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Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)

Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)

Titel: Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)
Autoren: Uli Burchardt
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Stift liegt und warum das wichtig ist und so weiter. Über die Qualität eines Bleistifts lässt sich im Grunde ein ganzes Buch schreiben. Jedenfalls gibt es genügend darüber zu sagen, um den Kunden für die verborgenen Eigenschaften zu interessieren. Und dann wird dem Kunden auch klar, dass der Wert eines solchen schönen Bleistifts weit über dem typischen Fernostbilligschreiber liegt. Eine wunderbare Analogie, eine Geste, so einfach wie wirksam.
    Der Bleistift hat begeistert. Er wurde von allen, denen wir die Idee vorstellten, sofort verstanden. Auch der Marketingleiter fand ihn toll. Darüber hinaus war die Idee ein Schnäppchen. Die Kosten für die Realisierung lagen vielleicht bei 3000 Euro. Peanuts. Das Budget für die ganze Aktion war nicht einmal ausgeschöpft. Damit waren wir eigentlich fertig, das Sortiment stand, es war rund. Wir freuten uns, und unser Auftraggeber auch.
    Dann kam das Controlling. Und strich den Bleistift einfach aus dem Konzept. Stifte? Brauchen wir nicht. Haben wir schon!
    Ja, richtig, da lagen immer irgendwelche Werbegeschenk-Stifte rum. Aber das war doch etwas ganz anderes! Das musste man doch verstehen können. Die Geste, der Transfer im Kopf des Kunden, die Botschaft, das Schlichte, das Wertvolle, das Deutsche, die Qualität, die Details … Aber das Controlling hörte überhaupt nicht zu. Sie verstanden es einfach nicht. Und es interessierte sie ja auch gar nicht. Einsparung: 3000 Euro. Abgehakt.
    Wir redeten mit dem Marketingleiter. Aber der schüttelte nur resigniert den Kopf und zuckte mit den Schultern: »Wenn das Controlling das sagt, kann ich nichts machen …«
    Der Bleistift wurde nicht produziert.
    Die mit dem Hund wedeln

    Was bitte hat denn der Controller überhaupt in dem ganzen Spiel verloren? Eigentlich wäre es doch seine Aufgabe, Zahlen zu suchen, zu aggregieren und zu berichten. Controller sind Excel-Genies. Zahlenfresser. Und Zahlenfresser haben in einem Unternehmen absolut ihre Berechtigung. Sie sorgen für Orientierung im Zahlendickicht und unterstützen das Management bei Planung und Steuerung. Aber sie haben nun mal nicht die geringste Ahnung von Marketing. Oder noch schlimmer: Sie wissen nicht einmal, dass sie nicht die geringste Ahnung von Marketing haben. Es ist ja wunderbar, dass sie rechnen können und sich um die Kosten sorgen. Aber sie haben in manchem Konzern mehr Macht als das Marketing, sie treffen Marketingentscheidungen!
    Wenn so etwas passiert, ist das eigentlich unglaublich, katastrophal, die totale Deformation von Wirtschaft, ein absurder Irrtum bei den Prioritäten. Da wedelt der Schwanz mit dem Hund. Controller Marketingentscheidungen treffen zu lassen ist genauso absurd wie ein Fernsehprogramm, dessen Inhalte durch die Einschaltquoten bestimmt werden, oder eine Politik, die anhand von Meinungsforschungsergebnissen gestaltet wird.
    Aber genau so funktioniert das heute überall. Dass inzwischen in vielen Unternehmen die Kostenleute das Ruder in der Hand haben, ist ein ganz normales, allgegenwärtiges Symptom der Billigkultur in der deutschen Wirtschaft. So wie unsere Billigdenke wie beschrieben direkte Auswirkungen auf unser eigenes Konsumverhalten hat, so wirkt sie sich auch in den Unternehmen und im gesamten globalen Wirtschaftskreislauf aus: verheerend. Denn der Fluch des billigen Preises zieht den Fluch der niedrigen Kosten nach sich. Es ist ganz simpel: Unternehmen, die Produkte zu immer niedrigeren Preisen anbieten wollen (oder müssen oder glauben zu müssen) und die trotzdem hohe Gewinne erzielen wollen (oder müssen oder glauben zu müssen), die müssen eben die Kosten senken.
    Und wie senkt man Kosten? Indem man drei Dinge tut: Erstens riesige Mengen produzieren und verkaufen, um die Produktion effizienter machen zu können und die sogenannten Skaleneffekte realisieren zu können. Also werden tausend Metzgereien durch einen Monsterschlachthof ersetzt. Zweitens sparen, sparen und sparen. Insbesondere bei Bleistiften und bei den Personalkosten. Weil das in der Zukunft vielleicht überschüssige Humankapital nicht schnell genug abstoßbar wäre, wird von vornherein Arbeitskraft bei Adecco, Randstad oder Manpower geliehen statt fest einzustellen. Und drittens billiger einkaufen, also die Preise bei den Zulieferern drücken, bis sie die Grätsche machen. Oder gleich Plastik in China einkaufen.
    Man könnte es auch so ausdrücken: Die Unternehmen müssen im Innern geizig werden. Sie müssen mit Qualität geizen, sie müssen mit dem Gehalt
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