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Band 1 - Blutspur

Band 1 - Blutspur

Titel: Band 1 - Blutspur
Autoren: Kim Harrison
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Es war eine alte, vorzeitliche Angst, eine Urangst, die sich nicht durch Selbsttäuschung beruhigen ließ. Ich wusste noch nicht einmal genau, woher sie kam. »Lass uns abhauen, Jenks.«
    »Ich bin direkt hinter dir, Rachel«, sagte er von der Decke herab. Ich lief drei Schritte, sprang von Trents Veranda und landete sanft in den Farnbüschen. Eine Waffe wurde abgefeuert, und das Dickicht neben meiner Hand wurde zerrissen. Ich sprang in das Grünzeug und rannte um mein Leben.
    Bastard!, dachte ich, als mir beinahe die Knie wegbrachen.
    Was ist aus den versprochenen zehn Minuten geworden? Im Laufen kramte ich die Phiole mit dem Salzwasser hervor. Ich biss den Verschluss ab und beträufelte das Amulett, das kurz aufflackerte und dann erlosch. Ivys Amulett würde sich nun rot verfärben. Die Straße war weniger als eine Meile entfernt, das Pförtnerhaus ungefähr drei. Bis zur Stadt waren es dreißig. Wie lange würde Ivy brauchen, um herzukommen?
    »Wie schnel kannst du fliegen, Jenks?«, keuchte ich zwischen zwei Schritten.
    »Verdammt schnel , Rachel.«
    Ich folgte den Pfaden, bis ich die Gartenmauer erreichte.
    Als ich zu klettern begann, bel te ein Hund, ein zweiter antwortete ihm. Scheiße.
    Ich atmete im Rhythmus meiner Schritte und rannte über den gepflegten Rasen in den düsteren Wald hinein. Das Geräusch der Hunde blieb hinter mir zurück, anscheinend kamen sie nicht über die Mauer. Sie mussten also außen rum laufen. Viel eicht konnte ich es doch schaffen. »Jenks«, krächzte ich, als meine Beine zu schmerzen begannen, »wie lange bin ich jetzt gelaufen?«
    »Fünf Minuten.«
    Gott hilf mir, flehte ich lautlos, als die Schmerzen in meinen Beinen rapide zunahmen. Es fühlte sich doppelt so lang an. Jenks flog vor und ließ Pixie-Staub fal en, um mir den Weg zu zeigen. Die Bäume tauchten wie Säulen aus der Dunkelheit vor mir auf und verschwanden wieder. Meine Füße bewegten sich immer noch rhythmisch, aber meine Lungen brannten und ich bekam Seitenstiche. Für den Fal , dass ich das hier überleben sol te, nahm ich mir vor, jeden Tag fünf Meilen zu joggen. Das Bel en der Hunde veränderte sich. Obwohl noch weit entfernt, klang es süßer, leidenschaftlicher, und enthielt das Versprechen, dass sie bald bei mir sein würden. Es trieb mich an wie ein Peitschenhieb, und ich lief immer tiefer in den Wald hinein.
    Irgendwie brachte ich die Wil enskraft auf, mein Tempo zu halten, auch wenn es immer schwerer wurde, die Beine zu bewegen. Mir klebte das Haar im Gesicht, Dornen und Sträucher rissen meine Kleidung und Hände auf. Die Jagdhörner und die Hunde kamen immer näher. Ich konzentrierte mich ganz auf Jenks, der mir weiterhin den Weg wies. Das Feuer in meinen Lungen breitete sich aus, bis mein ganzer Brustkorb brannte. Aber anhalten bedeutete den Tod.
    Der Bach war eine unerwartete Erfrischung. Ich fiel in das kühle Nass und tauchte nach Luft schnappend wieder auf.
    Keuchend wischte ich mir das Wasser aus dem Gesicht. Das schwere Hämmern meines Herzens übertönte fast das rasselnde Geräusch meines Atmens. Ansonsten herrschte zwischen den Bäumen eine unwirkliche Stil e. Ich war das Wild. Und al e Wesen im Wald beobachteten mich schweigend, froh, nicht an meiner Stel e zu sein.
    Mein Atem setzte aus, als ich wieder die Hunde hörte, näher diesmal. Als erneut in das Horn gestoßen wurde, flackerte meine Angst wieder auf. Ich wusste nicht, welches Geräusch schlimmer war.
    »Komm hoch, Rachel!«, drängte Jenks, der inzwischen wie ein Irrlicht glühte. »Folge dem Bachlauf.«
    Ich kam wieder auf die Beine und torkelte durch den seichten Strom. Das Wasser würde mich behindern, aber die Hunde ebenso. Es war nur eine Frage der Zeit, bis Trent die Meute aufteilen und beide Seiten des Bachs absuchen würde. Ich konnte nicht entkommen.
    Der Jagdgesang der Hunde brach plötzlich ab. Panisch kämpfte ich mich ans Ufer. Sie hatten die Witterung verloren, aber sie waren dicht hinter mir. Die Vorstel ung, wie die Meute mich in Stücke riss, setzte letzte Kraftreserven frei, obwohl meine Beine inzwischen schwer wie Blei waren.
    Trent würde sich die Stirn mit meinem Blut benetzen.
    Jonathan würde eine Locke meines Haares in der obersten Schublade seiner Kommode verwahren. Ich hätte Trent sagen sol en, dass nicht ich den Dämon geschickt hatte. Hätte er mir geglaubt? Jetzt sicherlich nicht mehr.
    Das Motorengeräusch eines Zweirads ließ mich aufschreien. »Ivy«, krächzte ich und lehnte mich erschöpft an
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