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Bannsänger

Bannsänger

Titel: Bannsänger
Autoren: Alan Dean Foster
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Klee barst zart unter seinen Sandalen, und kleine fliegende Dinger brachen in Panik aus dem Gras unter seinen Füßen hervor, um sich rasch in anderen Nischen des schützenden Grüns zu verbergen.
    Helles Sonnenlicht erfüllte die Lichtung. Vögel sangen seltsame Lieder. Schmetterlinge mit Buntglasflügeln krönten die Tulpen.
    Der Otter, der die ersten Bäume erreicht hatte, zögerte unter einer dunkelbraunen Platane und zog sein Schwert halb aus der Scheide. »Mir is nich bang vor dir, Dämonenmann. Komm näher, und ich piek dich noch mal!« Aber während es seine mutige Herausforderung äußerte, zog sich das Tier langsam in den Wald zurück, suchte rechts und links nach einem Fluchtweg.
    »Ich will dir nichts tun.« Jon flüsterte die Worte, zum einen wegen der Schmerzen, zum anderen weil er das Wesen nicht erschrecken wollte. »Ich will einfach nur aufwachen, das ist alles.« Tränen traten ihm in die Augen. »Bitte laß mich aufwachen! Ich möchte raus aus diesem Traum und zurück an die Arbeit. Ich nehme nie wieder einen Zug, ehrlich! Es tut weh.«
    Er blickte über die Schulter zurück und betete darum, sein überfülltes kleines Zimmer mit der abblätternden Decke und den schmutzigen Fenstern zu sehen. Statt dessen sah er nur noch mehr Bäume, Tulpendinger und Glasschmetterlinge. Ein schmaler Bach verlief dort, wo eigentlich sein Bett stand.
    Er wandte sich wieder dem Otter zu, trat einen Schritt vor, stolperte über einen Felsbrocken und fiel, geschwächt durch den Blutverlust. Der Geruch von Pfefferminze und Heidekraut stieg ihm in die Nase.
    O Gott! Bitte, laß mich nicht in einem Traum sterben... Einzelheiten strömten auf ihn ein, als er die Augen wieder öffnete. Es war hell draußen. Er war auf seinem Bett eingeschlafen, hatte bis zum Morgen durchgepennt und das Buch nicht gelesen. Und um acht hatte er bei einer Vorlesung über brasilianische Regierungsgeschichte zu erscheinen.
    Nach der Intensität des Lichts zu urteilen, hatte er kaum genug Zeit, sich zurechtzumachen, seine Bücher und Notizen zu schnappen und bis zur Uni zu kommen. Und er mußte Shelly ein paar passende Worte sagen, weil er ihn nicht vor der Potenz des von ihm verkauften Stoffs gewarnt hatte.
    Und es war komisch, wie sehr ihm die linke Seite weh tat.
    »Muß aufstehen«, murmelte er benommen.
    »'Ee, immer langsam, Chef!« sagte eine Stimme, weder seine eigene noch die von Shelly, und doch vertraut. »Nich so 'astig!
    'Ast ziemlich einen abgekriegt, als du gefallen bist.«
    Jons Lider klappten hoch. Ein borstigpelziges Gesicht mit tanzenden schwarzen Augen starrte ihn unter dem Rand einer hellgrünen Spitzkappe entgegen. Jons Augen weiteten sich. Einzelheiten des Traums stürzten in sein Denken. Das Tiergesicht zog sich zurück.
    »Und probier keinen deiner Dämonentricks an mir... falls du welche 'ast!«
    »Ich...« Jon konnte sich nicht entscheiden, ob er dem dumpfen Klopfen im Kopf oder dem Schmerz an der Hüfte mehr Aufmerksamkeit schenken sollte. »Ich bin kein Dämon.«
    Der Otter produzierte ein zufrieden zwitscherndes Geräusch.
    »Äh! 'Ab ich eigentlich auch nie gedacht. 'Ab ich die ganze Zeit gewußt, 'ab ich das. Erstens würd sich 'n Dämon nie so leicht pieken lassen wie du, und zweitens fallen die nich flach auf die Fresse, wenn sie ihre Beute verfolgen. Der schlechteste Levitationsversuch, der mir je untergekommen is. Dachte mir, ich 'ätt dich wegen meinem Ärger über die entgangene Beute wohl falsch beurteilt, und 'ab dir des'alb den kleinen Piekser verbunden. Schätze, du bist bloß ein Mensch, wa? Nichts für ungut, Kumpel!«
    Jon sah an sich herunter. Sein Hemd war hochgezogen. Ein primitiver Verband aus einem faserigen Material war mit einem Schlangenhautriemen um die Taille befestigt. Ein dumpfer Schmerz meldete sich aus der bandagierten Körperregion. Er fühlte sich, als hätte man ihn als Punchingball benutzt.
    Er setzte sich langsam auf und nahm erneut Notiz von seiner Umgebung. Er war nicht in seinem Apartment – ein winziges, elendes Loch, das ihm jetzt so erstrebenswert und unerreichbar erschien wie der Himmel.
    Traumbäume spendeten Traumblumen weiterhin ihren Schatten. Unter ihm bildeten Gras und blauer Klee eine frühlingshafte Matratze. Traumvögel sangen oben in den Ästen, nur daß sie keine Vögel waren. Sie hatten Zähne und Schuppen und Klauen an den Flügeln. Ein Glasschmetterling ließ sich auf Jons Knie nieder, befächerte ihn mit Saphirschwingen und flatterte davon, als er versuchsweise
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