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Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt

Titel: Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt
Autoren: Andreas Eschbach
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Nummer schiebt, sind natürlich auch längst abgebrochen. Das Fenster auf der Beifahrerseite lässt sich nicht mehr runterkurbeln, was scheiße aussieht, wenn Sie mit offenem Verdeck fahren wollen. Na ja, und schauen Sie sich’s an – der Lack ist total verkratzt. Wahrscheinlich von eifersüchtigen Ehemännern. Oder der Typ hat ’ne Art Strichliste geführt, he he. Auf jeden Fall rostet Ihnen die Kiste unterm Hintern weg, das kann ich Ihnen versprechen.«
    Markus lächelte gewinnend. »Sie könnten mir ja im Preis ein bisschen entgegenkommen.«
    Der Mann lächelte haifischartig zurück. »Junger Mann, so was mach ich grundsätzlich nicht.«
    »Nicht einmal ausnahmsweise?«
    »Dann wär’s ja kein Grundsatz.« Er wälzte den Kaugummi in seinem Mund umständlich von einer Backe in die andere. »Außerdem rat ich Ihnen sowieso nicht, den Wagen zu kaufen. Er ist Schrott. Wissen Sie, woran die Welt heutzutage krankt? Dass einem keiner mehr die Wahrheit sagt. Ich mach da nicht mehr mit, hab ich beschlossen. Ich sag Ihnen, was los ist, ganz einfach. Wenn Sie bei mir eine Schrottkarre kaufen, dann sollen Sie wissen, dass es ’ne Schrottkarre ist. Ich will nicht die Verantwortung tragen.«
    »Ah ja?« Markus wusste nicht, was er sagen sollte. Diese Art von Verkaufsgespräch war in den Seminaren, die er besucht hatte, nie vorgekommen.
    Aber er brauchte ein Auto. Und der Mustang war kein schlechter Anfang, trotz aller Mängel.
    Der Mann sah ihn von der Seite an und seufzte abgrundtief. »Ich seh’s Ihnen an. Sie wollen den Wagen, stimmt’s?«
    »Ja«, nickte Mark.
    »Also gut. Kommen Sie, machen wir den Vertrag, ehe mich das schlechte Gewissen überwältigt.«
    Am nächsten Tag unternahm Markus mit seinem neuen Wagen gleich einen Ausflug nach New York. Jean-Marc, den er zuerst ansprach, zeigte wenig Interesse – »New York? Freiwillig?« –, worauf er Silvio fragte, der begeistert mitkam.
    Auf der Fahrt fanden sie heraus, dass sie beide USA -Fans waren, seit sie denken konnten. »Meine Mutter hatte den Reader’s Digest abonniert«, erzählte Silvio, »und ich war immer der Erste in der Familie, der ihn gelesen hat. Kennst du die Zeitschrift? Ich glaube, die gibt es auch in Deutsch.«
    »Ich glaube, die gibt es in fast jeder Sprache.«
    Sie erzählten einander von ihren USA -Reisen. Silvio war schon als Kind mehrmals in den Staaten gewesen, bei einem Onkel in Boston, der nicht mehr lebte. Vor Beginn seiner Ausbildung war er schließlich einmal quer durch das ganze Land getrampt, was vier Wochen lang gedauert hatte. »Seither nehme ich jedes Jahr an der Green-Card-Lotterie teil«, erzählte er. »Vergebens natürlich.«
    »Ich seit meinem zwanzigsten«, gestand Markus. Damals war er von seiner ersten USA -Reise zurückgekommen – Kalifornien und Arizona! – und dem Land verfallen gewesen. »Ich habe manchmal das Gefühl, das ist Schwindel. Ich kenne jedenfalls niemanden, der auf die Weise je tatsächlich eine Green Card bekommen hat.«
    Silvio schüttelte auf sehr italienisch wirkende Art den Kopf. »Es ist einfach schwierig. Sie haben ihre Regeln und halten sie strikt ein.«
    »Ihre Regeln?« Markus lachte auf, nicht zuletzt, weil er sah, dass die Tankanzeige behauptete, der Tank fülle sich stetig, je länger sie fuhren. »Kann sein, aber dann kennen sie sie selber nicht. Die auf dem Konsulat haben jedenfalls praktisch bis zum Tag vor dem Abflug mit meinem Visum herumgezickt.«
    Sie erreichten die Stadt. Kurz vor der Newark Bay stellten sie den Wagen in einem sündhaft teuren Parkhaus ab und ließen sich von der Metro durch dunkle Tunnel voller Graffiti nach Manhattan hineinbefördern. Ein kraftvoller Aufzug trug sie aufs Empire State Building hinauf, und dann standen sie oben auf der Aussichtsplattform, unter einem Himmel, der aussah wie eine Glocke aus blauem Glas, und schauten über die unendlichen Häusermeere, bis ihnen die Augen vom Wind tränten.
    Danach wanderten sie am Grunde von Wolkenkratzerschluchten, in denen es nach süßem Gebäck roch, aßen »Pretzels« vom Stand und schlenderten durch den Central Park, der hell und sonnig und unschuldig dalag, bevölkert nur von Joggern, Müttern mit Kindern und anderen Spaziergängern.
    Während sie an einem Teich standen und die Enten darin mit den Resten der Pretzel fütterten, erläuterte Silvio seinen Plan: Er würde sich eine heiratswillige Amerikanerin suchen. »Amerikanerinnen gefallen mir«, beteuerte er. »Weißt du, dieser Typ Frau, bei dem alles ein
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