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Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo

Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo

Titel: Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo
Autoren: Jonathan Stroud
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goldfarbenen Augen an. Die drei geflügelten Dschinn, die hinter dem Thronsessel schwebten und Obst, Wein sowie Süßigkeiten für den verwöhnten Gaumen des Königs bereithielten, zitterten so heftig, dass die Teller und Gläser in ihren Händen klirrten. Oben im Dachgebälk fielen die Tauben und Schwalben von ihren Schlafplätzen und flatterten zwischen den Säulen hindurch in die sonnendurchfluteten Gärten hinaus. Und die vierhundertsiebenunddreißig Menschen – Zauberer, Höflinge, Ehefrauen und Bittsteller –, die an jenem Morgen im Saal versammelt waren, neigten den Kopf, scharrten mit den Füßen und blickten zu Boden.
    Nur ganz, ganz selten, auch nicht in Kriegs- oder Liebesdingen, hob der König die Stimme. Und wenn es einmal vorkam, bedeutete es nichts Gutes.
    Am Fuß der Treppe verneigte sich Salomos Wesir, so tief er konnte. »Tot. Leider, Herr. Immerhin hat er Euch ein außergewöhnliches kleines Kunstwerk hinterlassen.«
    Ohne sich aufzurichten, zeigte er mit ausgestrecktem Arm auf den Sockel neben sich. Darauf stand die goldene Figur einer Schlange.
    König Salomo betrachtete die Figur. Im Saal war es totenstill. Die Löwenafriten schauten, die samtenen Vorderpfoten übereinandergelegt, blinzelnd auf die Menschen hinunter und schlugen nur ab und zu mit dem Schwanz. Die Dschinn über dem Thron verharrten wartend in der Luft und rührten nur gelegentlich die Adlerschwingen. Die Vögel draußen im Garten waren verschwunden. Schmetterlinge huschten wie Sonnentupfen zwischen den prächtigen Bäumen umher.
    Schließlich richtete sich der König auf seinem Zedernthron wieder auf und sprach: »Die Figur ist wirklich sehr schön. Der arme Ezechiel hat mir mit seiner letzten Tat einen guten Dienst erwiesen.« Salomo bedeutete den Dschinn mit erhobener Hand, sie sollten ihm Wein einschenken, und da es die rechte war, ging eine Welle der Erleichterung durch den Saal. Die Anspannung wich von den Zauberern, die Ehefrauen fingen wieder an zu zanken, und die Bittsteller aus einem Dutzend Länder hoben den Kopf und schauten den König in furchtsamer Verehrung an.
    Salomo war keineswegs hässlich. In seiner Jugend war er von den Pocken verschont geblieben, und auch jetzt, in mittleren Jahren, war seine Haut glatt und zart wie die eines Kindes. Fünfzehn Jahre saß er nun schon auf dem Thron, doch er hatte sich kaum verändert. Er hatte dunkle Augen, zartbraun getönte Haut und langes schwarzes Haar, das ihm offen über die Schultern fiel. Seine Nase war lang und gerade, die Lippen waren voll, die Augen nach ägyptischer Mode mit grünschwarzem Kajal umrahmt. Er war in herrliche Seidengewänder gekleidet – ein Geschenk der Zauberpriester von Indien – und üppig mit Schmuck aus Gold und Jade behängt, er trug Ohrringe aus Saphiren, Ketten aus nubischem Elfenbein, Bernsteinperlen aus Kimmerien. An seinen Handgelenken klimperten silberne Armreifen und um einen Knöchel hatte er ein dünnes Goldband geschlungen. Sogar seine Ziegenlederstiefel, ein Hochzeitsgeschenk des Königs von Tyros, waren mit Gold und Halbedelsteinen besetzt. Nur die schlanken Hände waren bar aller Juwelen und anderen Zierrats – bis auf den kleinen Finger der linken, den ein Ring schmückte.
    Der König wartete, bis die Dschinn den goldenen Weinpokal gefüllt hatten, er wartete, bis sie mit goldenen Gabeln Beeren aus den windumtosten Bergen Anatoliens sowie Eisstücke von den Gipfeln des Libanon-Gebirges dazugegeben hatten. Das Volk ließ ihn derweil nicht aus den Augen, sonnte sich im Glanz seines Ruhmes, der strahlte wie die Sonne selbst.
    Das Eis wurde untergemischt, der Trunk war bereitet. Mit lautlosen Schwingenschlägen zogen sich die Dschinn hinter den Thron zurück. Salomo betrachtete den Kelch, trank jedoch nicht, sondern wandte sich wieder dem Saal zu.
    »Meine Zauberer«, sprach er einen Halbkreis von Männern und Frauen ganz vorn in der Menge an, »ihr habt eure Sache gut gemacht. In einer einzigen Nacht habt ihr viele hochinteressante Gegenstände aus der ganzen Welt herbeigeschafft.« Mit dem Pokal deutete er auf die siebzehn vor dem Thron aufgereihten Sockel, auf denen jeweils eine Kostbarkeit prangte. »Alle diese Gegenstände sind zweifellos außergewöhnlich und werden ein Licht auf die Kulturen unserer Vorfahren werfen. Ich werde mich ihnen mit Interesse widmen. Du kannst sie jetzt wegbringen lassen, Hiram.«
    Der Wesir, ein kleiner, dunkelhäutiger Zauberer aus dem fernen Kusch, nahm Haltung an und erteilte den
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