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Banana Pancake Trail: Unterwegs auf dem vollsten Trampelpfad der Welt (German Edition)

Banana Pancake Trail: Unterwegs auf dem vollsten Trampelpfad der Welt (German Edition)

Titel: Banana Pancake Trail: Unterwegs auf dem vollsten Trampelpfad der Welt (German Edition)
Autoren: Philipp Mattheis
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20 Euro, die ich jeden Tag für dieses Leben brauchte, kamen aus einem Automaten am Anfang der Khaosan Road. Kein einziges Mal fragte mich der Automat, ob ich zur Abwechslung nicht mal wieder etwas Geld in ihn hineinstecken wolle. Er spuckte es immer aus, bis ich vergessen hatte, wie es dort hineingekommen war. Die Temperatur in diesen zwei Monaten lag konstant zwischen 28 und 32 Grad. Ab und zu ergoss sich ein Schauer herab, und die Straßen rochen nach faulem Obst, während die Sonne sie trocknete. Diesen Geruch habe ich nie wieder vergessen. Aus den Bars der Khaosan Road dröhnten die neuesten Hollywoodfilme. Engländer saßen vor ihrem Bier und warteten auf ihren Flug. Um die Ecke zischten die Feuer der Garküchen, und Knoblauch-Chili-Geruch biss dem Passanten in die Nase. So vergingen die Tage, und ich schaukelte auf ihnen wie ein Stück Treibgut in einem langen, ruhigen Strom daher. Besser war es nie gewesen.
    Wieder daheim, dachte ich wehmütig an diese Zeit zurück. Zunächst ständig, dann seltener, doch ganz vergaß ich sie nie. Es war wie eine Droge, die man einmal probiert, sie unglaublich geil findet und sich später immer wieder danach zurücksehnt. Ich wollte unbedingt wieder in diesen so leichten, so mühelosen Zustand gelangen. Aber es klappte nicht.
    Ich flog für vier Wochen nach Bangkok. Mein Plan: genau das tun, was ich in den letzten zwei Monaten meiner Weltreise getan hatte – also so gut wie nichts. Ich hatte nicht vor, irgendwelche Tempel oder Museen zu besichtigen. Ich wollte nicht durch den Dschungel wandern und keinen Tauchkurs an einem Korallenriff machen. Ich wollte gammeln auf höchstem Niveau. Ich wollte noch einmal in diesen süßen Strom des Nichts eintauchen, alles auf mich zukommen lassen und das Leben eines modernen Dandys führen.
    Ich ging in dasselbe Hotel. Es fing schon damit an, dass die Lobby anders aussah: Statt der hohen Decke hatte jemand eine zweite Ebene eingezogen. Auf der, so verkündete ein großes Plakat, legte von 17 Uhr bis Mitternacht ein DJ namens Thai-G auf. Doch damit nicht genug. In der Lobby standen jetzt bunte, geschnitzte Elefanten herum, die lila bestickte Tücher auf dem Rücken trugen. Darauf standen wiederum Pflanzen, die mit bunten Girlanden behangen waren. Die Teakholzmöbel waren zwar noch da, aber mit lila Kissen belegt, die mit kleinen Elefanten bestickt waren. In der Ecke blinkte aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen – es war kurz nach Mittag, also helllichter Tag – eine Lichtorgel. An der Wand hingen große Bilder von einem Strand, zu dem man in dem kleinen, angeschlossenen Reisebüro eine Zugfahrt plus Fähre buchen konnte. Auf den Bildern waren Wasserskifahrer zu sehen.
    Die einstige stilvolle Schlichtheit war einem überbordenden Barock gewichen. Die Kellnerinnen trugen nicht mehr schwarze Röcke und weiße Blusen, sondern ein nach Sexarbeiterin aussehendes Kostüm, auf dem groß das Label einer Biermarke prangte. Als ich die Lobby betrat, kamen zwei von ihnen auf mich zugerannt und fragten, ob ich ein Bier trinken und an einem Gewinnspiel teilnehmen wolle, bei dem ich eine Reise nach Phuket gewinnen könne.
    In meinem Zimmer stand jetzt ein Fernseher mit 58 Kanälen, dafür kostete es das Doppelte. Ich warf frustriert meinen Rucksack in die Ecke und legte mich für ein paar Stunden schlafen, in der Hoffnung, mit besserer Laune aufzuwachen. Zwei Stunden später wurde ich von hysterischen Gekreische und einem In-your-motherfucking-face-Beat geweckt. DJ Thai-G hatte mit der Arbeit angefangen. Ich rauchte eine Zigarette – auf die Packung waren Bilder von verteerten Lungen und amputierten Beinen aufgedruckt – und ging auf die Khaosan. Die Khaosan Road ist wie Berlin: Immer sagt einem hier jemand, man habe die beste Zeit leider verpasst. Mittlerweile könne man es dort nicht mehr aushalten, so kommerziell und verkommen sei die Straße. Früher hätte man kommen müssen, so vor fünf Jahren, da sei die Khaosan noch halbwegs gut gewesen, obwohl sie auch schon nicht mehr so gut gewesen sei wie fünf Jahre davor.
    Die Wahrheit ist: Die Khaosan war schon immer der kommerziellste Abschnitt des gesamten Banana-Pancake-Pfades, höchstens noch vergleichbar mit dem Main Bazaar in Delhi. Schockiert war ich trotzdem: Zuerst schien sich nicht viel geändert zu haben. Noch immer verkaufte ein freundlicher Thai an der Straßenecke Bananenpfannkuchen. Noch immer saßen dort Deutsche oder Däninnen stundenlang auf einem Plastikhocker und ließen sich
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