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Backup - Roman

Backup - Roman

Titel: Backup - Roman
Autoren: Heyne
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eigentlich?«
    »Dreiundzwanzig.«
    »Ich wünschte, ich wäre mit dreiundzwanzig schon so klug gewesen.« Er seufzte und setzte sich auf. »Kann ich bei euch wohnen, solange ich damit beschäftigt bin?«
    Ich sah Lil von der Seite an. Sie überlegte einen Moment, dann nickte sie.
    »Klar, Kumpel, sicher«, sagte ich und klopfte ihm auf die Schulter. »Du siehst ziemlich fertig aus.«
    »Fertig ist maßlos untertrieben«, erwiderte er.
    »Na dann, gute Nacht.«

Zwei
    Die Ad-hoc-kratie¬ die auf spontanen Zweck- oder Projektgemeinschaften basiert, funktioniert gut, meistens jedenfalls. Lils Angehörige hatten mit mehreren gleich gesinnten Seelen die Organisation von Liberty Square übernommen. Sie leisteten gute Arbeit, ihr Woppel schoss in die Höhe, und wären andere dahergekommen und hätten sie zu verdrängen versucht, hätten die Gäste sie derart zur Schnecke gemacht, dass sie in keinem Pissoir mehr willkommen gewesen wären. Oder sie hätten es auf eine ganz neuartige, radikale Weise anpacken müssen, um Lils Eltern und ihren Freunden Konkurrenz zu machen und sie zu übertreffen.
    Es konnte trotzdem den Bach runtergehen. Es gab Anwärter auf den Thron – eine Gruppe, die
mit der ursprünglichen Ad-hoc-kratie zusammengearbeitet und sich dann auf andere Betätigungen verlegt hatte. Einige hatten studiert, andere Filme gedreht, Bücher geschrieben oder waren nach Disneyland Beijing gegangen, um dort beim Aufbau zu helfen. Ein paar von ihnen hatten sich einige Jahrzehnte auf Eis gelegt.
    Sie kehrten mit einer klaren Botschaft nach Liberty Square zurück: Die Attraktionen müssen auf den neusten Stand gebracht werden . Doch die Ad-hoc-kraten von Liberty Square waren die strammsten Konservativen im Magischen Königreich und hielten ungeachtet des übrigen Parks, in dem es praktisch täglich etwas Neues gab, an ihrer altmodischen Technik fest. Die heimgekehrte Veteranengruppe dagegen stand mit den übrigen Parkbetreibern auf einer Seite, genoss deren Unterstützung, und es sah alles danach aus, als könnte sie einen erfolgreichen Vorstoß unternehmen.
    Und deshalb musste Lil darauf achten, dass die dürftigen Attraktionen von Liberty Square von Pannen verschont blieben: die Halle der Präsidenten, der Flussdampfer Liberty Belle und das legendäre Spukhaus, wahrscheinlich die coolste Attraktion, die den fiebrigen Köpfen der alten Disney-Imagineure entsprungen war.
    Ich fand Lil in den Garderoberäumen in der Halle der Präsidenten, wo sie gerade an Lincoln
dem Zweiten – der Reserve-Animatronik – herumbastelte. Lil versuchte von jeder Figur zwei Exemplare in Gang zu halten, für den Fall, dass eine ausfiel. Innerhalb von fünf Minuten konnte sie einen defekten Roboter austauschen – mehr ließ die Publikumsüberwachung auch nicht zu.
    Seit Dans Ankunft waren zwei Wochen vergangen. Obwohl ich ihn in dieser Zeit kaum gesehen hatte, beeinflusste seine Gegenwart spürbar unser Leben. Ein neuer und nicht unangenehmer Geruch erfüllte unser kleines Ranchhaus, eine Aura von wiedergewonnener Jugend, Hoffnung und Verlust, kaum wahrnehmbar durch den Duft der tropischen Blumen, die auf unserer Veranda die Köpfe hängen ließen. Drei- bis viermal am Tag klingelte mein Telefon: Dan meldete sich von seinen Streifzügen durch den Park, die er nur deswegen unternahm, um irgendwie persönliches Kapital anzuhäufen. Seine Begeisterung und sein Engagement waren ansteckend und versetzten mich in eine Scheiß-auf-alles-und-dreh-auf-Stimmung.
    »Du hast Dan knapp verpasst«, sagte Lil. Sie hatte den Kopf in Lincolns Brustkorb gesteckt und hantierte mit einer Lötlampe und einem Vergrößerungsglas herum. Wenn sie sich so hinunterbeugte, das rote Haar straff zurückgebunden, Schweißtropfen auf den dünnen, sommersprossigen Armen, und nach Mädchenschweiß und
Schmiermitteln roch, wünschte ich mir oft, irgendwo hinter der Bühne hätte eine Matratze gelegen. Ich beschränkte mich darauf, ihr liebevoll das Hinterteil zu tätscheln, und sie reckte sich wohlig. »Dan sieht jetzt besser aus.«
    Seit seiner Verjüngung sah er wieder wie fünfundzwanzig aus, so wie ich ihn von früher her in Erinnerung hatte. Er wirkte hager und zäh wie eh und je, doch die niedergeschlagene Körperhaltung, die mich bei unserem Wiedersehen im Abenteurerclub so bestürzt hatte, war immer noch da. »Was wollte er denn?«
    »Er war mit Debra unterwegs. Wollte mich darüber aufklären, was sie vorhat.«
    Debra gehörte zur alten Garde und war eine frühere
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