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Bär, Otter und der Junge (German Edition)

Bär, Otter und der Junge (German Edition)

Titel: Bär, Otter und der Junge (German Edition)
Autoren: TJ Klune
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triffst, würdest du nicht annehmen, dass er eine übertriebene Version von sich selbst wäre? Ja? Nein? Nun, ich schätze, ich denke nicht wie die meisten Menschen. Und ich streite mit ihnen nicht mehr darüber. Mein Name ist Bear McKenna.
    „Derrick?“
    Nun, meistens ist er das. Ich blicke in den Rückspiegel und sehe meinen kleinen Bruder, Tyson, der mich mit einem Ausdruck ansieht, den ich nicht ganz identifizieren kann. Gewöhnlich nennt er mich Derrick, wenn er eine ernste Frage stellt. Wie die, ob es einen Kuhplaneten gibt, auf dem Bauernhöfe stehen, in denen Menschen gemolken und dann wegen ihrer leckeren Koteletts geschlachtet werden oder warum Mom uns verlassen hat, und niemals zurückgekehrt ist. Er fragt eine Menge.
    „Was ist, Ty?“
    „Kann ich dich was fragen?“
    „Sicher, Junge.“
    „Woher weiß man, ob man verliebt ist?“
    Ich lächle. Ich versuche nicht darüber nachzudenken, wohin das hier führen wird. Zu versuchen, den Pfad der Logik des Jungen zu verstehen, ist schlichtweg sinnlos. Er denkt auf einer ganz anderen Ebene, als der Rest von uns. Letzte Woche habe ich ihm auf sein Bestehen hin erklärt, woher die Babys kommen. Die gesamte Unterhaltung über, hatte er einen nachdenklichen Ausdruck auf seinem Gesicht. Anschließend war er ohne ein Wort aufgestanden, um draußen zu spielen. Später, als ich ihn ins Bett gebracht habe, sagte er plötzlich: „Bär, warum um alles in der Welt, würde ein Mädchen auf diese Art ein Baby herauspressen wollen?“ Ich wusste nicht, was ich ihm darauf antworten sollte. Das geht mir öfter so. Nicht viele Leute machen mich sprachlos, aber Ty bekommt es täglich hin.
    Ich sehe nun zurück zu Ty und ziehe meine Augenbraue hoch. „Warum? Hast du jemanden, von dem du mir noch nichts erzählt hast, Junge?“
    Er zuckt vage mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Es muss ja nicht unbedingt um mich gehen, Bär. Es ist nur eine Frage.“
    Übrigens, mein Bruder ist acht, geht aber mit riesigen Schritten auf die sechzig zu. Mit allem, was er in seinem bisherigen Leben durchgemacht hat, kann ich es ihm nicht verübeln. Die meisten Kinder haben nicht einmal ein Viertel von dem Scheiß durchmachen müssen, den er erlebt hat. Aber trotzdem, wie viele Drittklässler kennst du schon, die freiwillig Vegetarier sind? Glaub' mir, ich hatte nichts damit zu tun. Ich mag Hamburger mit Speck und Bratwurst (und hör auf das Gesicht zu verziehen, bevor du es probiert hast – es ist verdammt lecker). Aber das habe ich nun davon, wenn ich ihm erlaube, sich Dokumentationen über Schlachthäuser anzusehen. Seitdem ist er nicht mehr der Selbe.
    Ich starre nach vorne, damit ich hier auf der Autobahn niemandem hinten rein knalle, aber er weiß, dass es eine Ablenkung ist. Ich fühle seine Augen auf meinem Hinterkopf. Ich seufze wieder. „Ich schätze, du bist es, wenn all diese bescheuerten Lieder im Radio beginnen, Sinn zu ergeben.“ Ich werfe einen Blick in den Rückspiegel und sehe, wie er die Stirn runzelt. „Was denkst du, woher man es weiß?“ Wenn es zu diesen esoterischen Fragen kommt, finde ich es immer besser, ihn antworten zu lassen. Aber Fragen über Fakten wie Babys und so, beantworte ich ihm immer. Selbst wenn ich mir dabei die Haare ausreißen möchte.
    Er ist einen Moment lang ruhig, dann sagt er: „Ich denke, wenn du keinen weiteren Tag ohne die eine Person weitermachen kannst. Wenn du dich fühlst, als würde dein Bauch brennen, aber auf eine gute Art.“
    „Klingt gut, schätze ich.“
    „Bär?“
    „Ja?“
    „Können wir anhalten? Ich muss mal.“
    „Klar, Junge. Wir sind sowieso recht früh dran.“
    Ich sehe ein Schild für eine Raststätte und fahre die nächste Abfahrt raus. Der Parkplatz ist leer und es nieselt draußen. Ich parke vor den Toiletten und kenne schon die Routine dessen, was als nächstes geschehen wird. Ty wartet geduldig im Wagen, während ich in die Herrentoilette gehe, um nachzusehen, ob sie leer ist. Sie ist es. Ich gehe wieder zur Tür hinaus und winke. Er steigt aus dem Auto und kommt auf mich zu.
    „Bär, du wartest hier, oder!“ Er sagt es nicht wie eine Frage, sondern wie einen Befehl.
    „Sicher doch.“
    „Okay, ich bin gleich wieder da. Du wartest auf jeden Fall hier.“
    Ich nicke und weiß ebenso sicher wie er, dass ich hier sein werde. Ty weigert sich, öffentliche Toiletten zu benutzen, wenn noch jemand anderes darin ist. Er lässt mich immer zuerst nachsehen. Nur wenn ich verkünde, dass die Luft rein ist,
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