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Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)

Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)

Titel: Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)
Autoren: Uli Burchardt
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Handel die Preise noch weiter runter. Wenn die Preise noch weiter runtergedrückt werden, muss der Bauer mehr Milch produzieren …
    Jeder von uns verbraucht im Durchschnitt ungefähr 70 Liter Milch pro Jahr. Würde also jeder von uns 7 Euro im Jahr mehr für die Milch ausgeben – im Jahr! –, dann könnte der Handel den Bauern einen fairen Preis bezahlen. Aber der Handel will das ja gar nicht. Die Milch wird als Produkt des täglichen Bedarfs dazu gebraucht, die Kunden durch den Supermarkt zu schleusen, vorbei an all den anderen Waren, die mehr Ertrag bringen. Deshalb steht die Milch immer ganz hinten im Supermarkt. Und sie ist immer billig. Sie hat einen Preis, der zu niedrig ist, als dass die Milchbauern davon leben könnten. Keiner will unfair sein. Aber uns allen ist nicht klar, dass es unfair ist, billige Tütenmilch im Supermarkt zu kaufen. Mittlerweile geben manche Händler den Schwarzen Peter einfach an den Kunden weiter. Neben der billigen Milch steht noch eine, die 10 Cent teurer ist: 10 Cent mehr »für den Erzeuger«, so die Aufschrift. So ähnlich wie bei dem Mineralwasser-Cent für die Kinder in Afrika … Und jetzt liegt es am Kunden, zu entscheiden, wie wohltätig er gerade sein möchte. Was nicht draufsteht: Die Tatsache, dass man als Kunde jetzt schon an die Erzeuger
spenden
muss, hat alleine der Handel zu verantworten.
    Vom Handel diktierte Tiefstpreise sind nicht nur unfair und unanständig, sie sind auch keine dauerhafte, nachhaltige Strategie. Das ist eine Wertvernichtungsstrategie. Sie wird vom Handel nicht auf Dauer durchzuhalten sein. Sie wird von den Herstellern nicht auf Dauer durchzuhalten sein. Und auch wir Konsumenten werden das nicht durchhalten. Jetzt sofort ein paar Cent zu sparen, den Preis noch ein paar Cent zu drücken, die Produktionskosten noch um ein paar Cent zu drücken, das ist eine Milchmädchenrechnung. Der Fluch der niedrigen Preise zieht den Fluch der niedrigen Kosten nach sich – und damit ein instabiles System. Es ist nur eine Frage der Zeit: Die Billigkultur wird uns um die Ohren fliegen.
    Und dann hat sich’s ausgegeizt.

»Ich bin zu arm,
um mir Billiges
leisten zu können.«
    Oscar Wilde

Kapitel 2

Beschweren Sie sich doch bei der Globalisierung!
    Der Fluch der niedrigen Kosten

    Ein Bleistift! Das war genau das kleine Ding, das noch fehlte. Aber nicht irgendein Billigbleistift. Nein, ein schlichter, edler, gut gemachter Premiumbleistift made in Germany. Ein typisch deutsches Produkt, das schon seit Hunderten von Jahren hierzulande hergestellt wird. Das beste Holz, die beste Mine, die beste Verarbeitung – der beste Bleistift der Welt!
    Ein Automobilkonzern hatte uns beauftragt, ein Accessoire-Sortiment zu entwickeln. Es ging nicht darum, damit große Umsätze zu erzielen, sondern die Markenwerte zu unterstreichen. Die Kunden sollten die Eigenschaften, die die eigentlichen Produkte des Konzerns verkörperten – Oberklasselimousinen made in Germany –, auch in den Accessoires wiederfinden, die in den Ausstellungsräumen verkauft und exklusiv den Besuchern des Hauses angeboten wurden.
    Wir hatten herausgearbeitet, dass es insbesondere darum ging, durch die Auswahl der Accessoires die Liebe zum Detail zu transportieren, das Handgemachte, das Wertvolle. Es sollte damit indirekt deutlich werden, dass die Produkte des Konzerns mit viel Know-how und in hoher Qualität hergestellt wurden – was auch tatsächlich stimmte. Gerade in der Oberklasse, im Premiummarkt, kommt es auf die Materialien, auf die Verarbeitung, auf die kleinen Details an, denn genau darin kann sich ein Premiumhersteller von der Billigkonkurrenz absetzen.
    Wir hatten die einzelnen Bestandteile des Accessoire-Sortiments gefunden: lauter kleine Alltagsgegenstände, die sich um Reisen, Schreiben oder Lesen drehten, vor allem Leder- und Papierwaren. Aber es fehlte noch etwas. Es fehlte eine Abrundung nach unten. Nicht ein weiteres typisches Luxusprodukt, sondern etwas Schlichtes. Bodenständiges. Einfaches. Wertvolles. Traditionelles. Nützliches.
    Na klar, ein Bleistift!
    Wir fanden, das war eine großartige Idee. Genauso wie bei einem Auto kann ein Laie von außen die besondere Qualität kaum erkennen, der besondere Wert eines Bleistifts liegt in den Produkteigenschaften, und die müssen erklärt werden. Warum die Mine weich ist und wie man sie so herstellt, dass sie sich geschmeidig abreibt, wie die Wahl des Holzes das Anspitzen beeinflusst, wie man es schafft, dass die Mine exakt zentrisch im
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