Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aufgeflogen - Roman

Aufgeflogen - Roman

Titel: Aufgeflogen - Roman
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
Niemand kann ihm jetzt helfen. Schon gar nicht die Bullen.
     
    Fast hat er das Hausboot erreicht, schon sucht er nach einer Möglichkeit, aufs Boot zu steigen, da sieht er den Schein. Es brennt. Das Boot treibt spreeabwärts, mitten auf dem Wasser und an Bord ist Feuer. Er muss Isabel rausholen, er muss   …
     
    Das Kanu schlägt am Hausboot an, kommt wieder stark ins Schwanken. Er steht auf, so vorsichtig und ruhig, wie es ihm in dieser Situation möglich ist. Er kann den Rand des Hausbootes noch mit den Fingerspitzenerreichen. Isabel retten, mit ihr ins Wasser springen, ans Ufer schwimmen   … Was, wenn sie verletzt ist, bewusstlos   …
     
    Er will sich hochziehen, er mobilisiert seine letzten Kräfte, doch er schafft es nicht. Die Flammen schlagen aus der Kajüte, seine Finger rutschen ab, er fällt in sein Kanu zurück, schlägt mit dem Kopf auf. Es gibt nur noch eine Möglichkeit: die Feuerwehr. Aus einer Wunde an der Stirn tropft Blut auf sein Handy, als er die 112 wählt.

23.   Kapitel
    »Es ist vorbei, alles ist vorbei«, flüstert Isabel, als er die Augen aufschlägt. Sie streicht ihm über die Wange, aber sie lächelt nicht.
    »Ja, alles ist gut«, bestätigt ein Sanitäter. »Ihr habt alle noch mal Glück gehabt, verdammt großes Glück.«
    »Glück«, wiederholt Isabel und beginnt leise zu weinen. Christoph möchte ihr die Tränen mit seiner rußgeschwärzten Hand abwischen, aber sie wendet das Gesicht ab.
    »Gar nichts ist gut«, sagt sie. »Es ist nur vorbei.«
    Der Kampf mit der Hausmeisterin ist vorbei.
    Der Brand auf dem Hausboot ist vorbei.
    Die Flucht ist vorbei.
    »Dein Anruf kam in letzter Sekunde«, sagt ein Feuerwehrmann zu Christoph. Er bemerkt Isabels Blick. Sie fühlt sich verraten.
    »Was hätte ich tun sollen?«, fragt er leise.
    Sie zuckt nur die Schultern.
    Christoph nimmt ihre Hand. Isabel lässt es geschehen, aber sie erwidert den sanften Druck nicht. Als der Sanitäter die Wunde an Christophs Kopf verarztenwill, nutzt sie die Gelegenheit, macht sich los und geht ein paar Schritte weg.
     
    Der Fall ist gelöst, der Mord am Hausverwalter geklärt.
    »Sie hat ihn im Streit mit einem Holzscheit niedergeschlagen und er ist die Treppe hinuntergestürzt«, hört Christoph einen Journalisten die Informationen zusammenfassen.
    »Super, wenn man noch einen Holzofen hat und die Tatwaffe gleich verbrennen kann«, sagt einer seiner Kollegen und sie lachen.
     
    Christoph sieht sich um, sucht Isabel, aber er kann sie nicht entdecken. Nur noch mit einem Ohr hört er, was die Journalisten reden.
    »Wenn sie Glück hat, geht das sogar als Notwehr durch.«
    Christoph lacht bitter auf. Wäre Isabel auch so einfach aus der Sache herausgekommen, wenn sie sich gegen Kröger gewehrt hätte? Aber sie war es nicht. Schnell verdrängt er, dass er jemals auf die Idee gekommen ist, sie für die Täterin zu halten.
     
    Das Boot liegt nun am Ufer. Der Brand ist gelöscht. Menschen stehen herum, neugierig betrachten sie das beschädigte Schiff, den abgesperrten Bereich, wo sich Feuerwehr, Sanitäter und Polizei tummeln. Blitzlichter der Fotografen.
    Christoph sucht mit den Augen die Menschenmenge ab. Wo ist Isabel? Warum ist sie weggegangen? Kann sie nicht verstehen, dass er nicht anders handeln konnte? Er musste doch die Feuerwehr rufen!
     
    »Mama!« Sein Blick folgt Isabels Schrei. Tatsächlich kommt Eugenia, neben ihr ein Polizist, aber auch seine Eltern und Bruckner sind da. Isabel und ihre Mutter liegen sich in den Armen. Christoph lässt es zu, dass seine Mom ihn an sich drückt.
    Doch sein Blick wandert immer wieder zu Isabel. Er wünschte, sie würde sich in seine Arme flüchten.

Epilog
    Immer wieder habe ich dieses Bild vor Augen, als ich sie zum ersten Mal sah. Vor der Klasse stehend, mit diesem Blick, der scheinbar gleichgültig über uns hinwegging. Und doch hatte ich das Gefühl, dass sie etwas vom Leben wusste, was ich nicht kannte.
    Heute weiß ich, was sie vom Leben wusste. Viel mehr als ich.
    Ich wollte immer ein spannendes Leben haben.
    Sie hatte es   – und wollte es gerne anders.
     
    Dabei hätte alles tatsächlich ganz anders laufen können. Eugenia und Isabel hätten sich das Leben in der Illegalität ersparen können, wenn sie die deutschen Behörden um Hilfe bei der Suche nach Bruckner gebeten hätten. Was für eine bittere Erkenntnis. Eugenia kann nicht verwinden, dass sie ihrer Tochter dieses Leben im Versteck zugemutet hat   – und es war völlig sinnlos.
     
    Isabel
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher