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AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)
Autoren: Ina Norman
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alte Weststraße passierbar, wenn sich alle anderen Wege in Schlammbäche verwandelten.
    Der Kaminfeger hatte die Arme auf den Wagenkasten gestützt und schaute aus dem letzten Wagen auf die zurückbleibende Landschaft. In tiefen Zügen sog er die prickelnde Frühlingsluft ein und hielt sein Gesicht genießerisch in die Sonne.
    Jetzt beugte er sich aus dem Wagen, um entzückt auf die bewaldeten Hänge zu blicken, die sich in einiger Entfernung der Straße, jenseits der Felder dahinzogen. Die Laubbäume prangten schon in sattem, sommerlichem Grün, aber dazwischen leuchtete das grünliche Weiß einer späten Blüte. Der Kaminfeger wandte den Kopf ins Innere des Wagens.
    »Schau doch, es ist wunderschön ...«
    Der Wind fuhr in kurzgeschorenes, rotes Haar, als sein Gefährte sich widerwillig aufrichtete.
    »Was?«
    Der andere verdrehte die Augen und deutete mit einer weit ausholenden Handbewegung auf die glänzenden, blühenden Hänge.
    »Nun, das alles.«
    »Ja, und? Das sind halt Bäume.«
    »Was bist du für ein Banause! Bäume! Sicher sind das Bäume, aber sie blühen und soviel Grün und die Luft - ist sie nicht wunderbar?« Wieder machte er einen tiefen Atemzug, aber der andere rümpfte die Nase.
    »Wunderbar? Hier stinkt’s schlimmer als auf dem Viehmarkt, meine Süße. Schwärm allein weiter und lass mich schlafen, das war grausam früh, heute morgen.«
    Er kroch zurück in das Nest aus Stroh und grobem Leinzeug, mit dem der kleine Raum hinter den Kisten ausgepolstert war und zog sich die Kapuze über das Gesicht.
    Ninian machte eine Grimasse, aber der Morgen war zu schön, als dass sie sich lange über Jermyns Verdrossenheit grämte. Sie schnüffelte. Er hatte recht - das durchdringende Aroma von Dung legte sich ernüchternd über die Landschaft, aber es war ihr lieber als der atemberaubende Gestank, den der Dreck in Deas Gassen verströmte.
    Hohe, zweirädrige Ochsenkarren kamen in Sicht, beladen mit Fässern, aus denen die Bauern goldbraune Jauche schöpften und weit schwingend auf den Feldern verteilten. Der herrliche Tag schien selbst ihnen das Gemüt zu erwärmen, ab und zu blickte einer auf und winkte den vorbeirollenden Wagen mit der Kelle zu.
    Ohne es sich recht einzugestehen war Ninian ein wenig enttäuscht vom Hinterland der Großen Stadt, das sich im zunehmenden Tageslicht ihren Blicken darbot. Sie hatte aus dem Wagen gesehen, seit sie aus dem Tor gerollt waren, und jetzt merkte sie, dass sie sich nach der herben Landschaft ihrer Heimat sehnte, nach schroffen Felswänden, engen Tälern und den finsteren Wäldern, durch die sie mit Elys Wagenzug gezogen war.
    Die Wälder im Umkreis von Dea waren schon lange abgeholzt. Aus ihrem Holz waren die Schiffe erbaut worden, mit denen die Alten ihre Herrschaft begründet hatten. Die Landschaft aber war vor vielen hundert Jahren urbar gemacht worden, um Nahrung für die Bevölkerung von Dea anzubauen. Obstbäume hatten die majestätischen Waldriesen ersetzt, selbst die Hänge waren gezähmt und mit Weinreben überzogen.
    Und doch zog sie die friedlichen Äcker den steinernen Straßenschluchten und leblosen Trümmerhaufen des Ruinenfeldes vor. Vielleicht wurde es am Ouse-See besser. Dankbar sah sie zu Jermyn, der sich zusammengerollt hatte und wieder eingeschlafen war.
    Nachdem er sich, angestachelt durch LaPrixas spöttische Worte, entschlossen hatte, seinen Bau zu verlassen und den Ausflug an den Ouse-See zu wagen, war er die Sache wie jeden anderen Raubzug angegangen. In den dunklen Vierteln hatte er einen ehemaligen Kammerherren aufgestöbert, der den Weinkeller seiner Herrschaft zu sehr geliebt hatte. Da er ein langjähriger Diener gewesen war, hatte man ihn, mit einem Schweigegeld versehen, aus dem Haus entfernt. Er hatte die Familie oft an den Ouse-See begleitet und kannte die Verhältnisse dort. Vor die Wahl gestellt, mit Bezahlung freiwillig oder ohne Bezahlung gezwungen zu reden, hatte er weise ersteres gewählt.
    »Wir geben uns als Kaminfeger aus«, hatte Jermyn nach diesem Gespräch erklärt. »Keiner achtet darauf, wenn sie auf den Dächern herumklettern und durch die Räume schleichen. Selbst mir fällt es schwer, uns tagelang unsichtbar zu machen oder den Leuten einzugeben, wir seien harmlose Handwerker. Schwarzkittel erregen keinen Verdacht.«
    Er hatte Meister Varel aufgesucht, den ihm der Kammerherr als allseits geachteten Vertreter dieser Zunft genannt hatte. Als er fortging, war der Meister fest davon überzeugt, die Arbeit am Ouse-See
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