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BASTET (Katzendämmerung) (German Edition)

BASTET (Katzendämmerung) (German Edition)

Titel: BASTET (Katzendämmerung) (German Edition)
Autoren: Arthur Gordon Wolf
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letzte Besorgung machen. Zu oft schon hatte ich in den vergangenen Tagen vergeblich gehofft, ihr endlich in die Karten zu sehen. Ein Bus der Linie 14 hielt kurz auf der anderen Seite an. Zwei knutschende Teenager und ein farbiger älterer Mann stiegen aus. Für einen Moment verlor ich Natascha aus den Augen. Als der Bus wieder anfuhr, war der Bürgersteig leer. Nur das Pärchen stand da und küsste sich so hemmungslos, als befände es sich auf einer einsamen Insel.
    Ich fluchte laut vor mich hin, so laut, dass sich die beiden auf der anderen Seite doch gestört fühlten. Finster starrte mich der Junge an. »Verdammter Spießer!«, hörte ich ihn schimpfen. Eng umschlungen schlurften die zwei davon.
    Der Bus war schon fast verschwunden, als ich begriff, was zu tun war. In jedem zweiten Hollywood-Schinken brauchte ein Typ nur auf die Straße zu treten, den Arm zu heben oder zu pfeifen, und in garantiert weniger als drei Sekunden stand das freie Taxi vor ihm. Im wirklichen Leben musste man so ein Ding drei Monate im Voraus buchen. Ich hüpfte und sprang, aber keine der bananengelben Rostbeulen kam in Sicht. Um ein Haar hätte mich ein 30-Tonner überrollt; erst im allerletzten Moment hechtete ich zur Seite. Der Klang seiner ›Achtfach-Fanfare‹ riss mir fast die Ohren weg.
    Nach Ewigkeiten erwischte ich endlich einen Wagen. Der Fahrer war ein bulliger Dickwanst, der mich mit seinen Schweinsaugen anglotzte, als ob ich ihm die Füße dafür küssen müsste, in seinem Taxi mitgenommen zu werden. In meinen Ohren dröhnte noch immer die widerliche Hupe.
    »Nach Norden, der 14er Buslinie hinterher«, rief ich dem Kerl zu. Ich sprach so laut, als hätte ich einen voll aufgedrehten Walkman getragen; ein Teil war sicher auch meiner wachsenden Erregung zuzuschreiben. Ich durfte Natascha jetzt einfach nicht verlieren.
    Erst nach einem letzten abschätzenden Blick bequemte sich der Fahrer, das Gaspedal zu bedienen. Ich war erleichtert, nirgendwo im Wagen ein Schild mit der Aufschrift: ›VERRÜCKTE ZAHLEN DAS DOPPELTE‹ zu finden. Behäbig reihte sich das Taxi in den Strom der Pendler ein. Das Ganze dauerte mir viel zu lang. Besorgt fragte ich mich, wie viele Stationen der Bus seitdem angefahren hatte; zwei, drei … vier? Ich musste einfach darauf hoffen, dass Natascha bei keiner ausgestiegen war.
    An jeder Haltestelle der Linie 14 bat ich den Fahrer, langsamer zu fahren. Ihr Gesicht war nicht unter den Passanten. Je weiter wir nach Norden kamen, umso mysteriöser wurde die Angelegenheit. Was hatte meine Freundin in dieser Gegend hier verloren? Unsere Wohnung lag im Westen der Stadt, mindestens 7 Meilen entfernt. Wohnte hier der unbekannte Fremde, mit dem sie sich heimlich traf? Meine schweißnassen Finger krallten sich fest in den speckigen Kunststoffbezug der Rückbank. Wer oder was immer es auch sein mochte; heute würde ich es erfahren. Diese unerklärliche Zuversicht konnte mir kein Siegerlächeln entlocken. Ich empfand eine Heidenangst. Niemand zwingt Dich, hinter ihr her zu spionieren , sagte ich mir. Niemand zwingt Dich, in den dunklen Keller hinabzusteigen.
    Ich wollte den Fahrer gerade zum Wenden veranlassen, als das blau-graue Heck des Busses vor uns auftauchte. Ich hörte, wie eine eiserne Tür hinter mir ins Schloss fiel. Es gab kein Zurück mehr. Zögernd nahm ich die erste Stufe der Treppe, deren Ende sich in unergründlichen Tiefen der Finsternis verlor.
    »Bleiben Sie hinter dem Bus«, raunte ich dem Dicken zu. Von jetzt an konnte mir kein Fahrgast mehr entwischen. Bei jedem neuen Halt fuhren wir rechts ran und warteten. Haltestelle für Haltestelle das gleiche Spiel. Meine Nervosität nahm schmerzhafte Züge an. Irgendwann musste sie doch einmal aussteigen. »Sind'se hinter wem her?«, fragte mich der Fahrer plötzlich. Der Kerl war wirklich ein Ausbund an Intelligenz.
    »Nein«, sagte ich, »ich komme von den Verkehrsbetrieben und kontrolliere, ob die Busse ihre vorgeschriebenen Wartezeiten einhalten. Wir hatten 'ne Menge Beschwerden deswegen.« – »Ahh so«, machte der Dicke. Für die nächsten beiden Haltestellen war er bedient.
    Als sein Gehirn die Information endlich verarbeitet hatte, kratzte er sich umständlich das rechte Ohr. »Komischer Job, so was«, murmelte er sich in seinen Bart. Der Bus hielt gerade zum x-ten Male vor uns. »Da vorn is' übrigens die Endstation von der 14.« Seine Augen bekamen einen gierigen Glanz. »Wollen'se nich' auch die Tour zurück kontrollieren, jetzt wo se die ganze
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