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Backup - Roman

Backup - Roman

Titel: Backup - Roman
Autoren: Heyne
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Sauerstoffflasche, bis mir einer eine Hand auf die Schulter legte. Mein Kamerad merkte, dass ich festhing, und versuchte mich herauszuziehen, aber meine Sauerstoffflasche und meine Auftriebweste waren fest eingekeilt. Die anderen führten mit Handzeichen eine lautlose Diskussion darüber, wie sie mich am besten freibekommen könnten. Plötzlich schlug und trat ich um mich und rutschte daraufhin ohne Weste und Flasche in die Höhle. Ich hatte offensichtlich versucht, die Riemen meiner Weste durchzuschneiden, und dabei versehentlich den Schlauch meines Tauchreglers durchtrennt. Nachdem ich einen Schuss Meerwasser geschluckt hatte, strampelte ich mich in die Höhle vor und rollte in eine monströse Kolonie von stacheligen Feuerkorallen. Ich schluckte noch eine Lunge voll Wasser und paddelte wie verrückt auf ein winziges Loch in der Höhlendecke zu, wo meine Kameraden mich wenig später bargen. Doch mein Körper war bereits blau angelaufen, abgesehen von den rötlichen Streifen des Nesselausschlags, den die Feuerkorallen verursacht hatten.
    Damals war die Produktion eines Backups noch sehr viel komplizierter als heute; die Prozedur beanspruchte fast einen ganzen Tag und konnte nur in einer speziellen Klinik durchgeführt
werden. Glücklicherweise hatte ich einige Wochen vor meiner Abreise nach Kuba ein Backup anlegen lassen. Mein letztes Backup davor war drei Jahre alt und stammte aus der Zeit, als ich gerade meine zweite Symphonie vollendet hatte.
    Im Toronto General spielte man mein Backup einem wachstumsbeschleunigten Klon auf. Aus meiner Sicht war es so, als hätte ich mich in einem Moment in der Backup-Klinik hingelegt und wäre im nächsten wieder aufgestanden. Es dauerte fast ein Jahr, bis ich das Gefühl loswurde, die ganze Welt treibe einen gewaltigen Schabernack mit mir, und bis ich akzeptierte, dass der ertrunkene Leichnam, den ich gesehen hatte, tatsächlich mein eigener war. Für meine Psyche war es im übertragenen wie im wörtlichen Sinne eine Wiedergeburt: Ich hatte so viel Zeit verloren, dass ich größte Schwierigkeiten hatte, mit den Freunden aus der Zeit vor meinem Tod zurechtzukommen.
    Als ich Dan am Anfang unserer Freundschaft von der Geschichte erzählte, ritt er sofort auf der Tatsache herum, dass ich eine Woche in Disney World verbracht hatte, um meine Gefühle zur sortieren und mich selbst neu zu erfinden. Danach hatte ich einen Trip in den Weltraum unternommen und eine verrückte Frau geheiratet. Er fand es sehr bemerkenswert, dass ich meinen Neustart stets in Disney World unternahm. Als
ich ihm sagte, dass ich eines Tages dort leben wolle, fragte er mich, ob er daraus schließen könne, dass die Neuerfindung meines Ichs damit dann endgültig abgeschlossen sei. Manchmal, wenn ich mit den Fingern durch Lils schöne rote Locken fuhr, dachte ich über diese Bemerkung nach, gab Seufzer tief empfundener Erleichterung von mir und staunte über die Weitsicht meines Freundes.
    Als ich das nächste Mal starb, hatte man die Technik bereits etwas verbessert. Mit dreiundsiebzig erlitt ich einen schweren Schlaganfall und brach mitten in einem Eishockeyspiel einer Hobbyliga auf dem Eis zusammen. Als man endlich meinen Helm aufschnitt, war mein Gehirn von den Hämatomen bereits zu einem blutgetränkten Matsch zerdrückt. Ich hatte die Backups etwas schleifen lassen und verlor fast ein ganzes Jahr. Aber sie weckten mich sanft auf, implantierten mir eine computergenerierte Zusammenfassung der Ereignisse, die sich in der Zwischenzeit zugetragen hatten, und ein Jahr lang nahm ein Berater täglich Kontakt mit mir auf, bis ich mich in meiner Haut wieder zu Hause fühlte. Wieder begann mein Leben von vorn. Meine Beziehungen in Disney World brach ich systematisch ab, um einen Neuanfang in Boston zu wagen. Dort lebte ich auf dem Meeresboden und arbeitete in der Schwermetallförderung. Es war ein Projekt,
das schließlich zu meiner Dissertation im Fach Chemie an der Universität von Texas führte.
    Nachdem ich im Tiki Room erschossen worden war, hatte ich Gelegenheit, die großen Forschritte auszukosten, die die Wiederbelebungstechnik in den vergangenen zehn Jahren gemacht hatte. Ich erwachte in meinem eigenen Bett und war mir sofort der Ereignisse bewusst, die zu meinem dritten Tod geführt hatten, denn sie waren aus verschiedenen Perspektiven dokumentiert: Es waren Aufnahmen der Überwachungskameras im Abenteuerland; synthetisierte Erinnerungen, die aus Dans Backup stammten, und eine computergenerierte Kamerafahrt
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