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Bauernopfer

Bauernopfer

Titel: Bauernopfer
Autoren: Thomas Peter
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Jüngeren erkannte man den nassforschen Typ, mit einem leichten Überschuss an Selbstbewusstsein und ohne die Einsicht, dass erst Erfahrung einen guten Polizisten ausmacht und deren Fehlen am besten durch Zurückhaltung kompensiert wird.
    Ein wenig zu laut rief er bereits aus ein wenig zu großer Entfernung: »Ihr seid die Kollegen von der Kripo, oder?«
    Mit einem leichten Nicken und einem gepressten »Servus« beantwortete Charly die Frage.
    »Na endlich«, fuhr der Jungspund fort. »Also, das ist der Hof vom Josef Bichler. Der lebt hier allein. Witwer!« Er hatte Charly und Nager erreicht und beschrieb einen weiten Bogen mit dem linken Arm. »Wohnhaus, Hühnerstall, Scheune, Schweinestall, Kuhstall.«
    Charly musterte der Reihe nach die Gebäude, die den Schotterplatz umschlossen. Alles in allem bot sich das Bild eines klassischen bayerischen Bauernhofes. Aber nicht nur das schwindende Tageslicht und der aufziehende Nebel waren schuld an dem trostlosen Eindruck, den das ganze Anwesen erweckte. Das Wohnhaus und die Holztore von Scheune und Stall sehnten sich seit längerer Zeit nach frischer Farbe, und an der hölzernen Konstruktion des Speichers über der Scheune hätte auf den ersten Blick mindestens ein Drittel der Bretter und Balken erneuert werden müssen.
    »Hier sind die Personalien, wir haben soweit alles aufgeschrieben.« Der junge Kommissar streckte Charly ein Blatt entgegen. Charly nahm es und erkannte darauf Namen, Anschriften und Daten von zwei Personen. Er drehte das Blatt um, doch die Rückseite war leer. Charlys fragender Blick traf auf den des älteren Streifenkollegen. In Kombination mit leicht hochgezogenen Schultern und Augenbrauen schien dessen Gesichtsausdruck zu bestätigen, dass es sich um den eklatanten Fall eines hinweisresistenten Schulabgängers handelte, der seine Erfahrungen erst dadurch sammelte, dass er immer wieder aneckte und durch seine Selbstüberschätzung in Kollegenkreisen zuerst ein negatives Bild von sich zeichnete.
    »Die Leiche liegt da drin«, sagte der Junge und deutete mit dem Daumen auf den Stall. Dann wies er wieder in Richtung des Blattes und sagte: »Unten steht der Name von der Frau, die ihn gefunden hat. Braucht ihr uns hier noch? Wahrscheinlich nicht. Also dann, servus.«
    Als er sich umdrehte, stoppte ihn Charly. Es war absolut nicht seine Art, Kollegen zu belehren und sich den Kripoermittler raushängen zu lassen, aber dieser Frischling hatte es herausgefordert. »Wart amoi! Wo is’ denn die Frau jetzt? Wo is’ die Todesbescheinigung vom Notarzt? Wer war der Notarzt und wann war der da? Wer war da am Hof, als ihr gekommen seid? Was wurd’ an der Leiche verändert? Is’ der Tote schon identifiziert? Wissen wir was über Angehörige? Dann bitt ich drum, dass ihr jetzt alle, die mit der Sache nix zu tun haben, auf die Straße rausschickt und die Zufahrt zum Hof absperrt. Und ich hoff, dass ich einen sauberen Übergabebericht bekomme, bis ich nachher wieder auf der Dienststelle bin. Wenn du noch Fragen hast, fragst deinen Kollegen, der hat so was schon öfter g’macht und weiß, auf was es ankommt.«
    Der junge Kommissar sah ein wenig verdattert aus. Er zeigte auf eine der Personengruppen und stammelte: »Da … das da … da ist die Frau Kornbach, … berg, … burg, die hat sie gefunden, … also ihn, die Leiche halt.«
    »Na, dann werd ich mich mal um die Vernehmung der Frau Korn-Dings kümmern«, schaltete sich Nager in das Gespräch ein und ging, locker seinen Aktenkoffer schwingend, auf die gezeigte Personengruppe zu, bevor Charly etwas erwidern konnte. Es war eine willkommene Gelegenheit, sich nützlich zu machen, ohne mit der Leiche in Berührung zu kommen.
    Die Streifenbeamten scheuchten die Schaulustigen wie Hühner vom Hof und wollten gerade ein rotweißes Absperrband quer über die Einfahrt spannen, als ein silberfarbener VW-Bus in das Anwesen einbog. Der junge Kommissar versuchte den Bus zu stoppen, denn immerhin handelte es sich hier um einen abgesperrten Tatort. Sein älterer Kollege kannte jedoch das Fahrzeug und dessen Fahrer und winkte ihn durch. Es war Bernd Fischer, der Bereitschaftler vom Erkennungsdienst.
    Charly war überrascht: »Servus, Bernd. Was treibt denn dich da her?«
    »Habe d’Ehre, Charly. Der Fischkopf hat mich angerufen, weil er am Plan geseh’n hat, dass du mit’m Nager z’ammg’spannt bist. Eure Ablösung ist schon unterwegs zu einem Wohnungsbrand mit Verletzten und kann euch nicht unterstützen. Und weil in meinem
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