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Bauernjagd

Bauernjagd

Titel: Bauernjagd
Autoren: Stefan Holtkötter
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mit
ihr zu besprechen gab. Aber wie sollte er ihr das erklären?
    Tante Ada sah auf, ihre Blicke trafen sich. Sie erkannte sofort,
dass etwas nicht stimmte. Angst und Sorge traten in ihr Gesicht.
    Hambrock wandte sich eilig ab. Er drängte sich durch die Menge zum
Ausgang. Er musste Sophia finden. Vielleicht würden sich die Anschuldigungen ja
doch noch in Luft auflösen.
    Marita begann zu lachen, offenbar fand sie die Situation komisch.
Sie holte ihre Schwester ein.
    »Also gut, du hast mich beim Sex erwischt. Aber musst du da gleich
losrennen, als hättest du den Teufel gesehen?« Sie stemmte die Hände in die
Hüften. »So abstoßend bin ich doch auch wieder nicht, oder?«
    »Ich …« Annika wusste nicht, was sie sagen sollte. »Ich wollte dir
nicht nachspionieren.«
    »Dafür ist es jetzt wohl zu spät.« Sie legte den Arm versöhnlich um
Annikas Schultern und führte sie zu einem umgestürzten Baumstamm. Marita setzte
sich und zog eine Zigarettenschachtel aus ihrem Blazer. Sie bot ihrer Schwester
eine an. Annika setzte sich zu ihr.
    »Ich bin ja selbst schuld«, sagte Marita. »Ich hätte wissen müssen,
dass in dieser Familie auf Dauer nichts geheim zu halten ist.« Sie gab Annika
Feuer. »Keine von uns schafft es, über ihre Probleme zu reden, aber wenn sie
etwas über die anderen herausfindet, geht das in Windeseile rum.«
    Annika lächelte. »Bist du mit diesem Typen richtig zusammen?«
    »Er heißt Elmar.«
    »Entschuldige.«
    Doch Marita lachte sie nur aus. »Wir haben schon seit einer ganzen
Weile was laufen. Ich wollte es für mich behalten, bis ich sicher bin, ob mehr
daraus wird.«
    Neben ein paar Sträuchern tauchte dieser Elmar plötzlich auf. Er
blickte ernst zu ihnen herüber. Marita bedeutete ihm mit einer Handbewegung,
dass alles in Ordnung sei. Er nickte, drehte sich um und verschwand wieder.
    »Wie lange läuft das denn schon zwischen euch?«, fragte Annika.
    »Seit etwa einem Jahr.«
    »Und da hast du keinem etwas gesagt?« Sie fühlte sich seltsam
verletzt. Zumindest ihr hätte sich Marita anvertrauen können.
    »Du weißt doch selbst, dass unsere Familie da ein bisschen
kompliziert ist. Man muss sehr vorsichtig sein, wem man Tante Ada vorstellt.«
    Annika dachte an Andi, den Vater von Emma und Paul. Er und Tante Ada
waren sich spinnefeind gewesen, und Ada hatte ihm das Leben nicht gerade leicht
gemacht. Als die Beziehung zwischen ihm und Marita an einem Tiefpunkt angelangt
war, spielte bei seinem Entschluss, nach Erfurt zurückzugehen, Tante Ada wohl
eine nicht zu unterschätzende Rolle.
    »Aber ich bin doch nicht Tante Ada.« Obwohl Annika es nicht wollte,
klang ihre Stimme beleidigt.
    »Glaubst du denn, du hättest es geschafft, die ganze Zeit über
dichtzuhalten?« Marita legte ihr den Arm um die Schultern. »Sei mir nicht böse,
Kurze, aber ich wollte das erst mal mit mir selbst ausmachen.«
    Annika dachte darüber nach. »Bist du vom Schützenfest verschwunden,
um dich mit ihm zu treffen?«
    Marita grinste. »Du hast den Wagen gesehen? Ich dachte, es würde
keinem auffallen. Elmar hatte an dem Tag frei, er ist mit dem leeren Tanklaster
hergefahren. Eigentlich gibt es in einer Bauernschaft nichts Unauffälligeres
als ein Fahrzeug von der Molkerei.«
    »Ewald Tönnes wurde währenddessen ermordet.«
    Maritas Grinsen verschwand. »Das stimmt. Schon unheimlich, wenn man
darüber nachdenkt. Ich war keine hundert Meter von ihm entfernt.«
    »Ja. Gruselig.« Annika wollte ihr lieber nicht verraten, dass sie
die beiden verdächtigt hatte, den Mord begangen zu haben. »Warum hast du nach
Ewalds Tod nicht gesagt, dass du in der Nähe warst?«
    »Es hieß doch zunächst, es wäre ein Unfall. Außerdem haben wir ja
nichts gesehen. Wir waren mit uns beschäftigt. Es gab überhaupt nichts, was ich
irgendwem hätte sagen können.«
    Marita zog an ihrer Zigarette und betrachtete sie.
    »Versprichst du mir, keinem etwas zu erzählen?«
    »Viel Vertrauen hast du ja nicht zu mir.«
    »Komm schon, jetzt hör endlich auf. Ich will es ohnehin Mutter und
Tante Ada sagen. Das Versteckspiel kommt mir mit der Zeit immer alberner vor.
Ich möchte aber, dass sie es von mir erfahren.«
    Annika warf die Zigarettenkippe auf den Boden, stand auf und trat
sie aus.
    »Ich werde nichts sagen.«
    »Prima.« Marita stand ebenfalls auf. »Dann sieh zu, dass du zurück
auf die Trauerfeier kommst. Wenn wir beide fehlen, fällt das sicher auf.« Sie
deutete auf Annikas Laufmasche. »Aber besser ist es wohl, ich gebe dir
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