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Baby-Bingo

Baby-Bingo

Titel: Baby-Bingo
Autoren: Carla und Martin Moretti
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schießen. Von jedem Label, das Mama und Papa lieben, gibt’s dort inzwischen ein Modell für Winzlinge. Sogar ein »Baby Carrier« von Gucci ist im Angebot, also eine Baby-Bauchtrage der noblen Art. Und auch Kindermessen boomen.
    Klar, dass die Politik versucht, auf dieser Welle mitzusurfen. Die Familienministerin ist inzwischen der Rockstar des Kabinetts. Fehlt eigentlich nur noch eine große Samstagabend-Liveshow. Mein Vorschlag: »Deutschland sucht die Super-Mami«.
    Warum ich all diese Geschichten erzähle? Weil ich mehr und mehr Mitleid mit Carla bekomme. Es gibt in der Kinderfrage eine deutliche Asymmetrie im Verhältnis Mann zu Frau. Man darf sich da nichts vormachen, auf Carla liegt in Sachen Nachwuchs der Hauptdruck. Erinnert sie nicht jeder Bauch, jedes Baby daran, dass sich ihr Zeitfenster zur Wunscherfüllung Tag für Tag einen Millimeter schließt? Definitiv. Auch wenn die medizinische Forschung unermüdlich gegensteuert und Gianna Nannini noch mit 54 Jahren Mutter eines gesunden Kindes geworden ist. Solch eine späte Erfolgsmeldung ist ein willkommener Trost an ganz trüben Tagen. Aber Mutterglück jenseits der 45 bleibt wohl vorerst die Ausnahme, eine individuelle Leistungsschau der Reproduktionsmedizin.
    Der altersabhängige punktuelle Stress rund ums Thema Kinderkriegen bleibt uns Männern zum Glück erspart. Im krassen Gegensatz zu unserer Partnerin können wir uns ab 30 also darauf konzentrieren, keinen Bauch zu kriegen. Das ist unsere Herausforderung, die mehr oder weniger gelingt. Dass sich bei uns Männern das Zeitfenster ebenfalls schließt, spüren wir aber nicht nur in der Hüftregion, sondern auch in Körperbereichen weit darüber, auf dem Kopf. Das schwindende Haupthaar erinnert uns täglich daran, dass wir nicht von der biologischen Erosion verschont bleiben.
    Doch die Aussicht, ein sehr später und haarloser Vater zu werden, macht uns trotzdem nicht nervös. Anthony Quinn war schließlich 81 Jahre alt, als sein letzter Sohn zur Welt kam. Clint Eastwood wurde mit 66 nochmals Vater. Und mehr als jedes 20. Kind hat heute bei der Geburt einen Vater, der bereits seinen 50. Geburtstag gefeiert hat.
    Nein, wir machen uns da keinen Stress. Trotzdem wir gern mal ein Glas Bier zu viel trinken, wird schon eines unserer mindestens 60 Millionen Spermien noch im Idealzustand sein und den richtigen Weg finden. 60 Millionen, das entspricht etwa der Einwohnerzahl Frankreichs. Und das Land bringt schließlich sogar Nobelpreisträger hervor. Eines unserer Spermien ist also sicher hochbegabt und ein Streber. Schließlich wächst auch die Weltbevölkerung weiter und hat inzwischen die 7-Milliarden-Grenze geknackt. Da kann es doch nicht so schwer sein, einen einzigen Erdenbürger hinzuzufügen.
    Bei solchen Gedankenspielen ertappe ich mich jetzt öfter. Themen, über die ich bisher nie nachgedacht habe. War ich doch, was den Kinderwunsch betrifft, bisher immer gefühlte Lichtjahre von der Jetzt-oder-nie-Phase entfernt. Nun bin ich dank Carla plötzlich mittendrin. Aber mit meinen 44 Jahren finde ich das okay.
    Ganz geplant Vater werden? Das ist der Ausnahmefall. Die meisten Männer gleichen in ihrer Lebensdynamik eher dem Treibgut in einem Fluss. Nur die Hauptrichtung ist klar: vorwärts. Sie werden mitgerissen, hin und her geworfen. Solange das Wasser schnell durch Stromschnellen fließt, gilt all ihre Energie dem Kampf, nicht unterzugehen. Sie haken mal kurz hier oder da fest, aber der Sog ist zu gewaltig, um nicht wieder fortgespült zu werden. Erst wenn der Fluss ruhiger wird, lassen sie sich treiben und setzen auch mal auf einer Sandbank auf. Dann, wenn sie auf dem Trockenen sitzen, sind die Treibgut-Kerle auch für das Thema Kinder offen. Was heißt, es bestehen gute Chancen, dass eine Frau sie dafür begeistern kann. Carla, mein Staudamm. Sie ist wirklich die richtige Frau, um gemeinsam mit ihr die Anzahl der Familienmitglieder nach oben zu schrauben, sie gibt sicher eine tolle Mama ab. Ihre Liebe und Geduld reicht für eine Großfamilie. Allerdings wird dafür die verbleibende Zeit etwas knapp.
    Um ganz ehrlich zu sein: Manchmal taucht in meinem Hinterkopf jedoch auch die theoretische Frage auf: Was passiert eigentlich, wenn nichts passiert? Würde unsere Partnerschaft das verkraften? Oder bin ich dann für immer der Mann, mit dem Carla ihre besten Jahre verschwendet hat? Vermassle ich ihr das Happy End ihres Lebens? Gedanken, die ich von ihr natürlich fernhalte.
    Sollte Carla wirklich einen
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