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be-coming

be-coming

Titel: be-coming
Autoren: Simon Rhys Beck
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Bett schenken konnte, das keine Frau ihm bieten konnte? Dieser Gedanke hatte natürlich irgendwo in meinem Gehirn existiert, doch ich hatte ihn bisher immer verdrängt. Aber klar – Cieran hatte, bevor er mich kennengelernt hatte, keinen sexuellen Kontakt zu einem Mann gehabt. Jedenfalls hatte er mir nie davon erzählt. Vielleicht hatte Phil wirklich recht. Ich seufzte unhörbar.
    In der Ferne hörten wir ein dunkles Grummeln, was rasch näher kam.
    Phil sah alarmiert nach draußen. »Was zum Teufel ...«
    Dann starrte er mich an. Sein Gesicht war maskenhaft kalt – und doch sah ich, wie beunruhigt er war.
    Als das Geräusch näherkam, wusste er Bescheid. »Ein Hubschrauber.« Seine Stimme war seltsam tonlos.
    Sie hatten uns gefunden.
    »Ihr müsst abhauen, sofort!« befahl er.
    Cieran schüttelte als Erster seine Erstarrung ab. »Wie bitte?«
    »Keine Diskussion. Sie haben uns gefunden. – Ihr lauft sofort los, rennt soweit, wie ihr könnt, in den Wald und sucht euch ein brauchbares Versteck. Ihr müsst eine Höhle oder so etwas finden!«
    Ich sprang hoch, versuchte ruhig zu bleiben, doch ich zitterte schon jetzt. Schnell schnappte ich zwei Jacken und warf eine davon Cieran zu. Meine Gedanken überschlugen sich.
    Nur Sekunden später verließen wir Phil und die Holzhütte und rannten über den ausgetretenen Pfad in den Wald, über dem sich wieder dichte Regenwolken zusammengeballt hatten. Wir ließen Phil einfach zurück.
    Kommt nicht eher wieder, als bis der Sturm sich gelegt hat , hatte Phil mir noch gesagt.
    Kein Lüftchen regte sich. Doch darüber machte ich mir keine Gedanken. Wir liefen hintereinander, so schnell es Cieran möglich war. Ich wusste, dass es eine unglaubliche Anstrengung für ihn bedeutete, auf dem weichen, ungleichmäßigen Boden zu laufen. Doch auch er schien die Gefahr zu ahnen.
    Der Hubschrauber kam näher. Unaufhaltsam. Das Geräusch der Rotorblätter war ohrenbetäubend, es wurde durch die schwere, tropenartige Luft des herannahenden Unwetters meilenweit getragen.
    Ich zog Cieran hinter mir her tiefer in den Wald hinein. Wir rannten über den aufgeweichten Boden, Cieran stolperte – ich riss ihn wieder hoch. Wir mussten weg, so weit wie möglich.
    Immer tiefer drangen wir in den unwegsamen, dunklen Wald ein. Nach einiger Zeit verließen wir den lehmigen Pfad und schlugen uns durch das dichte Unterholz, über nasse, glitschige Baumstämme und fast undurchdringliches Buschwerk.
    »Ich kann nicht mehr«, keuchte Cieran hinter mir.
    Ich hielt an, völlig außer Atem und sah mich um. Als ich eine kleine, felsige Höhle bemerkte, fasste ich ihn wieder am Arm und zog ihn hinter mir her. Es war riskant, sich in so einer Höhle unterzustellen, denn mit Sicherheit war sie Unterschlupf irgendeines größeren Raubtiers. Aber ich wusste, dass es bald sehr stürmisch werden würde. Wir mussten irgendwo Schutz suchen.
    Wir kauerten uns auf den Boden, ich lehnte mich erschöpft gegen die kühle Felswand.
    Unser lautes Keuchen wurde allmählich durch den aufziehenden Wind übertönt.
    »Was ist das?« fragte Cieran verunsichert. »Es war eben völlig windstill.«
    Ich schwieg, versuchte, wieder zu Atem zu kommen.
    Es war tatsächlich unheimlich, wie der Wind auf einmal durch die Bäume pfiff, die dicken alten Stämme in Bewegung brachte. Ein Sturm zog auf – ich war darauf gefasst gewesen, trotzdem machte es mir Angst. Dieser Sturm würde vermutlich so heftig werden wie der Tornado, als wir auf dem Highway vor dem Van der Agency geflohen waren. Denn es war Phil, der dieses Naturschauspiel inszenierte – oder Kisin. Oder beide?
    Ich seufzte leise. Es war egal. Aber der Sturm würde kommen.
    Das anschwellende Heulen erinnerte mich an einen alten Gruselfilm. Ich versuchte, diesen Gedanken abzuschütteln und zog Cieran an mich heran. Er zitterte vor Anstrengung, sein Herz raste. Plötzlich griff er sich mit beiden Händen an die Schläfen.
    »Mein Kopf ...«
    Er presste sich die Handflächen gegen die Schläfen – wie damals, als Phil angeschossen wurde. Ich wusste, was das bedeutete. GEFAHR.
    Lose Blätter und kleinere Äste rauschten an uns vorbei, erhoben sich in die Lüfte, tanzten vor unseren Augen. Es war ein wirklich unheimliches und beängstigendes Schauspiel.
    Wir zogen uns ein wenig weiter in die Höhle zurück. Ich betete, dass uns nicht irgendein großes, pelziges Tier auf die Schulter klopfte ...
    »Was um alles in der Welt passiert hier?« fragte Cieran atemlos. Seine Stimme wurde
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