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AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)
Autoren: Ina Norman
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schwer, den Platz an Jermyns Seite zu räumen.
    So blieb sie liegen, obwohl sie fest versprochen hatte, Wag zu holen. Graues Tageslicht fiel durch die Fenster, Regen prasselte auf die Bretter. Sie starrte auf die dunkle Stelle gerade über ihrem Kopf. Vor den Herbststürmen mussten sie die Teerschicht erneuern, sonst würden sie nass werden ...
    Sie biss in die Bettdecke, um nicht auf’s Neue loszuheulen. Vielleicht war er immer noch nicht zurück, wenn die Herbststürme begannen, vielleicht kam er nie wieder - er hatte gesagt, dass es so sein konnte und es wäre ihre Schuld. Sie hatte ihn gedrängt, die Menge zu lenken ... oh, wie sie es bereute! Es wäre besser gewesen, sich davon zu stehlen, wie er vorgeschlagen hatte ...
    Als sie sich zum ersten Mal bei diesen Gedanken ertappt hatte, war sie entsetzt gewesen, aber jetzt hatte sie keine Gewissensbisse mehr. Es war unerträglich, Jermyn zu verlieren - sie griff nach seinem Arm. Er war warm und wenn sie nicht hinsah, konnte sie sich einbilden, er schlafe nur.
    Alles hatte sie versucht, seit sie zu ihm auf die Bahre gekrochen war, hatte seinen Namen gedacht, bis ihr Kopf schmerzte, ihn gerufen bis sie heiser war und keinen Ton mehr herausbrachte. In der dritten Nacht, als ihr zum ersten Mal der Gedanke kam, er könne nicht wiederkommen, hatte sie seinen reglosen Körper geschüttelt, ihn gekniffen und an den Haaren gezogen, so heftig, dass ihr selbst die Tränen in die Augen stiegen. In ihrer schwarzen Verzweiflung hatte sie sogar versucht, seine Lust zu erregen. Sie schämte sich, wenn sie daran dachte, aber es hatte alles nichts genützt ...
    Ninian hob den Arm und presste ihn wütend auf die Augen, um die Tränen zurückzuhalten, die unter ihren Lidern brannten. Sie wollte nicht weinen, sie musste mit Zuversicht an ihn denken. Jermyn hatte ihr erzählt, dass nur ein starker Geist leuchtet. Wie sollte er sie finden, wenn sie verzagte, und ihm kein hellerer Wegweiser war, als die jämmerliche Ölfunzel, die nachts in der Vorhalle brannte, wo der Bulle und Babitt ihr Lager aufgeschlagen hatten?
    Gleichgültig lauschte sie auf den Lärm, der von unten heraufdrang. Männerstimmen, das Klappern und Klirren von Werkzeugen, die auf die Steinfliesen polterten. Das verschlafene Schimpfen von Babitt und dem Bullen, die das Feld räumen mussten, und dazwischen Kamantes helle Stimme, die die Handwerker anherrschte, leiser zu sein.
    Wenigstens war der Strom der Besucher versiegt, der in den ersten drei Tagen unablässig durch die Ruinenstadt gezogen war. Sie hatte die Sperre im Boden aufgehoben, als sie Jermyn nach Hause gebracht hatten, weil da schon so viele Leute mitgekommen waren, und sie hatte danach nicht mehr daran gedacht, sie wieder zu schließen. Als sie nach der ersten bangen Nacht die Leiter hinuntergekrochen war, hatte Wag hilflos vor einer Schar einfacher Leute gestanden, die sich in der Vorhalle drängten und betreten von einem Fuß auf den anderen wechselten. Die Männer drehten ihre Mützen in den Händen, während die Frauen mit Körben und Schüsseln beladen waren.
    »Was soll das?«
    Auch Wag war übernächtigt und unglücklich.
    »Weiß nich«, murmelte er »sie wolln sich bei dir un dem Patron bed...«, seine Stimme schwankte, er wandte sich ab, um seine Tränen zu verbergen. Einer der Männer trat vor.
    »Mit Verlaub, Patrona, wir wollten euch danken. Wir wärn alle in dem dreimal verfluchten Zirkus umgekommen, wenn ihr beide nich gewesen wärt.«
    »Ja, un wir ham gehört, dass es dem Patron nich gut geht«, fiel eine Frau ein. Ihre Blicke hingen mitleidig an Ninian und sie hob einen großen Henkelkorb hoch.
    »Hier, frisch gekocht, ’s geht nix über ’ne ordentliche Brühe von Hühnerklein, wenn man schlecht beinander is.«
    Ninians Kehle war wie zugeschnürt gewesen, sie hatte nur nicken können, aber die einfachen Leute hatten verstanden.
    So war es mehrere Tage gegangen und zumindest um ihre Verpflegung hatten sie sich keine Sorgen machen müssen. Es war so viel gewesen, dass es ohne Mühe auch für Babitt und den Bullen gereicht hatte. Ninian hatte sich zu jedem Bissen zwingen müssen und wieder hatte erst LaPrixas scharfe Zunge sie dazu gebracht, etwas zu essen.
    Und dann waren die Handwerker gekommen. Am Tag nach jener schrecklichen dritten Nacht weckten Hammerschläge und raue Stimmen Ninian aus ihrem bleiernen Schlaf. Sie schleppte sich zur Galerie und fand eine ganze Horde Männer in der Vorhalle, die sich an der halbfertigen Treppe zu
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