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Azraels Auftrag (German Edition)

Azraels Auftrag (German Edition)

Titel: Azraels Auftrag (German Edition)
Autoren: Ralf Oswald
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Anschein, als ob der Kopf von einem lodernden Flammenkranz umrahmt wurde. Hin und wieder brachen sich violette Reflexionen einiger entfernter Blitze im Glas, doch außer der Meduse schien dies keiner zu bemerken.
    Der MP5 Player trällerte den Oldie „Behind Blue Eyes“ von Limp Bizkit, doch das nahm Mika nicht bewusst wahr.
    Er hob den Kopf an und sah durch das schmucklose Fenster nach draußen. Am Horizont war ein leuchtendes Band zu sehen, begrenzt von Gewitterwolken. Bald würde die Sonne aufgehen, doch wie es aussah, würde man durch das aufziehende Gewitter nichts davon merken. Am Horizont zeigte sich für mehrere Sekunden ein extrem starkes Wetterleuchten.
    „Es wird einen Sturm geben“, dachte Mika. „So wie damals.“
    Erneut nahm er das oberste Photo und steckte es bedächtig nach hinten. „Wie lange war es nun her? Heute ist... Dienstag, nein, schon Mittwoch. Also ist es dreihundert... achtundsiebzig Tage her.“
    Ein verzerrtes Lächeln bildete sich auf seinen Lippen .
    „Es ist seltsam, wie innerhalb einer Sekunde alles anders werden kann. Alles, was mir etwas bedeutete, ist weg.“
    Er umschloss das Whiskeyglas mit beiden Händen.
    „Alles weg Und das hier ist nun mein Zuhause“, erkannte er.
    Mikas Blick löste sich von dem Lichtspiel am Horizont und begann im Zimmer umherzustreifen. Schmucklose, funktionelle Vierkantstahlmöbel, wie sie in der gesamten Armee benutzt wurden. Zumindest hatte er nie etwas gravierend anderes gesehen. In der Ecke stand eine private Ikea Kommode, Modell Oereson oder so ähnlich, auf dem die Tag und Nacht eingeschaltete Kaffeemaschine stand. Längst hatte sich der letzte Kaffee in einen braunen Belag verwandelt, der in einer neuen Schicht die Glaskanne überzog. Über der Kommode hatte Mika ein paar Filmposter aufgehängt. Das größte davon war eine seltene Version des Films GLADIATOR, welches er auf einer Filmbörse in München erstanden hatte.
    Damals war er mit Anne dort gewesen. Mika musste schlucken, um die aufsteigende Enge im Hals loszuwerden.
    „Anne... !“
    Er begann zu lächeln. Sein glasiger Blick starrte ins Leere, als sich vor seinem inneren Auge das Bild einer dunkelhaarigen Frau zeigte. Braune Augen blickten ihm entgegen.
    Wie sehr vermisste er diese Augen.
    Sie wurden größer und schienen Mika regelrecht aufzusaugen. Die Pupillen verändern sich. Sie zogen sich spaltförmig zusammen, bis eine katzenartige Pupille entstand. Mika zuckte zusammen. Im selben Moment verschwand das Bild vor seinen Augen und zeigte unverändert die Frau, die er liebte.
    In seinen Gedanken hielt sie zwei Eintrittskarten für die Bavaria Filmstudios hoch und wedelte damit vor seiner Nase. Mit einem frechen Grinsen versteckte sie die Karten hinter ihrem Rücken. Sie liebte es, ihn aufgrund seines Filmticks zu necken. Mika hatte das Ganze nie als Tick oder Spleen gesehen, sondern als ein ernsthaftes Hobby bezeichnet.
    „Ich und Spleen! Du solltest erst mal sehen, was mein „Mitbewohner“ hier abzieht. Dann siehst Du, was ein richtiger Spleen ist“, richtete er seine Gedanken an Anne.
    Mit diesen Vorstellungen blickte Mika in die gegenüberliegende Ecke des Raumes, wo sein Stubenkamerad seine Wand individuell dekoriert hatte. Ein lederner Brustharnisch inklusive eines aufwendig verzierten Helms eines Samurais hingen an der Wand. Darunter befand sich ein dreifach geteilter Waffenständer, in dem sich jedoch nur zwei Schwerter befanden - Katanas, wie er sie nannte.
    Den Abschluss bildete eine kleine Kommode. Das selbe Ikea-Modell wie Mika eine hatte, nur in schwarz. Doch diese Kommode war in eine Art Schrein verwandelt worden: -zig bunte Teelichter, Buddhastatuen, Blütenblätter, Teeschalen, aus denen er einen ungenießbaren grünen Pulvertee trank und Essstäbchen von Wongs Heimservice dekorierten die Oberfläche.
    Mikas Gedanken gingen zurück zu Anne und dem Wochenende, das sie zusammen in München verbracht hatten. Die Kiddies bei der Oma zu lassen, um seit langem alleine zu sein, war eine tolle Idee.
    Mika blätterte weiter in seinem Bilderstapel.
    Zwei blonde Mädchen im Alter von Fünf und Sieben blickten ihm aus dem Bild entgegen. Das Photo hatte Anne ihm gemailt, als sie zusammen mit den Kids am 10. Juni ihre Eltern in Madrid besucht hatten. Mikas Lächeln hatte sich in eine starre Maske verwandelt, als er an das Datum dachte.
    Die Schlagzeilen dieses Tages erschienen vor seinen Augen: 11. JUNI, TAG DES UNTERGANGS.
    Mika starrte auf das Photo.
    Vor seinem inneren
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