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Aufstand der Alten

Aufstand der Alten

Titel: Aufstand der Alten
Autoren: Brian W. Aldiss
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werden.«
    »Wir müssen praktisch denken«, pflichtete ihr Graubart bei. »Mit diesem Schiff kämen wir nicht zurecht, und außerdem wären wir auf diesem See gefangen.«
    »Martha hat recht«, sagte Charley. »Wenn diese Leute auch Halunken sein mögen, so haben wir doch kein moralisches Recht, ihnen das Schiff wegzunehmen.«
    Jingadangelow richtete sich auf und ordnete seine Toga. »Wenn Sie Ihre Diskussion beendet haben, verlassen Sie bitte meine Kajüte. Ich muß Sie erinnern, daß dieser Raum privat und heilig ist. Wir werden Ihnen keine Schwierigkeiten machen, das verspreche ich Ihnen.«
     
    Als am Spätnachmittag Hagbourne in Sicht kam, tauchte es aus schweren Regenvorhängen auf, denn die schwüle Hitze hatte sich in einem anhaltenden Gewitter entladen. Der Dampfer legte an einer steinernen Kaimauer an, und hinter der kleinen Stadt lag die niedrige, dichtbewaldete Hügelkette der Berkshire Downs. Die Stadt, die Jingadangelow als sein Hauptquartier bezeichnete, schien fast menschenleer zu sein. Nur drei betagte Männer waren da, um das Schiff zu empfangen und zu vertäuen.
    Graubart und seine Begleiter machten ihre Boote los. Jingadangelow schien sich nicht um sie zu kümmern, aber als sie das Dingi besteigen wollten, erschien Becky unerwartet. Sie legte ihren Kopf auf die Seite und richtete ihre scharfe Nase auf Graubart.
    »Der Meister schickt mich. Er sagt, ihr schuldet ihm noch Arbeit für das Abschleppen.«
    »Wir hätten für ihn gearbeitet, wären wir an Bord dazu aufgefordert worden«, sagte Charley. »Statt dessen hat dein Meister Graubart angegriffen. Das war versuchter Mord. Jene, die falsche Götter verehren, sollen in Ewigkeit verdammt sein, Becky, also nimm dich in acht.«
    »Du kannst deine Weisheiten für dich behalten, Charley Samuels, bevor du so zu einer Priesterin der Zweiten Generation sprichst. Ich bin sowieso nicht gekommen, um mit dir zu sprechen.« Sie kehrte ihm brüsk den Rücken zu und sagte zu Graubart: »Der Meister ist immer zu wahrer Vergebung bereit. Er trägt dir nichts nach und bietet euch allen Obdach für die Nacht an.«
    »Wir wollen seine Gastfreundschaft nicht!« sagte Martha fest. Graubart drehte sich nach ihr um, faßte sie bei den Händen und sagte über die Schulter zu Becky: »Sag deinem Meister, daß wir sein Angebot annehmen.«
    Als sie davonschlurfte, sagte Graubart: »Wir können nicht einfach weiterfahren, ohne mehr über das Mädchen herausgebracht zu haben, woher sie kommt und was aus ihr werden soll. Die Nacht sieht sowieso stürmisch aus. Hier sind wir nicht in Gefahr, und ein trockenes Nachtlager kann uns auch nicht schaden.«
    Martha zog die Brauen hoch. »Mir scheint, daß dieses Mädchen eine große Faszination auf dich ausübt.«
    »Sei keine dumme kleine Frau«, sagte er freundlich.
    Ihr Nachtquartier erwies sich als gut. Hagbourne war eine verkommene Ruinenanhäufung aus trostlos einförmigen Wohnblocks und Reihenhäusern des zwanzigsten Jahrhunderts; aber an einem Ende der Stadt, in einem Viertel, das Jingadangelow für sich und seine Schüler ausgewählt hatte, standen Gebäude und Häuser älterer, weniger blutarmer Tradition. In der ganzen Gegend wuchs dichte Vegetation. Vom Stadtrand her war der Wald in langsamem aber unaufhaltsamem Vormarsch. Eichen, Hainbuchen und Birken ergriffen wieder Besitz von Plätzen, Straßen und Gärten und hatten bereits mehrere Häuser zu Tode gewürgt.
    Dieser kräftige junge Wald, noch tropfend vom Gewitterregen, rieb sich an den Ziegelmauern der Scheune, zu der man Graubart und seine Gefährten führte. Die Rückwand der Scheune war eingestürzt, der Boden im Erdgeschoß modrig und feucht. Aber eine Holztreppe führte zu einem schmalen Balkon, auf den sich zwei angenehm trockene Räume öffneten. Man konnte sehen daß sie bis vor kurzem noch bewohnt gewesen waren. Pitt und Charley bezogen ein Zimmer, Martha und Graubart das andere.
    Sie bereiteten eine gute Mahlzeit aus zwei jungen Enten und einigen Handvoll Bohnen, die Martha einer der Priesterinnen an Bord abgekauft hatte. Graubart zündete eine Laterne an und zog seine Stiefel aus. Martha kämmte und bürstete ihr Haar. Er reinigte sein Gewehr, als er das Knarren der hölzernen Stufen hörte.
    Er stand auf, schob eine Patrone in die Kammer und richtete das Gewehr auf die Tür.
    »Halt!« rief er. »Wer ist da?«
    »Ich bin es, Graubart – Jingadangelow! Ich möchte mit Ihnen reden.«
    Graubart löschte die Laterne und stieß die Tür auf. Jingadangelow
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