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Ausradiert: Thriller (German Edition)

Ausradiert: Thriller (German Edition)

Titel: Ausradiert: Thriller (German Edition)
Autoren: Peter Abrahams
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knipste eine Lampe an. Auf dem Läufer darunter – ein blauer Läufer in der gleichen Farbe wie der Mustang – lag ein Stofftier, ein Elefant mit goldenem Krönchen: Babar.
    »Hat Amanda einen kleinen Bruder oder eine kleine Schwester?«, fragte Petrov.
    »Sie ist ein Einzelkind«, erwiderte Liza.
    Petrov hob Babar hoch: Gamaschen, grüner Anzug, das Gesicht eines gelassenen Königs. Eine plötzliche Erinnerung stieg in ihm auf: die Berührung einer dicken Seite in einem Babarbuch, aus dem seine Mutter ihm vorlas, und das raschelnde Geräusch, wenn sie umblätterte. Er konnte den Rubinring an ihrer Hand sehen, wie ein wunderbares Bonbon. Eine weitere erstaunliche Erinnerung überkam ihn: Einmal hatte er an dem Rubin geleckt – völlig geschmacklos, wie eine Fensterscheibe. Und hatte seine Mutter geglaubt, er lecke ihre Hand, und hatte ihn geschlagen? Petrov war erschüttert. Er war drei Jahre alt gewesen, als seine Mutter starb, hatte keine Erinnerungen an jene Zeit. Und jetzt diese zwei, die aus dem Nichts auftauchten.
    Er schaute auf, Liza beobachtete ihn. »Ich weiß, was Sie denken«, sagte sie. »Amanda ist zu alt, um noch mit Stofftieren zu spielen.«
    »Ist das Ihre Meinung?«
    »Sie spielt nicht wirklich damit, keine Phantasiespiele oder so. Sie schmust nur damit, wenn sie fernsieht.«
    Ein großer Flachbildschirm, vermutlich teurer als der Mustang, hing an der Wand gegenüber. »Was sieht sie sich an?«
    »Meistens den Wetterkanal, würde ich sagen. Ich weiß wirklich nicht, was das für eine Rolle spielen soll. Wollten Sie nicht ihr Zimmer sehen?«

    Amandas Zimmer: ungemachtes Bett, Schreibtisch mit zwei halb geöffneten Schubladen, Schranktür, ebenfalls geöffnet, Kleidung und Kaugummipapier auf dem Fußboden; überall Unordnung abgesehen von dem Empty-Box-Poster, das sorgfältig ausgerichtet an die Wand geklebt worden war. »Ich muss mich umschauen«, sagte Petrov. Er bemerkte eine Eintrittskarte, die an das Poster geheftet war: Empty Box im Beacon Theater in Inglewood am 23. August.
    »Tun Sie, was Sie müssen«, sagte Liza.
    Petrov zog sein Notizbuch hervor, riss eine Seite heraus und reichte sie ihr. »Ich möchte eine Liste ihrer Freunde – Adressen und Telefonnummern, falls möglich.«
    »Amanda hat hier noch keine neuen Freunde gewonnen, nicht seit dem Umzug.«
    »Was ist mit ihrem alten Freundeskreis?«
    »In Encino? Der hat sich irgendwie aufgelöst.«
    »Warum?«
    Sie zuckte die Achseln. »Sie sind nicht mehr an derselben Schule, Sie wissen doch, wie Kinder sind.« Ihr kam eine Idee, er konnte sehen, wie sie sich hinter ihrem Blick regte. »Haben Sie welche?«
    Ungewöhnlich. Klienten stellten ihm nur selten persönliche Fragen. Erstens waren sie nicht an ihm interessiert. Zweitens wurden sie von ihrem Problem aufgefressen, was immer es war. War diese Frau auf irgendeine Weise an ihm interessiert? Wurde sie nicht von ihrem Problem aufgefressen? Oder war sie eine Ausnahme von der Regel und wenn ja, warum? »Ich habe einen Sohn.«
    »Wie alt?«
    »In Amandas Alter.«
    »Wie heißt er?«
    »Dmitri.«
    »Ziemlich ungewöhnlich. Wie heißt Ihre Frau?«
    »Wir sind geschieden.« Er drückte ihr das Notizblatt in die Hand. »Tun Sie Ihr Bestes.« Liza ging hinaus.
    Petrov durchsuchte Amandas Zimmer. Nicht von oben nach unten, sondern von unten nach oben. Vor langer Zeit hatte er gelernt, dass die wichtigsten Entdeckungen weit unten zu erwarten waren. Er kniete sich hin, zog seine Stiftlampe hervor und richtete den Strahl unter Amandas Bett, um sofort eine Entdeckung zu machen – eine Karte von Hallmark, in drei Stücke gerissen. Während er sich aufrichtete, um sie zu untersuchen, zuckte ein winziger, centstückgroßer Schmerz über seinem linken Auge, dessen Mittelpunkt ungefähr drei Zentimeter hinter seiner Stirn lag.

2
    P etrov fand Liza Rummel am Küchentisch, wo sie an einem Bleistift kauend saß, das Notizblatt und ein Telefon vor sich. »Mehr ist mir nicht eingefallen«, sagte sie, als sie ihm das Blatt reichte.
    Oben stand ein durchgestrichener Name, Mindy oder Mandy. Darunter las Petrov:
    Sarah Mathis? Mathews? noch an der Encino HS
    Abby Irgendwer vom Volleyball
    Vielleicht Beth Franklin?
    Darunter hatte sie eine Tulpe gemalt, über deren Blütenblättern eine Biene summte. Eine gute Zeichnung, die Biene war weder niedlich noch irgendwie vermenschlicht.
    »Amanda spielt Volleyball?«, fragte Petrov.
    »Bis letztes Jahr. Sie hat es aufgegeben. Ihre Trainerin hat sogar noch ein
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