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Baby-Bingo

Baby-Bingo

Titel: Baby-Bingo
Autoren: Carla und Martin Moretti
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übernatürlich viel Kraft kostete. Natürlich freut sie sich über Maries unerwartete Schwangerschaft. Carla ist ein Mensch, dem das Wort Neid sowieso völlig fremd ist. Und wenn sie jemandem eine glückliche Fügung gönnt, dann ihrer Fast-Schwester Marie. Aber gleichzeitig ist diese Nachricht für Carla ein brutaler Schock. Denn während sie sich nichts sehnlicher wünscht als ein Kind, dafür wirklich alles tut und einen festen Lebenspartner mit dem gleichen Wunsch hat, pflückt sich Marie mal eben im Vorbeigehen Nachwuchs vom Baum der Fruchtbarkeit.
    »Ist das vielleicht gerecht?«, fragt mich Carla mit tränenerstickter Stimme.
    Nun, was soll ich darauf antworten? Emotional gesehen ist es natürlich eine Frechheit. Ein schlechter Scherz des Schicksals. Aber bei objektiver Betrachtung scheint es sich schlicht und einfach um einen Zufallstreffer zu handeln.
    »Die Biologie kennt leider keine Gerechtigkeit – nur das Recht des Stärkeren«, sage ich.
    »Toller Trost. Das heißt also, dass wir beide schwach sind?«
    Punkt für sie.
    »Und diese These lässt übrigens auch dich nicht so gut aussehen«, sagt Carla. »Denn wenn so ein Vier-Monate-Michael mal eben ein Kind zeugt, könnte man schon auf die Idee kommen, dass es auch am Mann liegt, wenn es so lange nicht funktioniert …«
    »Wie meinst du das?«, frage ich, etwas überrascht über die Wucht ihres Angriffs. Schuldzuweisungen sind sonst gar nicht Carlas Art.
    »Na ja, Michael ist immerhin fast zehn Jahre jünger als du«, sagt sie.
    Zehn Jahre? Ich rechne kurz. Damit ist er auch zwei Jahre jünger als Marie. Nun folgt also auch sie dem seltsamen Trend zu jüngeren Männern.
    »Sorry, auch wenn ich es selbst manchmal gerne tun würde: Mein Alter lässt sich leider nicht zurückdrehen, wie das manche Werkstätten mit dem Autotacho machen. Wenn das ein Problem für dich ist, musst du dir auch einen jungen Lover suchen.«
    Langsam entwickle ich eine Wut auf diesen Michael, dem ich noch nie begegnet bin. Kommt da an, schwängert nach ein paar Wochen quasi im Vorbeigehen Marie und wird dafür noch gefeiert wie ein Held. Aus anderer Perspektive betrachtet, könnte man ihn auch als rücksichtslos und unverantwortlich bezeichnen. Hat der Mann vielleicht eine Kondomallergie?
    »Sei nicht albern«, sagt Carla. »Aber du könntest schon etwas besser auf dich aufpassen. Zum Beispiel gesünder leben und mal länger als sechs Stunden schlafen.«
    »Wie Michael? Ist das sein Geheimrezept für Blitzbefruchtungen?«
    Jetzt muss Carla, deren Mascara vom Heulen völlig verlaufen ist, doch wieder lächeln. »Lass uns doch nicht streiten. Tut mir leid. Aber es ist keine einfache Situation für mich.«
    »Weiß ich doch«, sage ich. Und nehme sie in die Arme. »Ich werde wirklich alles tun, damit es auch bei uns ganz schnell klappt, versprochen!«
    Insgeheim hoffe ich jedoch, dass mich Carla nicht allzu wörtlich nimmt und ich das mit dem gesunden Leben nicht übertreiben muss.
    »Glaubst du denn, dass dieser Michael es ernst meint, oder war der Zufall ein Unfall?«, starte ich einen kleinen Gegenangriff auf diesen nervigen Spielverderber.
    »So richtig geplant war’s wohl nicht. Aber Marie sagt, er sei auch total happy. Ganz süß, er hat auch schon einen Trainingsanzug und winzige Sportschühchen gekauft.«
    »Und du denkst nicht, er möchte sich auf Kosten von Marie ein schönes Leben machen?«
    Hintergrund meiner Frage ist, dass Marie von ihrer Großmutter Anteile an einer Fabrik geerbt hat, die Autositze herstellt und innerhalb dieses Marktes ein Monopol hat. Der Laden, den ihr Vater führt, ist eine Gelddruckmaschine. Carla sprach mal davon, dass Marie theoretisch drei Millionen schwer ist.
    Aber auch praktisch ist sie nicht Not leidend. Sie lebt in einer 4-Zimmer-Penthousewohnung im angesagten Mün chener Stadtteil Lehel. Dazu besitzt ihre Familie Häuser, wo man sie derzeit in gewissen Kreisen haben muss: in London, Gstaad und der Toskana. Zwar nennt Marie sich »Schmuckdesignerin« und hat ein Atelier mit angeschlossenem Verkaufsraum. Aber darin habe ich, von Partys abgesehen, noch nie potenzielle Käufer gesehen. Ihr Hauptabnehmer ist Carla, die allerdings den Schmuck geschenkt bekommt. Mein starker Verdacht ist also, dass Marie es nicht nötig hat, Geld zu verdienen. Ihr Laden ist so eine Art Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Vermögende.
    »Wie? Du meinst, Michael ist ein Heiratsschwindler?«, fragt Carla amüsiert. »Er weiß doch gar nicht, dass Marie auch
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