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Bad Hair Years

Bad Hair Years

Titel: Bad Hair Years
Autoren: M Kink
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Pärchen entgegen. Jetzt lieber rechts fahren und nicht überholen. Hört das denn nie auf? Irgendwas ist immer, jaja, hab ich auch schon gehört. Wüsste ich, wo ich die Batterien rausnehmen kann, ich würde die Batterien rausnehmen, das biologische Ticken geht mir auf die Nerven. Was soll das überhaupt, wer rechnet denn mit so was noch? Seh ich aus, als hätt ich Zeit oder Lust oder Kerl?
    Wie alle anderen meiner Generation wusste auch ich schon immer, wie alt ich im Jahr 2000 sein würde, zweiunddreißig in meinem Fall, jetzt bin ich vierzig, Einspruch, Euer Ehren. Zweiunddreißig, Kindergarten natürlich, von hier aus gesehen, und doch war ich in meinem Kopf im zarten Alter von zweiunddreißig selbstredend Mutter von mindestens zwei Kindern. Nein, ich übertreibe, es waren immer nur zwei, mehr würde ich mir gar nicht zutrauen. Nein, ich untertreibe, denn eigentlich halte ich mich für ein Naturtalent, ich käme auch mit einer ganzen Horde klar. Bis einer weint, halt. Kinderliebe hin, Supermami her, es soll nicht sollen sein, und hört mir auf mit »vierzig ist doch kein Alter!«
    Vier-zig! Alter!
    Es hilft nur bedingt beziehungsweise gar nicht, dass mein Viertel mittlerweile aus allen Nähten platzt, ebenso wie die ganzen Familien, die mir hier plötzlich Platz und Nerven rauben. Ich sehe morgens Männer im Anzug auf dem Rad mit Kindern im Anhänger auf dem Weg zur Krippe, und sie tun wirklich ihr Bestes, um es mit ironischem Bartwuchs oder Hut auszugleichen, aber ach. Bald wird man als Kinderlose(r) hier eine Berechtigung vorweisen müssen, dem Viertel-Parkschein nicht unähnlich. Den können wir uns dann ja laminieren und um den Hals hängen. Daraus ließe sich eventuell sogar eine Dating-Plattform (analog, wie cool!) basteln, dann erkennt man seinesgleichen wenigstens auf Anhieb, und dann … Wo war ich?
    Auf dem Weg zur Isar, stimmt. Der inklusive aller Ausweichmanöver mittlerweile doppelt so lange dauert wie noch vor ein paar Jahren, hier geht’s ja zu wie am Stachus. Dieses Viertel hieß früher mal Schlachthof, jetzt heißt es Dreimühlenviertel und bald wird man es Nido nennen. Oder TriBeGä, Triangle Behind Gärtnerplatz. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis irgendein Depp auch in München mit diesen Abkürzungen anfängt. Dazu hätte ich dann allerdings ein paar lustige Vorschläge.
    Gentrifizierung, das böse Wort: It’s a thin line between cool and chic. Schimpfen bringt auch nichts, auch wenn man selbst zum seltsam hohen Prozentsatz derer gehört, die »schon hier gewohnt haben, da gab es noch Pferdekutschen!«. Zudem braucht es immer zwei, beziehungsweise viele. Nun ist es ja nicht so, dass sich ein böser Großstadt-Geist eines Tages dachte: »Heut Haidhausen, morgen Schlachthof, und übermorgen hol ich mir des Westend’ Kind.« Wir stecken doch alle mittendrin, und vielleicht ist es ja wie bei Akne – die geht auch wieder weg. Nur so, wie schlimme Akne Narben hinterlässt, werden uns auch die hohen Mieten bleiben.
    Trotzdem wüsste ich gerne, wo die coolen Wollmützen-Jungs von damals hinverschwunden sind. Warum hat mir denn keiner Bescheid gegeben? Ich wär doch mitgekommen!

»Aber ech t, hey!«
    »Ist doch schön, wie sich das hier entwickel t, so viele junge hippe Menschen! Die Dings ist fei wieder schwanger!«
    »Da! Schon wieder so eine, wo kommen denn die ganzen Weiber her? Und schwanger. Natürlich.«
    »Die kenn ich auch nicht. Süß, wie die angezogen ist.«
    »Statt Mützen tragen sie jetzt also Hüte. Die sieht aus, als wär sie aus der Glamour gefallen. Das ist keine Gentrifizierung, das ist Glamourisierung.«
    »Bist du neidisch?«
    »Das geht hier sprichwörtlich vor die Hunde, das Viertel. Hunde haben sie natürlich auch alle.«
    »Du bist neidisch.«
    »Alles voller Köter hier. Blöde, kläffende Köter.«

Mein erstes Mal
    Im Konferenzraum
    Ich habe einen Kundentermin. Einen Termin bei einem Kunden. Einen Termin wegen eines neuen Auftrags bei einem potentiellen Auftraggeber. Kunden. Man sieht, ich übe noch. Jetzt bloß nichts anmerken lassen, bluffen, was das Zeug hält.
    Wieder einmal habe ich Glück, um vier Ecken herum dachte sich jemand, »kann doch die Kink machen«, und jetzt bin ich auf dem Weg zum ersten Gespräch. Der Auftrag klingt langfristig, vielversprechend und das Beste: sie brauchen einen Englisch-Texter, ohne dabei auf einen Muttersprachler zu bestehen. Hat man so was schon gehört, wie sympathisch! Trotzdem bin ich nervös, ich hatte noch nie ein
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