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Bad Hair Years

Bad Hair Years

Titel: Bad Hair Years
Autoren: M Kink
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rumkommandieren. So gesehen passen wir ganz gut zusammen. Den Rest des Tages geistert sie in der Wohnung herum und versteckt meine Sachen. Brille, Schlüssel, Geldscheine, wo sonst bleibt dauernd die Kohle, frag ich euch. Jetzt wird mir einiges klar. Einiges Clara, wird mir jetzt.
    Ich fühle mich schon ein bisschen besser, seit ich weiß, dass sie da ist. Sehr wahrscheinlich steht sie hinter mir, meine Brille auf der Nase, liest mit und flüstert: Du lieber Himmel, was schreibt sie denn da schon wieder?
    Und dann stürzt Word ab und nimmt den Businessplan gleich mit. War zwar erst das Deckblatt mit »Antrag auf Gründungszuschuss« und »Businessplan« und Adresse, aber alles schon so schön formatiert!
    Noch vier Monate bis »fristgerecht«.

»Clara! Wenn ich nur dran denk!«
    »Jetzt geht das wieder los.«
    »Stimmt doch! Wie man sich so vertun kann!
Wie kommt sie da überhaupt drauf, diese Wahrsagerin!«
    »Nicht schon wieder die Leier …«
    »Da macht und tut man. Und dann rennt sie zu einer Wahrsagerin, ich glaub es hakt. Die hatte doch keinen Schimmer! Schutzengel, wenn ich das schon hör!«
    »Immerhin hat die damals schon gewuss t, dass sie es alleine schafft.«
    »Ich glaub, sie ahnt was. Wenn du uns jetzt verraten hast mit deiner ewigen Versteckerei, dann sind wir beide auch noch arbeitslos.«
    »Blödsinn, seit wann merkt die was? Der muss man doch jede Kündigung nachtragen. Außerdem mochte ich die Wahrsagerin, die war lustig.«
    »Du mochtest die nur, weil sie Donuts hatte.«
    »Mmmmh, Donuts!«

Mord würd ich’s nicht grad nennen, aber ganz schön anstrengend ist es schon
    Ich entscheide mich zusätzlich für weiterbildende Maßnahmen und schreibe mich für ein Semester auf der Schulbank ein. Nie war ich so vernünftig wie heute, das gilt es auszunutzen.
    Die Ausbildung zum Werbetexter besteht aus wöchentlich drei Stunden am Montagabend und ist tatsächlich lehrreich und interessant. Und amüsant. Es macht Spaß, die eigene Sechzehn wieder herauszuholen: Hausaufgaben nicht machen, tagträumen, blaumachen ohne Entschuldigung, auf dem Block rumkritzeln, auf die Uhr kucken, noch mal auf die Uhr kucken …
    Ich lerne vor allem, dass die Arbeit in einer Agentur garantiert nichts für mich wäre. Ich müsste mich als »Junior« verdingen, dabei haben in meinem Alter diverse Creative Directors schon mit dem ersten Burn-out abgedankt. Und wenn ich mir meine Mitschüler so ansehe, allesamt weit vor der Dreißig und smarter, als mir sympathisch ist, fühle ich mich erst recht bestätigt. Ein Comeback der Yuppies, in Hipster. Ohne mich.
    Immerhin lerne ich, auf Knopfdruck und mit Thema zu schreiben, nur mit den schnellen Headlines hapert es, von Werbekampagnen ganz zu schweigen. Ich werde einfach das »Werbe-« weglassen und mich schlicht als Texter verkaufen. Werbung ist mir eh meist entweder unangenehm oder peinlich, obwohl ich es selbst nachweislich nicht besser kann. Selbst bei »Just Do It« denke ich automatisch und ausschließlich: Du mich auch, Nike. Weil, wegen Sport, meiner nächsten Maßnahme auf dem Weg ins neue Leben. Derjenige, der mir was ins Essen gemischt hat, möge sich bitte melden. Ich würde mich gerne bedanken.
    »Noch zehn« will der Typ und legt seine Hände auf meine Hüften. Es kommt nicht oft vor, dass ein fremder Mann meine Hüften hält und noch zehnmal will, also, nicht oft genug, trotzdem bin ich alles andere als begeistert. Ich hänge in einem Gerät, an dem wiederum Gewichte hängen, da klingt noch zehn gleich ganz anders. Der Mann heißt Personal Trainer, und ich bin wegen der guten Vorsätze an ihn geraten, jetzt, wo mein Leben sich grundlegend ändern wird. Mens sana in corpore fit. Seit Jahren bin ich Mitglied in diesem Studio, mehr zahlend als schwitzend, aber was gibt’s sonst Neues? Mein Training beschränkt sich auf das Laufband oder diese sinnfreie Treppensteigemaschine, so lange, bis ich entweder schwitze oder nicht mehr kann, je nachdem, was schneller passiert. Danach nehme ich probehalber zwei Hanteln in die Hand, komme mir blöd vor, und verschwinde deshalb ohne Umwege in der Sauna. Ich meide die Aerobicstunden, weil ich Angst vor den Trainern habe und mich außerdem ungern anschreien lasse. Anfeuern erst recht nicht, ein »Hey-yaa!« bewirkt bei mir bestenfalls vor der Brust verschränkte Arme und eine hochgezogene Augenbraue. Ich verstehe nicht, wo dieser Enthusiasmus herkommt, wenn man mit hochrotem Kopf zwischen zwanzig anderen Frauen in einem voll
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