Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Autobiografie eines Lügners

Autobiografie eines Lügners

Titel: Autobiografie eines Lügners
Autoren: Graham Chapman
Vom Netzwerk:
braucht nicht lange auf eine Antwort zu warten. Der Geist, in Jahren verbalen Klingenkreuzens geschliffen wie ein Schwert, zeigt sich der Lage glänzend gewachsen.
    »Das habe ich scheißenochmal nicht gesagt. Shaw war’s.«
    Bernard Shaw kommt sichtbar ins Schwanken, da ihm der Schwarze Peter nun schwer am Halse hängt. Aber das ist der Mann, der Major Barbara (und die aufrüttelnde Fortsetzung, Barbara, Major der Reserve ) schreiben wird. Indem er den Prinzen anlächelt, sagt er leise:
    »Ich meinte lediglich, Euer Majestät, daß Ihr leuchtet wie ein goldener Lichtstrahl, wenn alles ringsum finster ist.«
    Es wogt vor ehrfürchtiger Bewunderung. Die Leichtigkeit, mit welcher Shaw das sinkende Schiff verlassen hat, ist bemerkenswert.
    Shaw wurde von einem irischen Landsmann herausgefordert, und für Shaw ist ein irischer Landsmann Freiwild. Er bedenkt Wilde mit einem verschlagenen Blick und läßt dann den Doyen der feinen Gesellschaft kühl in den Unrat fallen.
    »Euer Majestät ist wie ein haushoher Tripper.«
    Ein kollektives Keuchen des Entsetzens ist zu hören. Das Entsetzen wird fast zur Panik, als Shaw, ohne die süperbe Replik des Prinzen – » Wie bitte?« – abzuwarten, fortfährt: »Vor Ihrer Ankunft ist Vergnügen, danach ein Schmerz im Pimmel.«
    Der Prinz von Wales erbleicht vor Zorn, und da es eine ganze Menge von ihm gibt, erbleicht eine ganze Menge.
    »Was!!!« kreischt er.
    Dann spielt Shaw seine Trumpfkarte aus:
    »Das hat Wilde gesagt.«
    Jedes Auge im Salon ist auf Oscar Wilde gerichtet, einschließlich das blutunterlaufene Paar, das dem Prinzen von Wales gehört.
    »Ich warte, Wilde. Ich warte ….«
    New York, 1976 . Das City Center Theater. Ein volles Haus. Monty Python’s Flying Circus treten auf. Wir sind mitten im Sketch.
    Whistler wird von John Cleese gespielt. Shaw wird von Michael Palin gespielt. Der Prinz von Wales wird von Terry Jones gespielt. Ich spiele Oscar Wilde. Und ich bin gerade trocken geworden. Ich kann mich nicht erinnern, wie es weitergeht. Das gesamte Theater wartet. Und während es wartet, warte auch ich, daß mir das verdammte Wie-es-weitergeht in den Sinn kommt. Es weigert sich, aber vieles andere aus der Vergangenheit weigert sich nicht ….
    Hampstead, 1968 . (Eigentlich ja Belsize Park, 1969 , aber Hampstead klingt besser, und Gott allein weiß, warum ich mir die Mühe gemacht habe zu lügen, es wäre 1968 gewesen, völlig witzlos, oder?) Irgendwo in N W 3 in der zweiten Hälfte des 20 . Jahrhunderts, als jeder entweder homosexuell, schwarz oder drogenabhängig war und der Pflichtkurs in Anglistik an der Warwick University darin bestand, mit Germaine Greer zu schlafen – deren Benotungssystem von »Erster Klasse mit Auszeichnung« bis »Du hattest doch wohl nicht vor, es DAmit zu machen« reichte –, begannen meine Schwierigkeiten mit eingeschlossenen Relativsätzen. Um diese Periode zu beschreiben, erfand ich persönlich das Wort »trendy«. (Dies ist nicht dasselbe Wort »trendy«, das bereits seit Olims Zeiten fleißig gebraucht wurde, sondern ein völlig neues Wort, welches allerdings dieselbe Bedeutung hat.) Dies neue Wort »trendy« wurde mit Extra-Emphase auf dem »N« ausgesprochen, man empfand es allerdings allgemein als »untrendy« (noch eine meiner linguistischen Erfindungen, entworfen, um das überflüssige Wort »untrendy« zu ersetzen, welches aber dieselbe Bedeutung transportiert), diese leichte Emphaseverschiebung offenkundig zu machen, und deshalb sprach es niemand so aus, und nur zwei gute Freunde und John Lennon 12 waren sich der tiefgreifenden Veränderung bewußt, die ich dem etymologischen Gewebe der englischen Sprache angetan hatte. Viele weitere von mir geprägte Wörter waren oft auf Partys jener Epoche zu hören, wie auch auf dieser, die irgendwo in Belsize Park in einem großen Zimmer stattfand ….
    Eine Lightshow auf Lavalampenbasis wird auf das hintere Ende einer Giraffe projiziert, welches durch die Wand gegenüber der Tür ragt. Jeder schnauzt, bestrebt, sich gegen den Lärm einer modisch unbekannten Band Gehör zu verschaffen, jeden an.
    »Entschuldigung«, sage ich und versuche, mich an einem Menschen vorbeizudrängeln, der, während er versucht, beiläufig dreinzuschauen, einen glitzernden Hosenbeutel und eine Albino-Kobra um den Hals gewickelt trägt. Sein fluoreszierendes Gesicht scheint angemalt zu sein wie eine Coca-Cola-Dose, und es ist unmöglich, nicht zu bemerken, daß er für sein Haar eine bleichgrüne
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher