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BASTET (Katzendämmerung) (German Edition)

BASTET (Katzendämmerung) (German Edition)

Titel: BASTET (Katzendämmerung) (German Edition)
Autoren: Arthur Gordon Wolf
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weiches Fleisch. Meine Geliebte brach stöhnend zusammen. Blut und Haut spritzten durch die Luft.
    Mit hervorquellenden Augen streckte sie mir ihren Arm entgegen. Mit einem Schmerz, der dem ihren kaum nachstand, ergriff ich ihre Hand. Ich hielt sie fest und konnte sie doch nicht retten. Meine Verzweiflungsschreie dröhnten wie irrsinnig in meinen Ohren.
    »Warte!«, röchelte sie. Zwischen ihren Lippen war Blut. Etwas wie ein Lächeln lag auf ihnen. »Ich lass' Dich nicht allein.«
    Nur Augenblicke später vergrub der Liger seine Zähne in ihrem Hals. Ich spürte nicht, wie er mir dabei mit einer vorschnellenden Pranke den halben Unterarm aufriss. Ich starrte nur auf Fontänen von Blut, in denen sich die Bestie suhlte. In Agonie nahm ich Nataschas schreckgeweitetes Gesicht wahr, aus dem das Leben fast entwichen war. Mit einem mächtigen Ruck zog das mörderische Tier seine Beute vom Gitter weg. Unsere Hände glitten auseinander. Meine letzte Verbindung zu Natascha war zerstört. Auf ewig.
    Kurze Zeit später fand mich ein Nachtwächter, der durch meine Schreie alarmiert worden war. Noch heute habe ich seine Worte im Ohr. »Oh, Gott!!« hatte er gekeucht. »Oh, mein gütiger, allmächtiger Gott!!« Immer wieder.
    Ich halte die Hände vors Gesicht geschlagen. Tränen rinnen zwischen den Fingern hindurch. Mir ist, als wenn ich alles erst gestern durchlitten hätte. Der Schmerz in meiner Seele ist nicht geringer geworden. Ich betrachte meinen linken Arm. Er sieht wieder ganz passabel aus. Die Narben sind kaum mehr zu sehen. Manche Wunden heilen schnell, andere dafür nie.
    Unter Tränen blicke ich auf eine gerahmte Fotografie; ich weiß eigentlich nicht, warum ich gerade dieses Bild aus Nataschas Büro geholt habe. Es ist die Aufnahme ihrer Urgroßeltern. Ich drehe das Bild zum Fenster, um es genauer betrachten zu können. Noch immer schaut mich der schnurrbärtige Mann ernst an, noch immer lächeln die Araber und noch immer schwenkt der rufende Bursche auf dem Felsen sein Gewehr. Nur die Frau wirkt seltsam verändert. Sie steht nun deutlich vor der Gruppe und lacht der Kamera (mir) zu. Sie hat ihren Hut abgenommen und lässt ihr volles, schwarzes Haar im Wind wehen. Es ist Natascha, freudig strahlend winkt sie mir zu. Natascha. Einen Herzschlag später ist die Vision verschwunden. Ich lache laut auf. Ein hässliches, krächzendes Geräusch. Es entbehrt sicher nicht einer gewissen tragischen Komik, dass ich, der Fotograf, niemals auch nur ein einziges Foto von meinem schönsten Modell gemacht habe. Mein Lachen wandelt sich in Schluchzen. Nicht einmal ein Foto ist mir geblieben.
    Die Schritte sind noch immer unter meinem Fenster. Ich bilde mir ein, dass sie immer lauter werden. Wie lange wird dieser Spuk noch an meinen Nerven zehren? Kennen die Schicksalsmächte denn gar kein Erbarmen? Das leise Knirschen hat aufgehört. Zum letzten Mal? Bin ich endlich befreit?
    Ein Flüstern lässt mich zusammenschrecken. Die Worte klingen angenehm und zärtlich. Steh' auf, Thomas , rufen sie. Geh' ans Fenster. Ich warte auf Dich.
    Das Flüstern ist nur in meinem Kopf, k a n n nur in meinem Kopf sein. Trotzdem gehorche ich. Wie ein lächerlich naiver Charlie Brown habe ich die Hoffnung, dass mir dieses eine Mal niemand den Football wegziehen wird, dass ich dieses eine einzige Mal Glück haben werde.
    Ich habe mich gerade erhoben, als etwas hart gegen den angelehnten Fensterflügel schlägt. Kratzen und Scharren. Ein dunkler Schemen bewegt sich draußen auf der Fensterbank. Auf Zehenspitzen schleiche ich heran. Der trocknende Schweiß ist unangenehm kühl auf meiner Haut. Unendlich langsam tritt dieses Etwas aus dem Schatten heraus. Eine Katze. Es ist nur eine von diesen streunenden Nachtjägern. Ruhig sitzt sie am offenen Fenster und blickt mich an. Mein erster Impuls ist, sie mit einer Drohgebärde zu verscheuchen, doch dann besinne ich mich anders. Dieses Tier hier ist keines der gewöhnlichen Bastarde; in seiner gelassenen Haltung glaube ich so etwas wie Stolz zu erkennen. Die Katze verhält sich nicht wie ein neugieriger Einbrecher, eher wie jemand, der sich wie selbstverständlich in dieser Wohnung aufhält. Auch als ich näher komme, zeigt mein Besucher keine Regung. Seltsam. Aufmerksam betrachten mich ihre dunklen Augen. Ein Geräusch. Ich meine ein leises Lachen hinter ihr zu hören.
    Für einen Moment glaube ich das verlorene Kätzchen vor mir zu haben, welches nach langer Odyssee endlich zu ihrem Heim zurückgefunden hat. Wie
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