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Aufstand der Alten

Aufstand der Alten

Titel: Aufstand der Alten
Autoren: Brian W. Aldiss
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Schaustellungen mißbraucht werden. Nur mit Schrecken kann man an die sexuellen Unwürdigkeiten denken, denen diese Kinder in den Jahren ihres Heranwachsens preisgegeben wären ...«
    »Wahrscheinlich stehen Ihnen da Chammoys Erfahrungen vor Augen«, unterbrach Graubart.
    »Chammoy brauchte meinen Schutz und meinen moralischen Einfluß; im übrigen bin ich ein einsamer Mensch. Wie dem auch sein mag: Die größte Bedrohung für diese Kinder wäre die menschliche Gesellschaft! Wenn Sie sich fragen, warum es keine Kinder gibt, ist die Antwort, daß, wenn welche existieren, sie sich in der neuen Wildnis verbergen und vor den Menschen fliehen.«
    Martha und Graubart sahen einander an und nickten. Die Wahrscheinlichkeit sprach für diese Theorie. In ihrem Licht nahmen sich die immer wiederkehrenden Gerüchte, daß es in der Wildnis Gnomen und Kobolde gebe, die bei der Annäherung eines Menschen verschwanden, sehr viel anders aus. Und doch ... Es war zuviel, um es auf einmal zu schlucken; sie hatten vor langen Jahren aufgehört, an lebende Kinder zu glauben.
    »Das ist alles Teil Ihrer Verrücktheit, Jingadangelow«, sagte Graubart müde. »Sie sind von dem Gedanken besessen, mehr von diesen jungen Geschöpfen in die Finger zu kriegen. Bitte gehen Sie und lassen Sie uns schlafen. Wir wollen nicht mehr davon hören; wir haben mit unseren eigenen Verrücktheiten genug zu tun.«
    »Warten Sie! Sie sind verrückt, Graubart, jawohl, nicht ich! Habe ich es nicht klar genug gemacht? Ich bin normaler als Sie mit Ihrem unsinnigen Verlangen, an die Flußmündung zu kommen. Hören Sie zu, ich habe Ihnen meinen Vorschlag noch nicht gemacht.«
    Graubart ächzte. »Hoffentlich ist er besser als Ihre Theorie.«
    »Er ist gut. Es ist meine Idee. Sie sind beide vernünftige Leute. Das Gespräch mit Ihnen hat in mir das Verlangen nach intelligenter Gesellschaft geweckt – nicht der Gesellschaft jener Dummköpfe und Schwachsinnigen, die mich jetzt umgeben.« Jingadangelow holte tief Atem und richtete seine Augen auf Graubart. »Ich mache Ihnen das Angebot, alles aufzugeben und mit Ihnen zu ziehen. Ich würde mich Ihrer Leitung unterordnen. Das ist ein großer und nobler Verzicht. Ich leiste ihn nur meiner Seele zuliebe und weil mich diese Idioten langweilen, die mir ständig nachlaufen.«
    In der kurzen Stille, die auf seine Worte folgte, beobachtete der dicke Mann erwartungsvoll und besorgt zugleich seine Zuhörer.
    »Sie haben Ihre Anhängerschar selbst um sich gesammelt«, antwortete Graubart bedächtig, »und nun müssen Sie sich mit ihnen abfinden. Wie immer Sie Ihre Rolle im Leben sehen, Sie können nichts tun als sie ausfüllen, so gut es Ihnen möglich ist.«
    »Aber diese Meisterrolle, lieber Himmel, ist nicht meine einzige. Ich möchte sie abwerfen.«
    »Ich zweifle nicht daran, daß Sie ein Dutzend Rollen haben, die Sie spielen können, Jingadangelow, aber ich bin ebenso überzeugt, daß der Kern Ihres Wesens in eben diesen Rollen liegt. Wir wollen Sie nicht bei uns haben, ich muß es offen sagen, wenn es auch brutal klingt. Wir sind glücklich! Was wir durch jene vergangene Katastrophe auch verloren haben mögen – etwas wenigstens haben wir gewonnen: Die Überspanntheiten und Unwahrhaftigkeiten und Konventionen der Zivilisation sind nicht mehr nötig; wir können unser natürliches Selbst sein. Sie aber würden Unruhe und Zwietracht in unser Leben bringen, denn Sie tragen die alten Masken in diese einfachen Tage. Sie sind zu alt, um sich jetzt noch zu ändern, und so würden Sie bei uns niemals Frieden finden.«
    »Sie und ich, wir sind Philosophen, Graubart! Das Salz der Erde! Ich möchte Ihr einfaches Leben mit Ihnen teilen.«
    »Nein. Sie könnten es nicht teilen. Sie könnten es nur verderben. Tut mir leid; nichts zu machen.«
    Er nahm die Laterne vom Wandbrett und drückte sie Jingadangelow in die Hand. Der Meister sah ihn an, dann Martha.
    »Mrs. Graubart, Ihr Mann ist hart geworden, seit wir uns auf dem Jahrmarkt von Swifford kennenlernten. Überreden Sie ihn. Es gibt Kinder in den Niederungen am Südufer – Chammoy ist eins von ihnen. Wir konnten sie zu dritt in ihren Verstecken aufstöbern und uns zu ihren Lehrern machen. Sie würden sich um uns kümmern, während wir ihnen unser altes Wissen beibrächten. Ich bitte Sie, überzeugen Sie Ihren hartherzigen Mann.«
    »Sie haben gehört, was er sagte«, antwortete Martha. »Er ist der Boß.«
    Jingadangelow seufzte. »Wir sind alle allein«, murmelte er. Nach einem
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