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Ausradiert: Thriller (German Edition)

Ausradiert: Thriller (German Edition)

Titel: Ausradiert: Thriller (German Edition)
Autoren: Peter Abrahams
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meint?«
    »Nein.«
    »Wer ist Rui?«
    »Kann ich Ihnen nicht sagen.«
    »Sie hat ihn nie erwähnt?«
    »Nicht mir gegenüber.«
    »Vielleicht ihr Freund, mit dem Sie nicht einverstanden waren?«
    »Nein.«
    Ihre Blicke trafen sich. Sie hielt seinem Blick mühelos stand, aber im Schimmern ihrer Iris lag etwas, ein winziges Schwanken, als würde sie in einen Brunnen voller Gedanken gesogen. Das und die Tatsache, dass sie keine Fragen wegen der Karte gestellt hatte, wo gefunden, warum nicht abgeschickt, warum zerrissen: Petrov entschied, dass er ihr nicht trauen konnte.
    »Schien sich Amanda in letzter Zeit wegen irgendetwas Sorgen zu machen?«
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    »Vielleicht Probleme mit Ihnen?«, fragte Petrov. »Ohne dass es etwas mit einem Freund zu tun hatte?«
    »Ich habe es Ihnen doch schon gesagt – wir kommen großartig miteinander aus. Worauf wollen Sie hinaus?«
    »Weiß sie, womit Sie Ihren Lebensunterhalt verdienen?«, fragte Petrov.
    Liza schloss die Augen, langsam, als könnte sie seinen Anblick nicht länger ertragen. Als sie die Augen wieder aufschlug, wich sie seinem Blick aus. »Wollen Sie mich absichtlich reizen?«, erkundigte sie sich.
    »Ich versuche herauszufinden, warum Ihre Tochter verschwunden ist.« Seiner Erfahrung nach im Allgemeinen der schnellste Weg, sie wieder zurückzubringen.
    Liza stiegen Tränen in die Augen, Farbe und Form lösten sich auf, während sie feucht wurden. Das Blut wich aus ihrem Gesicht, außer den Lippen, die sich tiefrot verfärbten. »Es gibt keine Gerechtigkeit – deshalb ist sie verschwunden.« Liza brach in Tränen aus.
    »Wie meinen Sie das?«
    Vielleicht hatte sie ihn nicht gehört. Das Weinen hatte die Oberhand gewonnen, ungehemmt, schluchzend, schleimig. Petrov öffnete die Hintertür und trat hinaus.
    Liza hatte einen kleinen Swimmingpool im Garten. Ein weißer Ball – ein Volleyball – trieb außer Reichweite auf der schmierigen Oberfläche. Der Kescher lag neben dem Zaun, der das Grundstück von dem des Nachbarn trennte. Petrov kniete sich an den Beckenrand, zog die Aluminiumstange aus und angelte nach dem Ball. Er hatte ihn schon halbwegs zu sich herangezogen, als unter der Oberfläche etwas wogte. Ein wilder Gedanke durchzuckte ihn: Amanda, aufgebläht von Verwesungsgasen, trieb nach oben. Aber es war nicht Amanda. Stattdessen glitt eine Schlange – dick und schwarz – aus dem Wasser. Petrov ließ los. Der Kescher versank und nahm die Schlange mit sich.
    Ganz plötzlich fühlte er sich seltsam, heiß und atemlos. Schweiß begann über sein Gesicht zu rinnen. Er lockerte seine Krawatte. Eine dritte Erinnerung aus der Zeit vor der Erinnerung überfiel ihn: Er öffnete die Tür zum Arbeitszimmer seines Vaters und sah seinen Vater und Pauline, die Babysitterin, auf dem Boden zwischen seinen Beinen. Er erinnerte sich sogar – woher kam das bloß –, wie sein Vater zu ihm sagte: »Pauline hat meinen Füller fallen lassen.« Und erst jetzt, hier neben Liza Rummels Schwimmbecken, verstand er die Szene. Einfach, sein Alter anhand Paulines Anwesenheit zu bestimmen – er wusste aus der Familiengeschichte, dass Pauline nach dem Tod seiner Mutter zurück in den Osten gegangen war. Demnach hatte seine Mutter zu jenem Zeitpunkt noch im Sterben gelegen, Brustkrebs, und er war nicht einmal drei Jahre alt gewesen.
    Die Hintertür öffnete sich. Liza trat heraus, sie weinte nicht mehr, trug Jeans und ein weites T-Shirt, hatte ihr Make-up entfernt, das Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden. Der Volleyball war in Reichweite getrieben. Petrov hob ihn auf und erhob sich. »Was haben Sie damit gemeint?«, fragte er. »Es gibt keine Gerechtigkeit.«
    Sie zuckte die Achseln. »Wie kann es die geben, wenn Amanda verschwunden ist?«
    Er gab ihr den Ball. Tolle Saison, Amanda stand in roter Tinte darauf, und einige Mannschaftskameradinnen hatten unterschrieben – Tiffany Mattes, Jen Dupuis, Abby Cohen, BJ Tillison, Angie Garcia und Trainerin Betsy Matsu.
    »Betsy Matsu«, sagte Liza. »Ich wusste, es würde mir wieder einfallen. Tut mir leid, wenn ich mich da drin habe gehenlassen. Sie werden doch trotzdem Ihr Bestes geben, nicht wahr?«
    »Ich werde den Ball brauchen.«
    Sie gab ihn zurück. »Amanda glaubt, ich arbeite für einen Partyservice«, sagte sie.
    »Ich werde ihr nichts anderes erzählen«, erwiderte Petrov und bedauerte umgehend seine Worte, die implizierten, dass er sie finden würde, Hoffnung weckten, die zu spenden er kein Recht
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