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AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)
Autoren: Ina Norman
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sommerliche Hitze leicht zu ertragen.
    Die Wagen trugen die mannigfaltigen Waren und Gegenstände, ohne die das verwöhnte Stadtvolk nicht leben konnte, und in wenigen Wochen, wenn die Luft in Dea unerträglich wurde, würden ihnen große, gut gefederte Kutschen folgen. Für eine Weile spielte sich dann das elegante Leben an den lieblichen Ufern des Ouse-Sees ab, mit Landpartien, Bootsfahrten und glänzenden Festen. Hochzeiten würden angezettelt, heimliche Liebschaften und Intrigen gesponnen, bis die ersten Herbststürme die vornehme Gesellschaft nach Dea zurücktrieben. Ziel des Wagenzuges war das stattliche Dorf Neri am östlichen, flacheren und weniger begehrten Ufer, in dem Fischer und Bauern lebten. Die meisten vornehmen Familien nahmen vertraute Diener mit, aber auch die Dörfler taten im Sommer Dienst in den Villen, damit die Herrschaften nicht auf die gewohnte Bedienung verzichten mussten.
    Die Vorhut der Städter bildeten Handwerker. Sie bereiteten die Sommersitze vor, besserten die Schäden der Wintermonde an den flachen Dächern, den zartfarbigen Sandsteinfassaden und den Gärten aus.
    Nur zuverlässige Männer, von den Verwaltern und Haushofmeistern sorgfältig geprüft, bekamen Zugang zu den Villen. Wenn auch ein großer Teil der beweglichen Habe mitgenommen wurde, so blieben doch genug kostbare und begehrenswerte Dinge in den Villen zurück, um unwillkommene Besucher anzulocken. Oft waren die Handwerker seit Jahrzehnten im Dienst der reichen Familien, den Fuhrleuten und Dorfbewohnern von Neri wohl vertraut.
    Eine nicht geringe Arbeit war es, die Rauchabzüge zu säubern. Selbst im Hochsommer stiegen kühle, nächtliche Nebel vom See auf, die den Schlummer der vornehmen Gesellschaft nicht stören durften, und in den meisten Villen brannten nachts Feuer in den herrschaftlichen Schlafzimmern.
    Den alten Varel und seinen schweigsamen Sohn etwa kannte der einäugige Samuel seit Jahren. Pünktlich um diese Zeit zogen sie mit ihren Gerätschaften hinaus an den Ouse-See, um den Ruß aus den Kaminen von einem Dutzend Sommerpalästen zu klopfen. Unterwegs leerte man einen Krug gemeinsam, wobei der Alte für den Jungen schwatzte. Einmal hatte er einen Gehilfen mitgebracht, weil der Sohn sich ein Bein gebrochen hatte, aber die beiden jungen Männer, die ihm im Morgengrauen einen Zettel mit dem Schriftzug des Fuhrmeisters unter die Nase hielten, hatte Samuel noch nie gesehen. Sie waren in das stumpfe Schwarz der Kaminfeger gekleidet und hatten die Kapuzen tief in die Stirn gezogen.
    »Wo habt’s denn euer Handwerkszeug?«, suchend sah er sich nach den Stangen, Bürsten und Kugeln um, die sie sonst mitschleppten.
    »Schon verladen«, antwortete der Größere sanft. Seine Augen glänzten dunkel unter der Kapuze und mit einem Mal wusste der Fuhrmann, dass alles seine Richtigkeit hatte. Sie kamen als Ersatz, die beiden, mit den Empfehlungen von mehreren Haushofmeistern und ihr Kram ging ihn nichts an.
    »Na, denn steigt mal auf«, brummte er, aber der Kaminfeger schüttelte den Kopf.
    »Nein, wir sitzen hinten.«
    Auch das leuchtete Samuel ein. Lammfromm führte er sie um den Wagen. Bis unter die Plane hatte er Kisten mit Kerzen geladen, nur am hinteren Ende war ein Platz ausgespart, gerade groß genug, dass zwei bequem dort sitzen konnten. Sogar Stroh lag darin. Samuel staunte, er konnte sich nicht erinnern, es hineingeschafft zu haben.
    Die beiden kletterten geschwind über die Wagenwand und ein lässiges Winken entließ den Fuhrmann.
    »So, jetzt kümmere dich um deine Ochsen, Bruder, wir kommen allein zurecht.«
    Gehorsam wandte Samuel sich ab und hatte seine Mitreisenden im Augenblick vergessen. Leichtes Schädelweh plagte ihn, untrügliches Zeichen für einen Wetterumschwung. Es würde regnen ...
    Seinem unfehlbaren Wettersinn zum Trotz rollte der Wagenzug einige Stunden später unter einem wolkenlosen Frühlingshimmel über die Westliche Straße. Sie war einst Teil des gut ausgebauten Netzes gewesen, mit dem die Alten ihr ausgedehntes Herrschaftsgebiet überzogen hatten, um rasch Truppen, Vorräte und Nachrichten zu befördern. Mit ihrem Niedergang waren die Straßen verfallen, diese jedoch war in gutem Zustand, da sie einst zu den Zufluchtsstätten in den Falarner Bergen und in jüngeren Tagen zu den Sommerresidenzen am Ouse-See führte. Trupps von Verurteilten füllten unter strenger Bewachung Löcher mit Kies, ersetzten zerborstene Platten und rückten dem Grün zwischen den Platten zu Leibe. So blieb die
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