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Bator, Joanna

Bator, Joanna

Titel: Bator, Joanna
Autoren: Sandberg
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schienen. Den Razzien der Miliz gingen die noch
unausgereiften Exemplare durchs Netz, die dann im Laufe einer Woche
heranwuchsen und den Platz der Aufgegriffenen einnahmen. Sie ließen sich nicht
ausrotten. Die Schulschwänzer aus den beiden nahegelegenen Gymnasien stumpften
mit der Zeit gegen den Anblick der erbärmlichen Männer in grauen Regenmänteln
ab, die unter und hinter so gut wie jedem Baum und Strauch standen und ihre
kaum weinbergschneckengroßen Penisse zeigten. Man brauchte nur mit dem Fuß
aufzustampfen, schon verschwanden sie im Trippelschritt, um sich unter einem
anderen Baum aufzubauen und voll Hoffnung zur Schau zu stellen, was keiner
sehen wollte. Die Abiturienten des Bergwerkstechnikums machten vor Freude einen
solchen Lärm, dass sich die kleinen Bewohner des Sobieski-Parks hastig unter
dem Laub verkrochen und die größeren hinaus auf die Straße stürzten, wo sie,
ins ungewohnte Licht blinzelnd, auf und ab stapften, die Mantelschöße
zusammenhielten und warteten, dass die Veranstaltung im Park zu Ende ging.
Welch eine Qual, so zwischen Frauen herumzuspazieren und nichts zu zeigen!
    Nach dem Abitur wurde Stefan zum
Oberbergmann befördert, der höher gestellt ist als der gewöhnliche Bergmann
und dem der Weg nach oben, zum Steiger, offen steht. So ein Steiger, der hat
ein Leben, Herr im Himmel! In Stefan prickelte es, bis ihm Blasen aus der Nase
kamen, und dann musste man ihn dauernd erschrecken, weil er chronischen
Schluckauf bekam. Er ließ sich von Jadzia erschrecken, schluckte löffelweise
Zucker und hielt den Atem an, bis er puterrot anlief, aber nichts half. Einmal
hielt der Schluckauf eine ganze Woche an, und erst der alte Doktor Jedwabny,
ein Zahnarzt mit Privatpraxis in Szczawienko, konnte etwas dagegen tun. In der
staatlichen Arztpraxis hatten sie keine Ahnung, warum Stefan Chmura, zweiundzwanzig,
einen solchen Schluckauf hatte, und verschrieben ihm Multivitamine. Dabei war
dieser schwere und langwierige Anfall von Schluckauf die Folge von Stefan
Chmuras Teilnahme an der Bierkneipe, zu der beileibe nicht jeder Zugang hatte.
Was für eine Ehre! Stefan kann bis heute nicht glauben, dass er dort gewesen ist
und das alles mit eigenen Augen gesehen hat. Grzebieluch hatte ihn mitgenommen,
denn so ein gewöhnlicher Oberbergmann konnte eigentlich nur davon träumen,
zwischen so hohen Tieren zu sitzen, zu trinken und an einer Haxe zu knabbern.
In einer solchen Kneipe darf man nur Bier trinken. An der Tür wird
kontrolliert, und wenn sie im Hosenbein oder unter dem Gürtel eine Flasche
finden, dann wird die in einen Kessel entleert, alles in ein und denselben,
egal, ob im Laden Gekaufter oder Selbstgebrannter aus Kirschen oder Kräutern.
Das schnitt einem richtig ins Herz, zuzugucken, wie sie das auskippten. Stefan
sah den schäumenden Strom, und das Wasser lief ihm im Munde zusammen. So vielen
wurde was abgeknöpft, dass an die hundert Liter Molotowcocktail zusammenkamen.
Molotowcocktail, so nannten sie das Alkoholgemisch in dem Kessel, Stefan
versuchte sich alles so genau wie möglich zu merken, aber ringsum geschah
einfach zu viel. Vize Mrugala selbst war der Vorsitzende des Höchsten und In Fragen des Bieres Unfehlbaren Präsidiums . In Galauniform,
jede Menge Orden auf der Brust, so eine Würde, dass man Angst hatte,
hinzugucken. Ein Orden mit einem Bierseidel darauf leuchtete wie die Sonne.
Grzebieluch, der hat Glück, dass er zu so einer Persönlichkeit nach Hause eingeladen
wird, aber ehrlich. Der Bursche weiß, wo's lang geht. Neben dem Vorsitzenden
der Major Fuchs in der Mütze mit Fuchsschwanz, der Priester Bierarius wie ein
Priester eben, nur die Stola in den Bergmannsfarben schwarz-grün und mit den
Hämmern des Bergmanns geschmückt, daneben Icek Lapcycek [Icek
Lapcycek - höhnisch, pseudojiddisch, etwa »Itzig Tittengrabscher«] . Ach,
dieser Icek, das war echt eine komische Nummer. Und die Tische, eine Pracht, so
viel Geselchtes und Blutwurst und Haxen, wie man sie sonst wohl nur auf einer
Dorfhochzeit sah. Die Füchse aus der Grundstufe der Bergbauschule schenken nur
nach und tragen auf. Alle sind entweder in Uniform oder im Anzug mit Oberhemd.
Stefan hat es dumm angestellt, er ist im Pullover gekommen wie ein Depp, aber
vielleicht war das auch gut so, denn die Gesellschaft hatte was zu lachen. In
der Kneipenregel steht, wer im Pullover kommt, der wird bestraft. Sogleich
ergriff ihn die Zechwache, und er bekam eine Reihe Hiebe mit einem Arschziemer.
So eine Strafe vor allen,
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