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Bannsänger

Bannsänger

Titel: Bannsänger
Autoren: Alan Dean Foster
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sich dem Rathaus näherten.
    »Mein Junge«, sagte Clodsahamp, »falls du auch nur halb so alt werden solltest wie ich, wirst du lernen, daß Liebe etwas Dauerhaftes ist. Lust hingegen etwas Vorübergehendes. Bist du sicher, daß du dir über Grad und Richtung deiner Gefühle im klaren bist? Denn falls du im ersteren ertrinkst, hast du von ganzem Herzen meine Unterstützung. Falls es nur das letztere ist, dann habe ich nur Mitgefühl für deine Abhängigkeit von den Torheiten und Narreteien der Jugend, die eng mit rein körperlichen Angelegenheiten verknüpft sind.«
    »Für mich ist es nun mal körperlich.« Jon rammte das Keulenende seines Stabs bei jedem Schritt in die Straße. »Und überhaupt, Sie können darin nicht objektiv sein. Sind Schildkröten in solchen Angelegenheiten nicht von Natur aus langsam und träge?«
    »Gelegentlich ja, manchmal nein. Wichtig ist die geistige Reaktion, die man hat, denn es ist der Geist, der zwischen Liebe und Lust unterscheidet, nicht der Körper. Laß deine Keimdrüsen für dich denken, mein Junge, und du bist nicht besser als eine Echse.«
    »Für Sie ist das leicht zu sagen; ich kann mir vorstellen, daß das innere Feuer nach zweihundert und mehr Jahren kaum noch glimmt.«
    »Wir sprechen nicht über meine Situation, sondern über deine.«
    »Nun, ich versuche mich zu kontrollieren.«
    »Gut, mein Junge. Dann schlage ich vor, daß du nicht weiter versuchst, Wasser unter der Straße zu finden.«
    Jon-Tom entlastete seinen Stab.
    Mudge schlenderte selbstbewußt neben dem jungen Mann her. Er badete übermütig in der Aufmerksamkeit der Passanten, die stehen blieben und ihnen nachstarrten. Pog flatterte majestätisch über ihnen dahin, schoß an luftigen Wohnungen vorbei, an deren Bewohnern scheinbar uninteressiert. Obwohl Clodsahamp nicht mit Verrat rechnete, bestand er doch darauf, daß sein Gehilfe sicher außer Pfeilschußweite blieb. Pog war ihre Verbindung zu der unausgesprochenen Drachen-Gefahr, die beim Hafentor schlief.
    »Wir tsind da, meine Herren.« Der Biber blieb stehen und dirigierte sie weiter. Sie erklommen einige Steinstufen. Auf beiden Seiten des gewölbten Eingangs standen zwei Wachtposten. Sie salutierten zackig, ihre Rüstungen glänzten in der Sonne und waren Beweis für fleißiges Polieren. Beulen im Metall legten Zeugnis von anderen Aktivitäten ab.
    Das Leben um den Brunnen auf dem kleinen Rathausplatz kehrte schnell zur Alltäglichkeit zurück. Jon-Tom hielt inne, um die friedliche Szenerie zu betrachten.
    Eine junge Wölfin bemutterte zwei Junge. Hasen- und Bisamkinder spielten eine Art Hockey. Zwei Alte plauderten über irgend etwas, vielleicht über das Wetter oder über Politik. Das grauhaarige Opossum hing an einem Eichenast, während sein Partner, ein fetter Fuchs in einem dicken Mantel, unter ihm auf einer Bank saß. Der Umstand, daß der eine die entgegengesetzte Haltung zur Schwerkraft einnahm wie der andere, hatte keinen Einfluß auf ihr Gespräch.
    Ein Uhrmacher und der Besitzer eines Kerzenladens standen in den Türen ihrer Geschäfte und unterhielten sich angelegentlich. Ein Kunde betrat das Uhrengeschäft, und sein Eigentümer, ein Gibbon mit einer Schürze, folgte ihm widerwillig, um seinem Geschäft nachzugehen.
    Vielleicht ist der warme Tag ein gutes Omen, überlegte Jon- Tom. Es war schwer, sich vorzustellen, daß alle, die hier tratschten oder herumtollten, schon bald tot oder in Sklaverei sein mochten.
    Es sah herzzerreißend normal aus. Er hatte das Gefühl, nur blinzeln zu müssen, um seinen Geist umzustellen – und wenn er die Augen wieder öffnete, saßen dort alte Männer und würden reden, Mädchen und Jungen würden rennen und spielen. Und doch waren dort ja alte Männer, Jungen und Mädchen, nur daß sie von unterschiedlicher Gestalt und von warmem Pelz bedeckt waren. Es war das warme Blut, das zählte. Alles übrige war äußerlich, oberflächlich.
    Er wandte sich um und blickte in den vor ihnen liegenden Durchgang. Sie würden einem wohl feindseligen, auf jeden Fall mißtrauischen Rat gegenüber treten und ihn von der drohenden Gefahr über zeugen müssen. Irgendwie würde er die Magie meistern müssen, die seiner Duar und seiner Stimme innewohnte. Er trat keiner Gruppe von Hochschullehrern gegenüber, hatte nicht vor, eine Magisterarbeit über irgendeinen unbedeutenden Abschnitt der Geschichte vorzulegen. Millionen von Leben standen auf dem Spiel. Die Zukunft dieser Welt und vielleicht die seiner eigenen.
    Nur... daß
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