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Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Titel: Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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auszustoßen.
    Die Wucht, mit der Schläger und Ball zusammentrafen, ließ ihren ganzen Körper erbeben, doch schlagartig war sie wieder mitten im Geschehen, als der Ball über die Köpfe der Verteidigung und des Torhüters hinwegschoss, während sie noch von der Wucht ihres eigenen Schlags im Kreis wirbelte.
    Aller Augen waren auf die Flugbahn des Balles gerichtet. Staub blies auf, als er zwischen den Steineichbäumen auf den Boden traf. Tor! Es dauerte einen Augenblick, bis die verblüffte Menge begriffen hatte, dass das Spiel vorbei war. Und plötzlich schrie Coventa ganz fürchterlich.
    Boudicca rannte auf ihre Freundin zu, die kerzengerade und mit stieren Augen dasaß und sich fest an ihre Arme klammerte, kaum dass Boudicca vor ihr stand.
    »Die rote Königin! Blut auf den Feldern, brennende Städte, überall fließt Blut …« Coventa keuchte und hatte Schluckauf. Ihr Griff erschlaffte, sie kippte weg, und Boudicca fing sie auf. Coventa hielt ihren flackernden Blick fest auf Boudicca gerichtet. »Das warst du! Du hast das Schwert geschwungen …«
    »Nein, nur einen Hurley-Schläger«, entgegnete Boudicca, doch da verdrehte Coventa die Augen, und sie klappten zu.
    »Lass sie mal, Mädchen – ich kümmere mich um sie.«
    Boudicca sah auf. Helve stand neben ihr, das dunkle Haar in einem akkuraten Kranz um den Kopf gebunden. »Ich kann sie tragen.« Doch die Priesterin wehrte Boudicca mit einem Schulterstoß ab, fühlte Coventas Puls und bedeutete dann einem der Priester, das Mädchen hochzunehmen. Dann erst wandte sie sich an Boudicca.
    »Hat sie öfter solche Anfälle?«
    Boudicca zuckte die Schultern. »Sie hat Albträume, aber im wachen Zustand war es das erste Mal. Sie ist nicht bei Kräften, seit sie im vergangenen Jahr ihren … Unfall … gehabt hat.« Sie wurde rot vor Scham.
    Doch Helve überging die Sache mit dem Unfall, auch wenn sie sich noch an Boudiccas Rolle dabei erinnern mochte. Mit sorgenvollem Blick sah sie zu, wie der junge Druide Coventa forttrug.
    »Sie hat das Jenseits berührt. Mehr braucht es manchmal nicht. Mal sehen, was sich mit gezielten Übungen machen lässt …«
    Aber was, wenn Coventa gar kein Orakel werden möchte? Boudicca öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, dabei hatte Helve gar nicht mit ihr gesprochen. Sie stakte vielmehr davon und ließ Boudicca verdutzt zurück.
    Seit Monaten war es abwechselnd mal stürmisch, mal heiter; dann wieder ließen die Wolken wässriges Sonnenlicht durch – wie ein verschämtes, schüchternes Mädchen, das sich nicht entschließen kann, ob es einen Verehrer eher ermuntern oder verprellen soll. Genau wie ich, dachte Lhiannon, machte die Augen zu und drehte das Gesicht in die Sonne, die am blauen Himmel strahlte. Durch die geschlossenen Augen schien nun alles von innen erleuchtet – die weißen Blüten in den Hagedornhecken, die sahnefarbenen Primeln darunter, die aufrecht stehenden, grünen Halme des sprießenden Grases und die zarten Kringel der neuen Eichblätter. Heute Abend werden die Feuer des Beltane-Festes hell entbrennen – und ich auch.
    Sie war bei den Kräuterverkäufern gewesen, um noch mehr Mohnsamen zu kaufen für den Trank, welche die Priesterinnen vor dem Ritual zu sich nehmen. Das weite Land um Oakhalls war übersät mit Ständen, Zelten, Wagen und Viehstallungen der Händler. Nicht nur Druiden, sondern auch all die Bauern, die eidlich verpflichtet waren, der Druidengemeinschaft zu dienen, waren samt ihren verstreuten Familien vom Festland gekommen. Lhiannon war nicht die Einzige, die davon träumte, im Schein der Beltane-Feuer ihren Liebsten zu treffen. Aus allen Dörfern strömten junge Leute, die sich untereinander seit frühester Kindheit kannten, um nach neuen Gesichtern zu suchen und neues Blut in ihre Stammessippe zu bringen. Nach dieser Nacht würde es Verlobungen und anschließende Hochzeiten zuhauf geben.
    Aber bevor Lhiannon zu den Feuern ging, musste sie dem Orakelritual beiwohnen. Wenn das heilige Lied erklang, dann würde sie wissen, ob sein Ruf stärker war als der, der durch ihren Körper hallte.
    Lhiannon kehrte zurück und hörte von Weitem schon Helves blasierte Stimme. Sie schob den Vorhang zur Seite, der den Eingang zum Haus der Priesterinnen verhängte, und stellte mit Schrecken fest, dass die Herrin des Hauses sich auf eine selbstgefällige Art und Weise gebärdete, wie es Mearan gewiss nicht gefallen würde.
    »Wo ist die Hohepriesterin?«, flüsterte sie Belina zu, einer der Oberpriesterinnen.
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