fabrik. Echt mutig.
    Schade, dass ich nicht näher rankann. Es kommt mir nicht richtig vor, dass ich hier oben ausharren muss, so weit weg vom Geschehen. Schließlich ist das mein Kleiner. Ich stelle mir vor, wie ich mir einen Weg durch die Menge bahne und durch die kleine, grau lackierte Tür in die Fabrik trete. Jemand steckt mir noch rasch ein Hühnchen zu. Drinnen sehe ich ihn entkräftet, blutend und reglos unter dem Fleischwolf kauern. Ich halte ihm das Hühnchen unter die Nase und er läuft mir nach wie ein Hund. Alles hält vor Staunen die Luft an. Wir gehen hinaus und über den Parkplatz, die Menge bildet ehrfürchtig eine Gasse. Dann werfe ich das Hühnchen in den Käfig |261| und er dackelt rein. Ich lasse die Klappe zufallen. Carol hat alles mit angesehen, kommt angelaufen und küsst mich, Josie gleich hinterher.
    Ich wäre gern ein Held.
    Ich betaste den Riss in meiner Jacke.
    Vielleicht bleibe ich doch lieber hier.

    Es vergeht fast eine Stunde. Den Leuten wird allmählich langweilig. Ich halte nach Josie Ausschau, entdecke sie aber nicht. Keine Ahnung, ob sie immer noch hier arbeitet. Hoffentlich nicht. Ansonsten passiert nichts Spannendes. Von ihm ist nichts mehr zu hören. Hoffentlich ist er nicht tot. Immerhin wurde noch kein Toter rausgetragen, kein Mensch und auch kein Tier. Die Lage beruhigt sich zusehends. Die Leute laufen nicht mehr hin und her. Ich überlege, ob ich meine Deckung aufgeben soll. Vielleicht ist auf der anderen Seite irgendwo ein Fenster und ich kann reinklettern. Ich will unbedingt wissen, was dort los ist.
    Die Menge ist wieder ganz still geworden.
    Weißes Rauschen, das kenne ich schon.
    Ich würde mir gern die Finger in die Ohren stecken, aber das wäre feige. Ich zittere. Ich friere. Armes Vieh. Er kann Kälte nicht ausstehen.
    Tut mir leid, Kleiner.
    Dann fällt ein dumpfer Schuss.

|262| Siebenundzwanzig
    Ich bin hier oben auf unserem Lieblingsplatz und beobachte die Passanten auf der Hauptstraße, lasse den Blick über gesprungene Dachziegel und stillgelegte Schornsteine wandern. Weißt du noch, wie wir immer gespielt haben, dass wir Supermänner sind und von Haus zu Haus springen? Ich hab mich dabei nicht besonders geschickt angestellt, stimmt’s? Weißt du noch, wie einmal eine Frau hochgeschaut und uns gesehen hat? Ich dachte, jetzt schimpft sie gleich, aber sie hat nur geschmunzelt und ist weitergegangen. Ein andermal haben wir uns hier oben lange
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