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Barcelona. Eine Stadt in Biographien: MERIAN porträts (MERIAN Digitale Medien) (German Edition)

Barcelona. Eine Stadt in Biographien: MERIAN porträts (MERIAN Digitale Medien) (German Edition)

Titel: Barcelona. Eine Stadt in Biographien: MERIAN porträts (MERIAN Digitale Medien) (German Edition)
Autoren: Wolfhart Berg
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er sein Erbe antritt, da hat er in Barcelona Politik, Kunst, Theologie und Ökonomie studiert. Er reist nach London und Paris zu Sprachstudien, nach Kuba und Nîmes, um industrielle Führung zu praktizieren. Mit dem Vermögen erbt er auch den Unternehmergeist der Familie und investiert in Schiffbau, Stahl, Portlandzement, einheimisches Gas und in Caixa-Aktien.
    EIN HERZ FÜR »SENY« UND »RAUXA«
    Sozial sensibilisiert, gläubig, weit gereist und humanistisch gebildet, wird Eusebi Güell zu einem »molt senyoral«, wie Barcelona ihn heute noch betitelt, zu einem Grandseigneur, mit Herz für »seny« und »rauxa«. Er wird größter Kunstförderer der Stadt und wirkt auch als politischer Visionär, was die rechtliche und finanzielle Absicherung seiner Arbeiter angeht. Ein großer Mäzen, ähnlich wie einst Krupp mit seinen Arbeitersiedlungen in Essen oder wie heute der Software-Milliardär Bill Gates mit seinen Afrika-Stiftungen.
    Ein fast drei Meter hoher Glasschrank mit einem schmiedeeisernen Ornament oben und Mahagonistützen unten drunter erregt die Aufmerksamkeit von Eusebi, als er 1878 anlässlich der zweiten Pariser Weltausstellung den spanischen Pavillon besucht. Er erkundigt sich nach dem Schöpfer dieses skurrilen Kunstwerkes – und trifft bald darauf
Antoni Gaudí
in Barcelona. Da ist Güell 32  Jahre alt, Gaudí 36 . Es funkt sofort zwischen den beiden.
    Bei gemeinsamen Gottesdienstbesuchen, vielen Besichtigungen der ersten Bauarbeiten an der Sagrada Família 38 ( ▶ G 1 ) und 50 -minütigen Kutschfahrten – Güell immer mit schwarzem Zylinder – von den Ramblas bis hinauf zur
Finca Güell
in Pedralbes lernen sie sich achten. Gaudí schätzt insbesondere den Reichtum seines lebenslangen Mäzens und dessen Kontakte zu anderen großbürgerlichen Auftraggebern. Güell bittet ihn 1884 um die Errichtung einiger Pavillons und des Eingangstors zur
Finca Güell
mit den Worten: »Du kannst ausgeben so viel Du willst, Hauptsache, es wird schön.«
    Gaudí wirft beim Bau der Finca Güell nicht nur mit Peseten um sich, sondern mit allem kreativen, technischen und künstlerischen Know-how, was das junge Jugendstilgenie zu bieten hat. Eine Umfriedungsmauer voller Mosaikmuster, ein Pferdestall mit parabolförmigen Bögen und ein achteckiges Pförtnerhäuschen gehören zu seinen originellen Frühwerken. Wer aber heute die
Diagonal
in westlicher Richtung stadtauswärts bis zur
Avinguda de Pedralbes no 7
fährt, traut beim Anblick des Haupteingangstores seinen Augen nicht. Da steht ein Fantasiegebilde aus bunten Kacheln, märchenhaften Keramikmustern und einem schmiedeeisernen Drachen, der mit seinem riesigen Maul und gespreizten Flügeln echt furchterregend wirkt. Beim Öffnen des Tores bewegen sich auch heute noch seine Klauen. Ein Portal wie der Eingang zum Jurassic Park. Mit dem Ausbau der Diagonal stadtauswärts wird das Gelände in den 90 er-Jahren des 20 . Jh. geteilt. Die Pferdeställe dienen heute der Universität Barcelona als Königlicher Gaudí-Lehrstuhl für Architekturstudenten.
    Obwohl mit Gaudí eng befreundet, plant Eusebi Güell 1885 seinen neuen Familiensitz nicht wie Barcelonas Oberschicht im Stadtteil Eixample. Er bleibt seinen Ramblas treu. Gaudí soll den
Palau Güell
28 ( ▶ G 6 ) auf dem Grundstück neben dem Elternhaus in der
Carrer Nou de la Rambla no 3 – 5
errichten. Er schafft eine skurrile Mischung aus Festung und Fantasy-Schloss, mit einer Fassade, die an einen venezianischen Palast erinnert und zwei riesige Tore für die Einfahrt von Pferdekutschen bietet. Zentrum ist eine Halle, drei Etagen hoch im maurischen Stil und mit einer Kuppel gekrönt, die tagsüber eine Art Sternenhimmel hervorzaubert. Seltene Teakhölzer für Zimmerdecken und Treppenaufgänge, blutroter Marmor für die Bäder, wild verschnörkelte Eisenfiguren zeigen den ganzen Modernisme-Reichtum. Bis 1936 wurde der
Palau
von der Familie Güell bewohnt. Während des Bürgerkriegs 1936 bis 1939 nutzen ihn die Republikaner als Kaserne und Gefängnis, Anarchisten verwüsten viele Inneneinrichtungen. Seit 1945 gehört der Palast der Stadt, wird, nunmehr als UNESCO -Weltkulturerbe, in den letzten Jahren gründlich restauriert.
    DIE COLÒNIA GÜELL – EIN DORF FÜR ARME
    Eusebi Güell bewohnt mit seiner Familie diesen Palast bis 1910 , muss aber zum Ende des 19 . Jh. in Barcelona große soziale Unruhen miterleben: Das Attentat auf den Wehrbereichskommandanten Campos, Anarchistenbomben im Opern-Olymp »Liceu« 16 ( ▶ G
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