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Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern

Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern

Titel: Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern
Autoren: Dana Phillips
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ist gleich um die Ecke.«
    »Zwei Tage? Das ist kein Problem, bella . Du bist wirklich toll. Ich finde dich ziemlich super. Und dein Italienisch! Also, zwei Tage kosten nur vierzig Euro. Weil du es bist!«
    »Vierzig Euro? Das ist ganz schön happig!«, entgegne ich. Der Parkwächter mustert mich von oben bis unten, zumindest soweit es ihm durch das Autofenster hindurch möglich ist.
    »Du bist ein hübsches Mädchen und hast eine super Figur. Sagen wir dreißig Euro.« Ich runzle die Stirn. Werden die Preise für Parktickets in Italien nach dem Aussehen berechnet? Gibt es hier denn keine festen Tarife? Aber wahrscheinlich ist Berlusconi noch nicht lange genug von der Bildfläche verschwunden, als dass sich integre Geschäftsmethoden hätten durchsetzen können. Vermutlich gehören dem ehemaligen Regierungschef nicht nur Fernsehsender, der AC Mailand, Immobilien, die Autobahnraststätte, in der ich meinen Kaffee bestellt habe, sondern auch dieser Parkplatz. Die Tatsache, dass ich wegen meiner blonden Haare und meiner Körbchengröße weniger zahlen soll, ist ein eindeutiges Indiz dafür. Aber ich lasse mich nicht korrumpieren! Ich zücke mein Portemonnaie und gebe Silvios Lakai die ursprünglich geforderten 40 Euro. Mit mir nicht, mein Lieber!
    »Bitte sehr!«, sage ich.
    »Grazie«, antwortet er. »Ich bin übrigens Luigi.« Er lacht mich an. »Bella ragazza.« Dann schnappt er sich die Scheine, drückt mir einen Parkschein in die Hand und läuft zur anderen Seite des Platzes hinüber, wo er noch ein Auto entdeckt hat, bei dem er abkassieren kann. Innerlich kopfschüttelnd blicke ich ihm einen Moment nach, dann ziehe ich meine Koffer aus dem Auto. Schnell stecke ich noch das Foto von Mario in die Innentasche meiner Jacke und schließe den Wagen ab.
    achdem ich meine Koffer im Hotel abgestellt habe, laufe ich Richtung Innenstadt. Fast alle Wege führen nach Rom, die restlichen zum Dom – zumindest in Mailand. Kurz bevor ich das Wahrzeichen der Stadt erreiche, überquere ich eine große Kreuzung und werde dabei fast von einer Straßenbahn überrollt. Sie ist über und über mit goldfarbenen leuchtenden Lämpchen verziert, ein mobiler Christbaum im Hochsommer. Corriere della Sera steht in großen Lettern auf dem Wagon geschrieben – die führende Tageszeitung in Italien hat sich für ihren Werbefeldzug etwas einfallen lassen. Corriere della Sera , Abendkurier, das passt gut zu den leuchtenden Waggons. Ich bin entzückt! In Mailand strahlt sogar die Straßenbahn. Ansonsten strahlt in Italien ja höchstens noch der von der Mafia illegal verbuddelte Atommüll in den Dolomiten. Aus dem leeren Wagen winkt mir der Fahrer zu, offensichtlich erleichtert, dass ich ihm nicht unter die Räder geraten bin. Ich drehe mich noch einmal nach ihm um, dann gehe ich weiter und lande wenig später direkt am Dom. Es wird langsam dunkel, die hellen Türmchen des duomo heben sich deutlich vom Nachthimmel ab. In den Erdgeschossen der den Platz umrahmenden Häuser befinden sich Cafés und Geschäfte. Ein Pärchen verlässt gerade ein Schnellrestaurant, das zwischen den luxuriösen Fassaden irgendwie fehl am Platz wirkt. In ihren Händen halten sie Plastikbecher, die mit einer grell orangefarbenen Flüssigkeit gefüllt sind. Sie trinken Spritz, Italiens In-Getränk: Ein Drittel Wein (wahlweise Prosecco), ein Drittel Sprudelwasser, ein Drittel Aperol. Offensichtlich hat sich zwar der Coffee to go in Italien noch nicht durchgesetzt, immerhin gibt es aber Spritz to go . Ich setze mich auf die Treppen vor dem Dom.
    Es herrscht reges Treiben auf der piazza . Touristen passieren den Platz, hier und da versuchen indische Straßenverkäufer, Leuchtstangen und aus Plastik gefertigte Flugobjekte zu verkaufen, die sie in regelmäßigen Abständen schwungvoll durchie Luft sausen lassen. Immer wieder schnappe ich italienische Wortfetzen auf, offenbar ist Mailand auch für Landsleute ein beliebtes Reiseziel. Nachdem ich eine Weile die italienischen Männer auf dem Platz beobachtet habe, kann ich unter ihnen drei Typen ausmachen: Da wäre erstens der filigrane Schönling, hübsch, gut gekleidet, sehr modisch und mit Gesichtszügen wie denen von Baptiste Giabiconi, der »Muse« von Karl Lagerfeld. Dann gibt es den tätowierten Athleten, der seine prallen Oberarme im engen Muskel-Shirt zur Geltung bringt. Und schließlich den alternativen Brillenträger mit Halbglatze und auf Bauchnabelhöhe mit Gürtel festgezurrten Hochwasserhosen. Die meisten der Männer
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