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AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)
Autoren: Ina Norman
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ihr damit?«, rief Violetta verblüfft.
    Der Hauptmann schwieg. Er hatte den Geist erkannt, der schon einmal von ihm Besitz ergriffen hatte und sich heftig gewehrt. Es hatte ihm nichts genützt.
    »Die Leute befinden sich wohl und haben auf lange Zeit zu reden, aber sie preisen nicht Duquesne und seine Wachen, sondern ein zwielichtiges Pärchen, das in der Ruinenstadt haust, Jermyn und Ninian mit Namen. Er ist ein Gedankenlenker von ungewöhnlicher Stärke und hat dafür gesorgt, dass die Zuschauer nicht in Panik gerieten, während sie - fragt mich nicht wie - den Zusammenbruch aufgehalten hat, bis alle draußen waren. Diese beiden feiert das Volk wie Helden.«
    Die ungläubigen, überraschten Ausrufe, mit denen er gerechnet hatte, blieben aus.
    »Ninian war im Zirkus?«, meinte Ely mit mildem Erstaunen. »Nun, da konnte euch ja gar nichts passieren.«
    Dame Enis aber erklärte missbilligend:
    »Trotzdem ist es in höchstem Maße unschicklich, wie sie mit diesem Burschen zusammenlebt. Ich schätze es gar nicht, dass Violetta Umgang mit ihr pflegt.«
    Violetta warf dem verdutzten Battiste einen Blick zu und senkte errötend den Kopf.
    28. Tag des Windmondes 1465 p.DC., nachts
    Die Reste des Zirkus lagen in brütendem Schweigen unter dem Nachthimmel. Der abnehmende Mond warf ein gespenstisches Licht über die Ruine. Aus dem Abgrund der zerstörten Arena stiegen dünne Rauchschwaden, wo Fackeln das unterirdische Holzwerk in Brand gesteckt hatten. Die Flammen waren von den nachstürzenden Trümmern begraben worden, so dass der größenwahnsinnige Traum des Patriarchen nicht in einem gewaltigen Brand zum Himmel aufgefahren war, sondern der Nachwelt für alle Zeiten als ebenso gewaltiger Fehlschlag sichtbar da lag.
    Ab und zu schallte ein schauerliches Heulen durch die dumpfe Stille und hallte von den zerstörten Sitzreihen wider. Die Leichenfledderer, die sich in die äußeren Bogengänge geschlichen hatten, um nach dem zu suchen, was die Besucher verloren oder vergessen hatten, zogen sich zurück, als sie die klagenden Stimmen hörten. Selbst die streunenden Hunde, die der Hunger sogar in die Fallen der Hundefänger trieb, machten einen großen Bogen um die schweigende Ruine.
     
    In einem dunklen Zimmer saß ein Mann im Nachtgewand an seinem Schreibtisch und schrieb eifrig im Schein einer einzelnen Kerze. Die Feder kratzte über das dünne Pergament. Tintenspritzer verrieten, dass sie des Zuschnitts bedurfte. Aber der Mann hatte keine Zeit, sie zu richten, die Flut und der Kapitän warteten nicht.
    »Vergesst den Brief, den ich Euch schrieb, Herr. Der Wind hat sich gedreht. Stecht in See, sobald Eure Vorbereitungen vollendet sind und das Wetter es zulässt. Dieses Schiff hat seinen Steuermann verloren und die Eigner sind uneins. Sie wollen das Ruder einem Schwächling übergeben und ich habe einen Mann gefunden, der es ihm abnehmen wird ...«
    Obwohl die Zeit drängte, hielt der Mann inne und blickte auf den Gegenstand, der vor ihm lag. Jemand hatte einen Nagel mit solcher Heftigkeit durch eine Silbermünze getrieben, dass sie vollständig verbogen war.
    Der Ehrenwerte Fortunagra lächelte und schrieb weiter.
     
    Nach dem denkwürdigen Tag, der mit dem Sturz zweier Giganten geendet hatte, kehrten die Einwohner von Dea zu ihren Alltagsgeschäften zurück. Alle, die im Zirkus gewesen waren, hatten reichlich zu erzählen und mit jedem Mal schmückten sie ihre Berichte phantastischer aus. Nach drei Tagen behauptete die Hälfte der Besucher, eine unheimliche Ahnung gehabt zu haben, kaum dass sie den Fuß in das verfluchte Gemäuer gesetzt hätten. Wurden die Übertreibungen jedoch zu wild, fuhr den Aufschneidern ein stechender Schmerz durch den Schädel, so dass ihnen das Wort im Halse stecken blieb. Manchen befiel plötzliches Stottern oder eine Zungenlähmung, und allmählich merkten die Leute, dass sie nicht allein in ihrem Hause waren:
    Ein Dämon saß in ihnen, ein Eindringling und doch Gefangener. Er sah aus den Augen eines Schmieds auf das glühende Eisen in der Esse, aus denen eines Zimmermanns auf das Beil, das die Balken zurecht hieb. Mit dem Käufer in den Handelshallen gab er dem Versteigerer ein Zeichen und mit dem Verkäufer ärgerte er sich über den geringen Preis, den die Ware erzielte. Er spürte, wie die Augen der Näherin über den winzigen Stichen brannten, die Schmerzen in den zerstochenen Fingerkuppen. Er schmeckte den alten Wein auf der Zunge, während er gleichzeitig hörte, wie der Ehrenwerte
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