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Barrayar

Barrayar

Titel: Barrayar
Autoren: Lois McMaster Bujold
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besichtigten die Truppen ihn, damit er lebendig gesehen wurde und so schließlich Vordarians Gerüchte über seinen Tod zerstreute. Cordelia fuhr mit ihm.
    Seine stille Verstörtheit tat ihr im Herzen weh, aber es war ihrer Meinung nach besser so, als wenn man zuerst vor ihm paradiert und dann erst über Kareen erzählt hätte. Wenn sie es in diesem Falle hätte ertragen müssen, dass er während der ganzen Fahrt immer wieder gefragt hätte, wann er denn seine Mutter wieder sehen könnte, dann wäre sie am Ende selbst zusammengebrochen .
    Kareens Bestattung war öffentlich, allerdings viel weniger zeremoniös, als sie unter weniger chaotischen Umständen stattgefunden hätte. Zum zweiten Mal in einem Jahr musste Gregor ein Opferfeuer entzünden. Vorkosigan bat Cordelia, Gregors Hand mit der Fackel zu führen. Dieser Teil der Trauer-Zeremonie erschien ihr fast überflüssig nach dem, was sie der Residenz angetan hatte. Cordelia warf eine üppige Locke ihres eigenen Haars in das Feuer. Gregor klammerte sich eng an sie.
    »Werden die mich auch umbringen?«, flüsterte er ihr zu. Er klang dabei nicht geängstigt, sondern nur auf morbide Weise neugierig. Vater, Großvater, Mutter – alle in einem Jahr gestorben: kein Wunder, dass er sich als Ziel fühlte, obwohl in seinem Alter sein Verständnis für den Tod noch konfus war.
    »Nein«, sagte sie entschlossen. Ihr Arm fasste kräftiger um seine Schulter. »Ich werde sie nicht lassen.« Gott helfe ihr, diese unbegründete Zusicherung schien ihn wirklich zu trösten.
    Ich werde für deinen Sohn sorgen, Kareen, dachte Cordelia, als die Flammen emporloderten. Dieser Schwur war teurer als alle Geschenke, die da verbrannt wurden, denn er band ihr Leben untrennbar an Barrayar. Aber die Hitze auf ihrem Gesicht milderte ein wenig den Schmerz in ihrem Kopf.
    Cordelias Seele fühlte sich wie eine erschöpfte Schnecke, in einer Schale aus gläserner Benommenheit. Sie bewegte sich wie ein Automat durch den Rest der Zeremonie, obwohl es blitzartige Augenblicke der Klarheit gab, wenn ihre Umgebung überhaupt keinen Sinn machte. Die versammelten barrayaranischen Vor reagierten auf sie mit einer starren, tiefen Förmlichkeit. Sie halten mich sicher für verrückt und gefährlich, eine Wahnsinnige, die von allzu nachsichtigen Verwandten aus der Dachkammer gelassen wurde. Schließlich dämmerte es ihr, dass die übertriebenen Höflichkeiten der Vor Respekt bedeuteten.
    Es machte sie wütend. Kareens ganze Tapferkeit des Erduldens hatte ihr nichts gebracht. Lady Vorpatrils tapfere und blutige Entbindung wurde für selbstverständlich genommen, aber wenn man irgendeinem Idioten den Kopf abschlägt, dann war man wirklich jemand – bei Gott!
    Aral brauchte, als sie zu seinem Quartier zurückgekehrt waren, eine Stunde, um sie zu beruhigen, und dann hatte sie einen Weinkrampf. Er hielt es aus.
    »Wirst du davon Gebrauch machen?«, fragte sie, als die pure Müdigkeit sie wieder zu einem Anschein von Gefasstheit brachte. »Von diesem, diesem … meinem erstaunlichen neuen Status?« Wie sie das Wort verabscheute, das in ihrem Mund so sauer schmeckte.
    »Ich werde alles gebrauchen«, versprach er ruhig, »wenn es mir helfen wird, in fünfzehn Jahren Gregor als geistig gesunden und fähigen Mann auf den Thron zu bringen, der eine stabile Regierung führt. Dich gebrauchen, mich gebrauchen, was immer notwendig ist. So viel zu zahlen und dann zu scheitern, das wäre unerträglich.«
    Sie seufzte und legte ihre Hand in die seine. »Im Falle eines Unfalls spende auch meine übriggebliebenen Körperteile. Das ist die betanische Sitte. Vergeude nichts.«
    Er schürzte hilflos seine Lippen. Gesicht an Gesicht lehnten sie einen Augenblick lang ihre Stirnen aneinander und umarmten sich. »Das will ich nicht.«
    Ihr stummes Versprechen an Kareen wurde zur Politik, als sie und Aral vom Rat der Grafen offiziell zu Gregors Vormunden bestellt wurden. Das war juristisch irgendwie verschieden von Arals Vormundschaft des Reiches als Regent. Premierminister Vortala nahm sich die Zeit, ihr darüber einen Vortrag zu halten und ihr klarzumachen, dass ihre neuen Pflichten keinerlei politische Vollmachten einschlossen. Sie hatte wirtschaftliche Funktionen, einschließlich der Treuhänderschaft über gewisse Vorbarra-Besitztümer, die vom kaiserlichen Besitz getrennt waren und strikt zu Gregors Titel als Graf Vorbarra gehörten. Und durch Arals Auftrag erhielt sie die Aufsicht über den Haushalt des Kaisers. Und seine
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