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Aufruf zur Revolte

Aufruf zur Revolte

Titel: Aufruf zur Revolte
Autoren: Konstantin Wecker , Prinz Chaos II.
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und unsere Solidarität gelten dann auch denen, die in niedergedrückter Lage aufstehen und die Revolte dort beginnen, wo Widerstand am aussichtslosesten erscheint – wie die hungerstreikenden Flüchtlinge. Nur sehen wir nicht ein, warum der Mechatroniker eines Rüstungskonzerns unser natürlicher Bündnispartner sein soll, der Öko-Unternehmer aber automatisch unser Feind.
    Ohnehin sind wir dafür, Worte wie »Feind« für sehr ausgesuchte Fälle zu reservieren, auch wenn wir einig sind, dass die Kategorie »Feind« aktuell dringend benötigt wird für einen sehr kleinen, leider sehr mächtigen Personenkreis.
    Generell wollen wir lieber auf das Gemeinsame setzen, auf das, was halbwegs vernünftige Menschen zum gemeinen Wohle verbindet – und nicht nur Menschen, denn diese Welt besteht nicht aus unserer Spezies alleine. Sie hat sich lediglich zur Herrscherin über alles Leben aufgeschwungen. Somit sind wir alle, jeder und jede Einzelne von uns, für den Gesamtzustand des Planeten voll und ganz verantwortlich.
    Wir leben in einer Epoche, von der spätere Generationen sagen werden, es sei die Zeit gewesen, als die letzten Baumzeugen vernichtet wurden. Manch alter Baum muss sich heute glücklich schätzen, wenn der Eigentumstitel des Landes, auf dem er seit Jahrhunderten wächst, bei im besten Sinne konservativen Personen oder bei Körperschaften liegt, die dieses heilige Naturerbe erkennen und bewahren. Die Grundlage dieses Baumglücks erscheint uns zwei alten Isar-Indianern allerdings von größter Fragwürdigkeit. Privateigentum an einem 500 Jahre alten Baum? So ein wundersames, machtvolles Wesen gehört sich ganz und gar selbst. Dass weiterhin Tag für Tag zahllose der letzten, noch überlebenden Baumriesen ermordet werden, oft, weil irgendein frisch gekürter Eigenheimbesitzer »mehr Licht« für sich fordert: ein Schandmal unserer Spezies!
    Wenn wir nun schon über die Fragwürdigkeit des Eigentums sprechen: Uns ist durchaus bewusst, dass auch das Privateigentum an geistigen Erzeugnissen, an Wissen, Sprache und Tönen und Klängen, eine sehr hinterfragenswerte Angelegenheit ist. Die Kostenlosigkeit dieser Kampfschrift, in dieser Form geradezu eine Sensation innerhalb der Verlagslandschaft, soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir gegenwärtig Verfechter des geistigen Eigentums und grundsätzlich Befürworter eines funktionierenden Urheberrechts sind.
    Gerne können wir darüber reden, wie wir das Urheberrecht im digitalen Zeitalter verbessern können. Die GEMA ist zweifellos bis zum Anschlag reformbedürftig. Aber diese Reformen haben im Interesse derer stattzufinden, die Kultur schaffen, ermöglichen und lieben in diesem Land.
    Dazu gehören wohlgemerkt auch die großen und kleinen Theater, die Veranstalter, die Labels, die Tontechniker, die DJs und die Studiomusiker. Die Kulturlandschaft als ganze soll erblühen – und für alle!
    Aber »systemirrelevant«, wie die Kultur scheinbar ist, trocknet sie finanziell aus, und dass es nur unsere Arbeit als Komponisten und Autoren umsonst geben soll, weil wir eben Kunst produzieren, während wir selbst vom Bäcker bis zur Tankstelle bezahlen wie alle anderen auch – no way! »Betteln Online« (Crowdfunding) und »Werbung schalten« sind keine akzeptablen Alternativen. Kunst braucht vernünftige Arbeitsbedingungen, und welcher junge Bildhauer kann sich heute noch in München oder Hamburg ein Atelier leisten? Wer bezahlt angehenden Musikern ihre Instrumente, die Studiotage, den Unterricht?
    Wir sind also weder grundsätzlich gegen Eigentum noch gegen Unternehmer. Wir sind gegen die Macht des Finanzkapitals und der Konzerne. Für den Moment heißt das Problem, mit dem sich die überragende Mehrheit der Weltbevölkerung konfrontiert sieht, nämlich nicht so sehr Privateigentum.
    Es heißt Perverseigentum.
    Wir sind schlicht und ergreifend dagegen, dass ein einzelner Mensch in die Lage kommt, über Milliarden zu verfügen. Eine solche Zusammenballung von Macht ist eine welthistorische Verirrung. Sie kann weder denen gut tun, die solchen Reichtum besitzen, noch unserer Spezies, noch dem Planeten. Ein derartiges wirtschaftliches Ungleichgewicht ist auch mit einer Demokratie unvereinbar.
    Was Demokratie in ihrer Interpretation als »Herrschaft der Mehrheit« anbetrifft, haben wir wiederum einige offene Fragen, speziell in Bezug auf das Mittel der Kampfabstimmung, die unsere Welt zuverlässig in Mehrheiten und Minderheiten spaltet. Wir sind dafür, auch an dieser
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