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Back to Black - Amy Winehouse und ihr viel zu kurzes Leben

Back to Black - Amy Winehouse und ihr viel zu kurzes Leben

Titel: Back to Black - Amy Winehouse und ihr viel zu kurzes Leben
Autoren: Alexander Schuller
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hätte.

    Genau darauf hoffte auch Amys Plattenlabel Island Records und hielt an seiner Künstlerin fest, obwohl Amy hinter den Kulissen, im Studio, am Verhandlungstisch und auf den Konzertbühnen so manches Nervenkostüm mit ihrer Exzentrik arg strapaziert hatte.
    »Mit Amy zu arbeiten? Ja, das war sehr, sehr anstrengend. Sie kam zu spät. Sie fühlte sich nicht gut, sie fühlte sich nicht in der Stimmung zum Komponieren … Diese Liste ließe sich endlos fortsetzen«, schrieb ihr Entdecker und erster Manager Nick Godwyn 2011 in seinem Nachruf auf Amy in der »Times«. »Es war ein passiver Widerstand zu spüren, denn bei allem, was von ihr verlangt wurde, signalisierte Amy zunächst einmal ein sehr deutliches ›Nein‹. Immer schwebte ein Damoklesschwert über einem Termin mit ihr. Kommt Sie pünktlich? Kommt sie überhaupt? Geht sie an ihr Telefon? Wird sie die Leute im Studio wüst beschimpfen? Mit ihr befand man sich nervlich immer in einem Ausnahmezustand, und wenn man einen Tag mit ihr verbracht hatte, war man fix und fertig. Aber man war auch glücklich …«
    Vom ersten Kontakt zwischen dem »Brilliant 19«-Management des britischen Pop-Tycoons Simon Fuller, für den Goldwyn arbeitete, bis zum Erscheinen ihres ersten Albums waren vier Jahre ins Land gegangen.
    »Es ist eigentlich gegen alle Regeln des Musikgeschäfts, vier Jahre darauf zu verwenden, einen einzigen Künstler zu produzieren«, meinte Godwyn. »Es war zwar nicht besonders teuer, aber der ganze zeitliche Aufwand war einfach ein Witz: In den ersten drei Jahren schafften wir es nicht einmal, für sie einen Plattenvertrag an Land zu ziehen. Da war dieses junge, frische, neugierige Ding,
mit ihren riesigen Augen und den sehr langen Wimpern; beinahe noch ein Backfisch, der viel kicherte und dessen große Zähne unübersehbar waren, wenn er lachte. Doch Amy war extrem begabt, und sie war anders als die anderen Mädchen. Sie hat nie versucht , anders zu sein. Sie war es einfach. Sie hatte eben andere Ansichten, sie las Dinge anders, sie schrieb Dinge anders auf, und sie verhielt sich anders. Sie war nicht anormal. Sie war einfach wunderbar anders, einzigartig, talentiert, beunruhigend aufgewühlt und eben auch noch sehr jung.«
    In Großbritannien hatte es »Frank« immerhin bis auf Platz 3 der Album-Charts geschafft, in Österreich bis auf 5, in Deutschland bis auf 9, in der Schweiz bis auf 16 und in den USA bis auf Platz 33. Alles in allem sah es nach einer vielversprechenden Karriere aus.
    Im Frühling 2005 musste also langsam mal ein zweites Album in Angriff genommen werden. Doch von Amy kam nichts, kein Ton, keine Zeile. Sie hatte keine Ideen, kein Konzept, keinen Plan. Und wenn doch, dann behielt sie dies offenbar für sich. Sie lebte einfach vor sich hin, rauchte ziemlich viel Gras und machte jedem etwaigen Antreiber unmissverständlich klar, dass sie sich diese Auszeit ganz bewusst gönnte. Ja, sich gönnen musste . Also spielte sie – weder vom Label noch von ihrem Manager unter Druck gesetzt – Pool, trank, baute Joints, rauchte, spielte wieder Pool, fütterte zwischendurch die Jukebox, rauchte, trank. Dann verließ sie, und das vermutlich gar nicht mal so selten, das »Hawley Arms« zusammen mit einer ihrer männlichen Eroberungen und kroch mit ihm in ihrer Wohnung oder sonst wo gemeinsam unter die Laken; manchmal nur für eine schnelle Nummer, manchmal aber
auch für eine ganze Nacht mit anschließendem Frühstück oder sogar einem opulenten Mahl, mit dem sie nicht nur ihre Liebhaber, sondern auch ihre Freunde ganz gleich zu welcher Tages- oder Nachtzeit verwöhnte. Amy würde zeit ihres Lebens nie einen Hehl daraus machen, dass sie ihre Sexualität mit großer Lust und viel Engagement in vollen Zügen genoss. Sie stand zu ihrer ausgelebten Promiskuität, wobei sie der festen Überzeugung war, »Sex« von »Liebe und Sex« trennen zu können.
    Ein vielleicht noch größeres leibliches Vergnügen bereitete ihr jedoch die Kocherei.
    »Meat Balls waren ihr Leibgericht, und Amy machte sie wirklich fantastisch«, sagte ihr Friseur Alex Foden, der sich ein Jahr lang eine Wohnung mit ihr teilte.
    Wenn sie in ihrer Küche wirbeln konnte, wenn ihre köstlichen Fleischbällchen in der Pfanne brieten oder ihr beinahe schon legendäres Brathühnchen im Ofen schmorte und die Weißweinflaschen um den von so vielen spontanen Gästen wie möglich bevölkerten Küchentisch kreisten, dann wäre sie immer ganz entspannt und ausgeglichen, ja, fast
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