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Babel und Bibel

Babel und Bibel

Titel: Babel und Bibel
Autoren: Karl May
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wagt, Widerstand zu versuchen):

    Du weigerst dich?
    Vorbeter:
    Du hast sie mir verboten!
    Scheik:
    Allerdings,
    Und dazu hatte ich mein Recht. Verstanden?
    Doch aber jetzt will ich das Gegenteil,
    Und was ich will,
     
    (klatscht)
     
    geschieht; das ist bekannt!
    Vorbeter
(schaut bittend zu ihm auf):
    Verzeih, o Herr! Ich möchte dich bewahren!
    Gedenke an das »rasche Ende«, Scheik,
    Das du mit ihr heraufbeschworen hast!
    Scheik:
    Nur mein Befehl und nicht mein Ende gilt!
    Vorbeter:
    Und meine Lippe ist nicht deine Lippe!
    Scheik:
    Die Fāt’ha will ich!
     
    (schlägt ihm bei der Silbe Fā die Peitsche über den Rücken)
     
    Vorbeter:
    Nein!

    Scheik:
    Die Fāt’ha
     
    (gibt ihm bei derselben Silbe einen zweiten Hieb)
     
    Vorbeter:
    Nein!
    Schēfakā
(eilt auf den Scheik zu, der schon zum dritten Hiebe ausholt, und fällt ihm in die Peitsche)
    O Scheik, o Scheik, du prügelst das Gebet!
    Scheik:
    Mit vollem Recht, wenn es mir nicht gehorcht.
     
    (macht sich von ihr los und schlägt den Schwarzen wieder. Schēfakā hängt sich an seinen Arm und versucht, ihm die Peitsche zu entreißen. Die Aufregung geht auf alle Anwesenden über. Man ist empört. Man drängt sich herbei. Der Scheik der Todeskarawane verläßt das Zelt, um sich des Bedrängten anzunehmen. Er tut das ruhig, ohne eine Spur von Leidenschaftlichkeit und Uebereile. Die Phantasie und die Bibel bleiben im Zelte. Sie stehen nebeneinander, die Jüngere im Arme der Aelteren.)
     
    Imām:
    Was das Gebet betrifft, bin ich der Herr.
    Ich will das Ūmehā, die Fāt’ha nicht!
    Kādi:

    Und was das Recht, zu strafen, anbelangt,
    So habe ich es nur, kein Anderer!
    Scheik
(grimmig):
    Allāh, Allāh, wie lustig das hier wird!
    Weil diese Schurken, die gegangen sind,
     
    (mit der Peitsche hinter den vier Scheiken her drohend)
     
    Nicht taten, was ich mir berechnet hatte,
    Wagt es nun gleich der ganze heilge Glaube
    Und auch das ganze, liebe, heilge Recht,
    Sich von mir loszusagen.
     
    (spuckt aus)
     
    Pfui der Schande!
     
    (schleudert Schēfakā von sich, so daß sie vor dem Scheik der Todeskarawane niederfällt, deutet auf den Neger und ruft herausfordernd):
     
    Ich peitsche ihn, bis er gehorcht! Verstanden?!
    Und wer mich hindern will, der wage es!
     
    (schlägt weiter auf den Schwarzen ein)
     
    Scheik der Todeskarawane
(hebt Schēfakā auf und reicht sie ihrem in der Nähe stehenden Vater hin)
    Das ist Kitāl, das Drachenungeheuer,
    Die niedrige Gewalt, das – – – Menschentier!

    Scheik
(sich ihm zuwendend und vom Schwarzen ablassend):
    Kitāl, Kitāl, ganz richtig! Hast du Mut,
    So komm heran, und hol dir meine Peitsche!
    Scheik der Todeskarawane:
    Wozu denn Mut? Kitāl ist ungefährlich!
     
    (er geht langsamen Schrittes auf den Scheik zu, die Augen fest auf ihn gerichtet)
     
    Phantasie
(ruft ihnen zu):
    Schon wieder stellt er seinen König bloß.
    Herunter mit dem Reif von Ēridū!
     
    (Die Beiden stehen sich Auge in Auge gegenüber. Der Scheik kann den Blick des Andern nicht aushalten. Es liegt jene Schuld darin, die ihn seit langen Jahren quält und peinigt. Die Worte der Phantasie erlauben ihm, einen Schritt und noch einen zurückzuweichen, um nach ihr hinzusehen.)
     
    Scheik:
    Was will sie nur mit ihrem König immer,
    Und mit dem goldnen Reif von Ēridū?!
    Hākawāti:
    Das weißt du nicht? Und wagst, dich Geist zu nennen?
     
    (Dieser Zuruf des alten Märchenerzählers gibt ihm Veranlassung, abermals einige Schritte nach rückwärts zu tun, scheinbar, um ihn zu sehen, eigentlich aber, um dem Blicke des Scheikes der Todeskarawane auszuweichen, der scharf und bohrend auf den seinigen gerichtet ist und ihn immer weiter treibt, von der Stelle weg, an welcher der Neger geschlagen worden ist. Die Andern alle machen Platz und schauen dem Vorgange, der sich ganz ähnlich wie im ersten Akte abspielt, mit großer Spannung zu. Endlich kann der Scheik den unbeweglich auf ihn gerichteten Blick nicht länger ertragen)

     
    Scheik
(sich zornig aufbäumend):
    Hinweg mit deinen Augen, Leichenknecht!
    Die Peitsche kommt!
    Scheik der Todeskarawane
(den Blick nicht wendend):
    Schlag zu!
    Scheik:
    Sofort, sofort!
     
    (beim ersten »sofort« holt er aus; bei dem zweiten soll der Hieb fallen, aber der Scheik der Todeskarawane reißt sie ihm mit einem unerwarteten, blitzschnellen Griff aus der Hand)
     
    Scheik der Todeskarawane
(die Peitsche hinter sich hochhaltend):

    Hier ist sie schon!
    Scheik
(auf ihn eindringend):
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