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Bädersterben: Kriminalroman

Bädersterben: Kriminalroman

Titel: Bädersterben: Kriminalroman
Autoren: Kurt Geisler
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oder auf der Leinwand sehen.«
    Hansen nickte zustimmend. »Ja, da magst du recht haben. Die schlimmsten Geschichten schreibt nun mal das Leben.« Dann zeigte er auf das Fußballspiel. »Auf der Leinwand siehst du sowieso nur langweiligen Rasenschach. Das Schönste sind doch die Geschichtchen um den Sport herum. «
    Stuhr musste ihm zustimmen, obwohl er vom Spiel bis jetzt noch nichts mitbekommen hatte.

    Hansen drehte sich vom Tresen weg. »Ich muss los, Stuhr. Einen unterhaltsamen Abend und viel Spaß noch.«

    Der Kommissar schien sich wenig Gedanken um die Bezahlung zu machen. Das war jetzt aber auch egal. Stuhr richtete seine Aufmerksamkeit auf die Leinwand, damit er doch noch etwas vom Spiel mitbekam, aber in diesem Moment griff der Schiedsrichter zur Pfeife. Null zu Null, es war Halbzeit.

    Die Gäste im Vereinsheim stürmten auf die Bar zu, und Torge hatte noch mehr als sonst alle Hände voll zu tun, denn sein Helferlein war heute wegen einer Unpässlichkeit nicht erschienen. Es machte keinen Sinn, Torge jetzt näher nach dem Spielverlauf zu befragen. Dennoch war es erstaunlich, wie viele Patriotenteller den Weg über den Tresen fanden. Das an Ziepen von Fernmeldetönen erinnernde Intro der Nachrichtenredaktion ließ ihn wieder zur Leinwand zurückdrehen. Zunächst wurde ein Luftbild von der heruntergebrannten Arche auf dem Sand vor St. Peter-Ording gezeigt. Der Nachrichtenkommentar war wegen der Unruhe im Lokal kaum zu verstehen, doch die Fotos der Opfer waren alle mit Namen unterlegt. Dann folgte ein Bild von Fiete Rasmussen, dem sich eine kurze Filmsequenz mit dem abgeführten Duckstein anschloss, der sich trotz der angelegten Handschellen wild wehrte. Rasmussen schien es geschafft zu haben, Duckstein in den Abgrund zu stoßen.
    Vermutlich war Stuhr jedoch der Einzige im Vereinsheim, den dieser Bericht interessierte. Erst bei der Wettervorhersage, die das nächste Tiefdruckgebiet mit Abkühlung und heftigen Regenschauern bereits für den späten Abend vorhersagte, schaute der eine oder andere Kollege von der Fangemeinschaft wieder zur Leinwand. Dann erfolgte auch schon der Anstoß zur zweiten Halbzeit, und Stuhr machte es sich jetzt auf dem Hocker richtig bequem. Er versuchte, in das Fußballspiel einzutauchen, aber es war wirklich langweilig. Die Bayern stürmten, und die Kölner vernagelten mit allen Mitteln das Tor. Der kurze Nachrichtenbericht hatte ihn aufgewühlt. Was war eigentlich aus Olli geworden? Er würde ihn gleich morgen früh anrufen. Doch das war nebensächlich, denn immer wieder musste er an Jenny denken. Hätte er nicht doch besser bei ihr in St. Peter-Ording bleiben sollen? Sie hätten vielleicht genau in diesem Moment von der Terrasse aus die rote Sonne im Wattenmeer versinken sehen können.

     
    Die Kölner kamen jetzt ein wenig besser in das Spiel, was die Stimmung und den Lärmpegel im Vereinsheim deutlich anhob. Stuhr bestellte noch ein letztes Bier.
    Torge musterte ihn skeptisch. »Stuhr, du bist irgendwie nicht mehr der Alte. Kommst braun gebrannt aus dem Urlaub, doch gleichzeitig fix und fertig. So kenne ich dich überhaupt nicht. Schoko oder Vanille?«
    Stuhr entschied sich diesmal für helles Weizenbier. Im gleichen Moment verstummten schlagartig alle Diskussionen im Vereinsheim. Den Grund dafür bekam er allerdings erst mit, als Torge ihn mit verdeckter Hand auf die Eingangstür hinwies.
    »Schau mal, die Granate dahinten im Eingang.«
    Obwohl sein Nacken von den Anstrengungen der letzten Tage mehr als strapaziert war, drehte er sich vorsichtig um und wurde mit dem Blick auf Jenny Muschelfang belohnt, die sich im hautengen schwarzen Kostüm und mit hochhackigen Sandaletten vorsichtig suchend umblickte. Stuhr traute sich jedoch vor seinen Kollegen nicht, die Hand zu heben. Vielleicht suchte sie ihn überhaupt nicht.
    Aber sie schien ihn bereits entdeckt zu haben, denn ihr Blick heftete sich auf ihn. Die Köpfe der Fußballkameraden wendeten sich nun durchgängig vom Spiel weg und verfolgten ihren Gang durch das Spalier zum Tresen, der den Eindruck erweckte, als befände sie sich auf einem Laufsteg. Das Ende dieses Laufstegs schien ausgerechnet er zu bilden. Die zweite Halbzeit konnte er wohl auch abhaken.
    Einen halben Meter vor seinem Barhocker blieb Jenny stehen. »Bereit für eine kleine Aussprache, Helge?«
    Jein, schoss es Stuhr durch den Kopf, zumal Torge hinter dem Tresen durchaus interessiert zuzuhören schien.
    An Feinheiten war Jenny momentan scheinbar wenig
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