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Banana Pancake Trail: Unterwegs auf dem vollsten Trampelpfad der Welt (German Edition)

Banana Pancake Trail: Unterwegs auf dem vollsten Trampelpfad der Welt (German Edition)

Titel: Banana Pancake Trail: Unterwegs auf dem vollsten Trampelpfad der Welt (German Edition)
Autoren: Philipp Mattheis
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neuen Eindrücken, die sich so sehr von seinem Leben unterscheiden. Er verliert nach und nach die Orientierung, um seine Erfahrungen einordnen und bewerten zu können – zu viele sind es in zu kurzer Zeit. Das ist eine Form der Reizüberflutung, die irgendwann zur Abstumpfung führt.
    Tatsächlich sind die meisten Reiseblogs nicht für den Leser geschrieben. Blogs oder Rundmails dienen in erster Linie dem Reisenden selbst. Sie helfen ihm, seine Erfahrungen zu strukturieren. Jeder Eintrag trennt Wichtiges von Unwichtigem, Erzählenswertes von Wahrnehmungstrash. Es ist eine Form der Verarbeitung des Erlebten, ein verbales Fotoalbum – nur kein literarisches oder journalistisches Produkt.
    Denn in der Summe sind Reiseblogs eben nicht Zeugnis einer einzigartigen Reise, sondern genau das Gegenteil: die Aneinanderreihung Tausender scheinbar austauschbarer Erfahrungen, die man mit Stränden, langen Busfahrten, Dschungeltouren und Bananenpfannkuchen gesammelt hat.

[zur Inhaltsübersicht]
    Wiederholungstäter
    Ort: Bangkok, Thailand
    «Auf die Magie eines urbanen Märchens wirkt Tourismus wie Terrorismus. Außerdem explodieren die Preise.»
    Helge Timmerberg    [28]

    Nach einem knappen Jahr hatte ich keine Lust mehr. Ich wollte nicht mehr Tempel besichtigen, Pyramiden besteigen, abgelegene Strände suchen, Bootsfahrten auf Dschungelflüssen machen oder auf Vulkane klettern. Ich hatte auch keinen Bock mehr auf fremde Kulturen, Religionen, Mondkalender und buddhistische Weisheiten. Ich wollte nicht ständig immer dieselbe Konversation führen: «Where are you from? Where have you been? Where do you go next?»
    Ich wollte mehr Besitzstand als einen mittlerweile schimmelnden Rucksack, in dem sich vier Unterhosen, drei T-Shirts und eine Badehose befanden. Nach zehn Monaten wollte ich wieder täglich meine Kleidung wechseln, Musik hören und fernsehen können. Ich wollte mal wieder Sport machen, morgens die Zeitung lesen und an einem Ort länger als drei Tage bleiben. Ich wollte wieder so etwas wie einen geregelten Tagesablauf haben. Und so quartierte ich mich für die nächsten zwei Monate, die letzten, in einem Hotel in der Nähe von Bangkoks Khaosan Road ein.
    Um 14 Uhr nachmittags wachte ich in einem schlichten, aber sauberen Zimmer auf. Ich frühstückte Kaffee und Bananenpfannkuchen in der Lobby, in der stilvolle Teakholzmöbel herumstanden, und las die Bangkok Post . Manchmal lief Chopin, meistens aber Schluffimusik. An der hohen Decke rührte ein Ventilator die schwere, schwüle Luft um. Eine Stunde später ging ich ins Internetcafé, spielte ein Computerspiel und aß anschließend zu Mittag: Green Curry, Pad Thai oder ein Sandwich. Gegen Abend spielte ich mit einem alten Thai drei Partien Schach, trank ein Bier mit jemandem, den ich gerade kennengelernt hatte, und ließ die Nacht mit mir anstellen, was sie wollte.
    Ab und zu lernte ich ein Mädchen kennen, das behauptete, ich erinnerte sie an Brad Pitt oder an Jean-Claude van Damme. Auch das mit van Damme meinte sie als Kompliment. Am Anfang ist es komisch, wenn einen ein Mädchen mit Jean-Claude van Damme vergleicht, weil man sich selbst ja oft falsch einschätzt, aber doch nie so falsch, dass man glauben würde, man sähe Jean-Claude van Damme ähnlich. Aber wenn man immer wieder hört, man sähe aus wie Jean-Claude van Damme und das sei ja wirklich großartig, glaubt man das erstens irgendwann und findet es zweitens gar nicht mehr so schlimm. Seit dieser Zeit hat mich kein weibliches Wesen je wieder mit einem Hollywoodstar verglichen.
    Abend für Abend lernte ich andere Reisende kennen: einen Mathematikprofessor aus Madagaskar, eine Yogalehrerin aus Schweden, einen Schweizer Sozialpädagogen, der mit Heroinabhängigen arbeitete, und einen Berliner Millionär, der sein Vermögen als Daytrader verdient hatte. Ich sprach mit ihnen über Indonesien, Mexiko oder Indien. Auf ihren Gesichtern hatte sich die Welt eingeprägt. Während wir sprachen, umspülte uns der Schluffisound, der aus allen Bars der Straße dröhnte: Café del Mar, Buddha-Bar, das ganze, heute kaum mehr erträgliche Ethno-Triphop-Gedudel. Aber damals war das der Soundtrack der Sehnsüchtigen, Vagabunden und Nichtstuenden. Wir alle, so glaubte ich, schwammen in dieser so wunderbar und aufregend schmeckenden Weltsuppe herum, kamen von hier und von dort, trafen uns, mochten uns, verabschiedeten uns, flogen heim nach Dublin, Tel Aviv und Berlin oder reisten weiter nach Laos, Myanmar und China.
    Die
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