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Bankgeheimnisse

Bankgeheimnisse

Titel: Bankgeheimnisse
Autoren: Anne Sievers
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Handtuch und hielt es sich vor den Mund.
    »Es geht ihr den Umständen entsprechend gut«, fuhr er in demselben unbeteiligten Gesprächston fort. »Sie ist sogar erstaunlich gefaßt, alles in allem. Weißt du, was sie mir zum Abschied sagte? Sie sagte, du hättest ihr dabei geholfen, das durchzustehen, was sie mit ihr taten. Dabei meinte sie nicht die Schläge, auch nicht die glühenden Zigaretten, die sie auf ihren Fußsohlen ausdrückten. Sie meinte das andere. Du weißt, was. Sie sagte, wenn du als halbes Kind dasselbe durchstehen konntest und als gesunder, heiler Mensch daraus hervorgehen konntest, willens und imstande, danach noch einen Mann zu lieben, würde sie es auch können.« Johanna versuchte, etwas zu sagen, aber ihre Stimme gehorchte ihr nicht.
    »Natürlich wird sie es schaffen. Ich kenne meine Schwester. Und Ernesto wird ihr helfen. Er hat ihren Schänder bestraft. Den Rest wird die Zeit erledigen.«
    Johanna ließ das Handtuch sinken und sah ihn an. Ihr Gesicht war so weiß wie das Kissen hinter ihr. »Ihr habt ihn wie ein Tier geschlachtet.«
    »Er war nicht besser als ein Tier.«
    »Was hast du empfunden, als Ernesto es tat?«
    Er wandte den Kopf zur Seite, aber sie hatte den Ekel und die Qual in seinem Blick gesehen. »Was soll ich dir dazu sagen?« Seiner Stimme waren mühsam unterdrückte Emotionen anzuhören. »Was spielt es für eine Rolle, was ich dabei dachte? Ich habe zugesehen, wie er starb. So war es, und es läßt sich nichts mehr daran ändern.«
    »Womit hast du dir sonst noch die Zeit vertrieben, außer mit zusehen?«
    Er wußte, worauf sie anspielte. »Das weißt du so gut wie ich.«
    »Du warst sicher gut als Chefinquisitor«, höhnte sie. »Hast du alles aus ihm rausgekriegt, was du wissen wolltest?«
    »Natürlich. Die Adresse eines Pariser Notars, bei dem in regelmäßigen Abständen der Fettsack aufkreuzt, der Gina auf dem Friedhof erwischt hat. Dann die Adresse einer Absteige am Stadtrand von Neapel. Der Chinese dürfte zu diesem Zeitpunkt bereits tot sein, ebenso wie zwei weitere Männer. Sie waren zu viert, die Mörderbrigade dieses Unternehmens Troja.«
    Johanna erstarrte. »Troja?«
    »So nannten sie es.« Er zog ein zusammengelegtes Blatt Papier aus der Hemdtasche und faltete es auseinander. »Eine Stasi-Sondereinheit, bestehend aus zehn hochrangigen Mitarbeitern, die direkt dem Staatsratsvorsitzenden und dem Verteidigungsminister unterstellt waren. Sie waren es, die das Geld abzweigten, um damit überall auf der Welt Vermögen aufzubauen. Sie haben das Geld nicht einfach nur rausgeschafft. Sie haben es dort auch fleißig vermehrt. Waffenhandel mit Dritte-Welt-Staaten. Kunsthandel. Immobilienhandel. Andere Handelsgeschäfte. Sie waren vielseitig und unermüdlich. Das machten sie zwanzig Jahre lang, bis zum Fall der Mauer. Spätere Nutznießer sollten sie selbst sein und ein paar andere hochverdiente Funktionäre und deren Familien. Es war als so eine Art Altersversorgung gedacht. Die Rückführung nach Deutschland läuft unter dem Decknamen Troja. Es gibt eine Liste, auf der sich hundertvierzig Personen befinden, denen bestimmte Anteile fest zugeordnet sind, wie bei einer Gesellschaft. Der Name der Liste lautet Jason. Der Rest sollte so laufen, wie du es schon vermutet hattest.«
    Sie setzte sich auf und drückte die Handballen gegen ihre Schläfen, das Schwindelgefühl bekämpfend. »Die Liste. Wo ist sie?«
    »Die hat Ernst.«
    »Und wo ist Ernst?«
    Fabios Miene wurde undurchdringlich. Seine Kiefer mahlten. »Er hat sich im letzten Moment abgesetzt. Ernesto hat schon Bluthunde ausgeschickt. Ich bete, daß sie ihn noch heute schnappen. Er hatte sich irgendwo in der Nähe eingemietet, dieses Schwein. Von da aus konnte er das Haus hier sehen. Der Feldstecher lag noch auf dem Fensterbrett.«
    Es waren seine Blicke gewesen, die sie auf sich gespürt hatte, das wußte Johanna plötzlich mit unumstößlicher Gewißheit.
    »Johanna.«
    Sie wandte das Gesicht ab, um ihn nicht ansehen zu müssen.
    »Ich muß dir jetzt etwas sagen, und ich möchte, daß du zuhörst. Bevor ich es sage, mußt du noch eines wissen: Ich habe das alles hier nur deinetwegen gemacht. Ich hatte mit Ernesto gebrochen, so vollständig, wie man nur mit einem Menschen brechen kann. Er hat meinen Vater auf dem Gewissen. Er lebt nur deshalb noch, weil er der Mann meiner Schwester ist. Sie hat es ihm verziehen, als wir es Jahre später erfuhren. Ich nicht. Trotzdem bin ich zu ihm gegangen. Ich bin vor ihm auf
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